Bullet Catcher - Ben
Kapitel 1
»Sie feuern mich?« Benjamin Youngblood schaute von den Papieren auf, die seine Chefin ihm gerade über den auf Hochglanz polierten Mahagonitisch geschoben hatte, und lachte. »Verdammte Schei…«
»Nicht.« Lucy hob ihre Hand und brachte ihn zum Schweigen. Sie warf einen Blick durch die offene Tür in das angrenzende Büro. »Das ist nichts für zarte Ohren. Und ja, dieses Mal meine ich es ernst.«
Er schnaufte und fuhr sich durch die Haare. Er war viel zu klug, um Lucy Sharpe zu trotzen und eine Sch-Bombe in Hörweite ihrer kleinen Tochter loszulassen. Und er war außerdem viel zu verblüfft, um sie damit aufzuziehen, wie sehr das Muttersein die grimmige und furchtlose Anführerin der Bullet Catchers verändert hatte.
Er war nämlich verdammt sicher, dass sie Lucy nicht weicher gemacht hatte.
»Lucy, das ist doch lächerlich. Ich habe diesen Hurens…« Er riss sich zusammen und hielt inne, um jedes Wort sorgfältig zu wählen. »Ich habe die einzige Entscheidung getroffen, die ich unter den gegebenen Umständen treffen konnte, und es tut mir sehr leid, wenn dieser … dieser …« Wie konnte er Gouverneur Roy McManus mit kindersicheren Worten beschreiben? »Dass dieser ich-bezogene, egomanische, scheinheilige Wichtigtuer einen Pressefototermin verpasst hat.«
»Der Wichtigtuer war unser Klient. War.«
»Und da war eine Lücke bei den Sicherheitsvorkehrungen und eine glaubwürdige Bedrohung für den Auftraggeber, daher habe ich bestimmt, wo es langgeht, so wie man es mich gelehrt hat, seit dem Tag, an dem ich hier angefangen habe.« Er gestikulierte, um nicht nur die Einsatzzentrale einzuschließen, sondern Lucys ganzes Herrenhaus im Tal des Hudson Rivers und den international tätigen Sicherheitsdienst, den es beherbergte.
»Sie haben eine sehr teure Entscheidung getroffen, Ben.«
»Ihn auf der Rollbahn festzuhalten, während wir die Situation eingeschätzt haben, statt ihn in die Nähe der Absperrung zu lassen, wo meiner Meinung nach ein Attentäter wartete? Es wäre erheblich teurer geworden, wenn er aus diesem Flugzeug gestiegen wäre und eine Kugel in die Brust bekommen hätte.«
»Ihr Job ist es, diese Kugel abzufangen, wenn es sein muss.«
»Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass diese Kugel niemals abgefeuert wird.«
Lucy verschränkte die Arme und musterte ihn schweigend. Ihre schräg stehenden Augen, die auf ihre polynesische Herkunft schließen ließen, bestärkten die Aura von Zen-Ruhe nur, die es ihr möglich machte, die Bullet Catcher langsam aber sicher zum elitärsten Wach- und Schutzdienst der Welt zu machen.
»Was ist nun?«, fragte er, als das Schweigen einen Herzschlag zu lange dauerte.
»Wissen Sie, warum Sie mindestens zweimal im Jahr in diesem Büro sind und mich davon überzeugen müssen, Sie nicht zu entlassen?«
Er grinste. »Sie lieben es, mein hübsches Gesicht zu sehen?«
»Ihr Gesicht ist nicht das Problem, Ihr Bauchgefühl ist es.«
Oh Mann, das war ein Schlag in die Magengrube.
»Dasselbe Bauchgefühl, das mir täglich das Leben rettet?« Er beugte sich vor, entschlossen, sich zu verteidigen, bevor Lucy ihm das Wort abschnitt. »Das Bauchgefühl, das einigen hochkarätigen Botschaftern, Senatoren und europäischen Prinzen das Leben gerettet hat? Das Bauchgefühl, das ›Ärger‹ signalisiert hat, als Gouverneur McManus in Tampa gelandet ist? Als diese eine letzte Drohung durch meine private Telefonleitung kam, eine Drohung, die wir nicht zurückverfolgen konnten und die mit Details über McManus‘ Reiseplan gespickt war, die niemand außer seiner verdammten Ehefrau hätte kennen können? Dieses Bauchgefühl, Lucy? Das ich brauche, um meinen gottverdammten Job zu machen?«
»Ihr Bauchgefühl und die Tatsache, dass bei Ihnen zu schnell eine Sicherung durchbrennt.« Lucys Zen löste sich in Luft auf, als sie ihren Stuhl vom Konferenztisch zurückschob und durch den Raum schritt. Sie spähte durch die Tür in ihr privates Büro und schloss sie dann vollkommen lautlos.
»Es hilft mir, meinen Job zu machen«, sagte er. »Und Sie sind doch die Königin der Intuition.«
»Unser Job muss erledigt werden, ohne einen Klienten bei der Arbeit zu stören. Das ist der Grund, warum Politiker, Firmenbosse und die vielen anderen, die die Welt regieren, die Bullet Catcher engagieren – weil wir ihren Erfolg nicht behindern oder ihre Wahlkampfkampagne stoppen, während wir ihr Leben schützen.«
»McManus‘ Wiederwahl-Kampagne wäre mit einem Paukenschlag beendet
Weitere Kostenlose Bücher