Richard Castle
etwas, das sie antrieb, während sie den Deckel der Sitzbank hochklappte, um das oberste Notenheft herauszunehmen.
Mozart für junge Hände
.
Zum ersten Mal seit zehn Jahren hatte sie diese Sitzbank wieder aufgeklappt. Seit sie dieses Notenheft in Händen gehalten hatte, war sogar noch mehr Zeit vergangen. Nikki war sich sicher gewesen, dass es längst verloren gegangen war.
Sie war neunzehn gewesen, als sie den Deckel des Steinway-Klaviers zum letzten Mal angehoben hatte. Nikki zögerte, jedoch nicht aus Angst, sondern um diesem neuen Anfang in ihrem Leben Bedeutung zu verleihen.
Die Scharniere des Deckels quietschten, als sie ihn aufklappte und die Tasten freilegte. Ihre Finger zitterten vor Vorfreude auf jedes einzelne Stück, das sie in ihrer Kindheit gespielt hatte, während Nikki am Klavier Platz nahm, das Notenheft auf der ersten Seite aufschlug, die Fußpedale ein paar Mal betätigte, um ein Gefühl dafür zu bekommen, und zu spielen anfing.
Zum ersten Mal seit zehn Jahren erfüllte die Musik dieses geliebten Instruments die Wohnung, und sie kam durch Cynthia aus Nikki heraus. Musik ist ein Gefühlserinnerung, aber sie ist auch Muskelerinnerung, daher verspielte sie sich ein paar Mal, aber das brachte sie nur zum Lächeln, während sie Mozarts Sonate Nummer 15 begann. Ihr Spiel, das sich zuerst sehr mechanisch und holprig anfühlte, wurde langsam flüssiger und eleganter. Sie verhaspelte sich jedoch, als sie das Ende der Seite erreichte, und hatte Probleme, ihre Finger beim Umblättern zu koordinieren. Vielleicht lag das aber auch an den Tränen, die ihre Sicht verschleierten. Sie wischte sie weg und bereitete sich darauf vor, weiterzuspielen, doch dann hielt sie plötzlich inne.
Nikki runzelte die Stirn und starrte verwirrt auf das Notenblatt. Sie lehnte sich zu dem Heft auf dem Ständer vor und entdeckte zwischen den Noten seltsame Bleistiftmarkierungen in der Handschrift ihrer Mutter.
Ihre Mom hatte ihr immer erzählt, dass Mozart die Pausen zwischen den Noten ebenfalls als Musik betrachtete, doch das hier waren keine musikalischen Anmerkungen, sondern etwas anderes.
Aber was?
Heat drehte das Licht ein wenig heller und hielt das Notenheft unter die Lampe, um sich die Notizen genauer anzusehen. Es schien sich um eine Art Code zu handeln.
Sie fing an, auf der Sitzbank leicht hin- und herzuschwanken, und es fühlte sich so an, als würde der Boden wackeln. Nikki glaubte, dass sie ein weiteres Nachbeben erlebte. Aber dann schaute sie sich um.
Der Rest des Raums war vollkommen still.
DANKSAGUNGEN
Kürzlich nahm ich an einer Diskussionsrunde mit Krimiautoren in der New York Public Library teil, und wie immer war es die Eröffnungsfrage. Ein aufstrebender Romanautor in der ersten Reihe wollte etwas über meine Schreibgewohnheiten wissen. Ob ich morgens oder abends schreibe? Ob ich einen Stift oder eine Tastatur benutze? Ob ich die automatische Rechtschreibüberprüfung ein- oder ausgeschaltet habe? Ich gab ihm meine Standardantwort: Ich habe keine Schreibgewohnheiten. Tatsächlich muss ich mich jetzt, da ich hier im Licht des Morgengrauens sitze und meinen Hemingway-Montblanc-Füllfederhalter (Federbreite Medium) mit blauer Noodler’s-Baystate-Tinte fülle, während vor mir auf meinem abgeschrägten Schreibtisch ein Stapel aus dreißig Seiten weißem, mit Anmerkungsrand versehenem Lavenger-Blankopapier liegt, fragen, wo solch eine Frage überhaupt herkommt?
Ich behaupte nicht, dass ich Schreibgewohnheiten habe, aber wenn ich sie hätte, würden sie vermutlich von der Tatsache herrühren, dass meine kleinen Rituale, sofern ich alles richtig mache – und ich
gehe
jedes Mal ein Risiko ein, wenn ich versuche, eine noch wilde Geschichte zu zähmen und einzureiten –, das Einzige sind, was ich kontrollieren kann. Einen Krimi zu schreiben, ist ein wenig wie ein Ausflug nach Atlantic City. Obwohl man schon mal dort gewesen ist, kann man nie ganz sicher sein, was passieren wird. Man schläft tagelang nicht, probiert verrückte Sachen aus, die man normalerweise niemals tun würde, und wenn man dann fertig ist, bleibt einem nichts. Oh, und dieser ganze großartige Sex hat nur in der Fantasie stattgefunden.
Die einzige Möglichkeit, es durchzustehen – Atlantic City oder einen Roman – besteht darin, sich niemals allein auf diese Reise zu begeben, und ich habe eine Truppe bei mir, die die Jungs aus
Hangover
beschämen würde. Alles beginnt und endet mit Detective Kate Beckett, die mir gezeigt hat, dass das
Weitere Kostenlose Bücher