Rheinmaerchen
bald breit, wie eine mutwillige Zunge; sie sang –
Flämmchen:
Vor dir will den Weg ich bahnen,
Denn ich werde von den Hecken
Auf die Bäume deine Fahnen
Glühend in den Wind aufstecken.
Wie ein feurig Eichhorn klettern
Will ich durch die grünen Haseln,
Laß die Nüsse niederschmettern,
Daß sie glüh’nd am Fels zerprasseln.
Zu den Fichten will ich klimmen,
In den Eichen will ich stürmen,
Daß sie schrei’nd die Äste krümmen
Gleich verbrennenden Gewürmen.
Auf die hohen Zedertürme
Stecke ich den roten Hahn,
Und er schreit die wilden Stürme
Als Gehülfen bald heran.
Nun unterbrach Fräulein Fünklein das Lied des Fräulein Flämmchen, und indem sie aus ihrem Winkelchen hervorsprang und in tausenderlei schön verschlungenen Linien an der Erde hinlief, sang sie also –
Fünklein:
Auf dem Schlachtfeld lauf ich Fünklein,
Um die Toten zu begraben
Und mit meinem Feuertrünklein
Die Ermatteten zu laben.
Wenn du, Flämmchen! ausgelecket,
Satt im durstgen Ungestüme,
Wird dein Mut oft neu gewecket,
Wo ich emsig suchend glimme.
In dem dürren Laube irrend
Samml’ ich der Zerstreuten Chor, –
Am Wachholderbusch aufschwirrend
Zuckst du, Flämmlein! neu empor.
Auch bin ich der rasche Flieger,
Auf des Windes leichtem Flügel
Trag ich, Flamme! dich als Sieger
Über Tal und über Hügel.
Nun unterbrach aber Fräulein Hitze das Fünklein ungestüm und machte sich so breit und dick, daß allen ringsum die Schweißtropfen auf die Stirne traten, indem sie sang –
Hitze:
Flämmlein! Fünklein! zu geschäftig
Preiset ihr hier eure Werke,
Sagt, was ist in euch denn kräftig
Als allein nur meine Stärke?
Ich kann ohne euch bestehen,
Ohne euch bleib ich doch heiß;
Aber ohne mich euch sehen
Laßt ihr nicht, ihr Naseweis.
Ich bin eures Schwertes Schneide,
Und wenn ihr so triumphieret,
Euch mit meinen Federn zieret,
Ist es nur, weil ich es leide.
Hierauf trat auch Fräulein Lichterloh auf und warf den beiden ersten ihre Eitelkeit mit folgenden Worten vor –
Lichterloh:
Ich bin es, die euch gestaltet,
Ei! ihr macht euch gar zu kraus,
Wenn ihr freudig euch entfaltet,
Sprecht ihr nur mein Wesen aus.
Häßlich wäre euer Treiben,
Nur ein Werk der Dunkelheit,
Nur ein schmutziges Zerreiben,
Gäb ich euch nicht Heiterkeit.
Was ist edel an dem Feuer,
Als daß es die Nacht zerbricht?
Dieses alte Ungeheuer
Unterliegt allein dem Licht.
Fräulein Rauch begann nun ihre Rede und ringelte und schlingelte sich durch das Gewölbe mit folgenden Worten –
Rauch:
Ich gleiche einer Riesenschlange,
Ringe über eurem Funkeln
Mich empor in schwarzem Drange,
Daß die Sterne sich verdunkeln.
Ist der Streit erst recht begonnen,
Wölb ich überm Glutgetümmel,
Wo ihr kämpft gleich wilden Sonnen,
Euch den eignen Wolkenhimmel.
Wie sich meine Fahnen schwenken,
Muß sich eure Wut auch drehen;
Flamme, willst du recht einlenken,
Nur auf mich, auf mich gesehen!
Als diese fertig waren, traten ganz bescheiden die zwei übrigen Fräulein, Kohlenschwärzchen und Äscherling, auf, die eine in Schwarz trauernd, die andere im grauen Bußröcklein. Sie sangen wie folgt
Kohlenschwärzchen:
Um euch trag ich noch die Trauer,
Kehren einst die scheuen Hirsche,
Fliehen sie in bangem Schauer,
Wenn ich unter ihnen knirsche.
Wenn der Wald hier ist verschwunden,
Dien ich zu willkommnem Troste
Armen, die mich aufgefunden,
In des Winters hartem Froste.
Einsam bleibe ich zurücke,
Ringsum öd und ausgestorben,
Gleich ich doch der Ehrenkrücke,
Die im Kriege wird erworben.
Äscherling:
Asche warst du, und zur Asche
Sollst du einstens wieder werden,
Wenn ich naschend dich erhasche,
Sprach der Herr zum Sohn der Erden.
Wenn im eitlen Triumphieren
Eure Schimmer all verglühten,
Werde ich allein regieren,
Einsam hier die Walstatt hüten.
Traure, Kohle, ich will büßen,
Und der Erde nacktem Haupt,
Dem ihr allen Schmuck geraubt,
Will ich seinen Schmerz versüßen.
Denn mit meinen scharfen Laugen
Will ich hier den Grund ausscheuern,
Daß zur süßen Lust die Augen
Sich die Wiesen schön erneuern.
Also rufe ich zurücke,
Was die blinde Wut verheerte,
Über meine graue Brücke
Treibt der Frühlingshirt die Herde.
Nun aber sagte Frau Feuerschein: »Gebet euch zur Ruhe, keine hat Ursache, sich zu brüsten, keine kann ohne die andere nicht bestehen, und mich verherrlichet ihr alle. Zum Lohn eures Diensteifers aber will ich meine traurige Geschichte erzählen, die einen so grimmigen Zorn in mir erregt hat, daß ich zu einem ewigen Angedenken dieses alte
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