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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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Schritt stampfte mehr Wut in mich rein. Ich sah Herrn van Scherten vor mir, totenbleich mit roten Pusteln und ohne einen Tropfen Luft in den Lungen, und ich sah Mama vor mir, wie sie verzweifelt im Dreck und im Regen lag, und ich hörte in meinem Kopf ihre schrecklichen Worte, dass ich nicht ahnte, was ich angerichtet hatte. Gut, vielleicht hatte ich Mist gebaut, auch wenn ich noch nicht wusste, was für welchen. Aber wenn die Champagnertussi nicht gewesen wäre …
    Ich bollerte durch die Schwingtür. Sie führte in ein enges, kahles Treppenhaus. Es war, als wären alle Bingokugeln in meinem Kopf aus der Maschine gekippt und rollten jetzt über den B hinweg, als ich mich vor ihm aufbaute und all mein Zorn und Groll sich sturzflutartig über ihn ergoss. Er war so verblüfft, dass er das Handy mitten im Gespräch zuklappte.
    Â»Das ist fast alles Ihre Schuld! Ihre und die der Champagnertussi«, schrie ich ihn aufgebracht an. »Wir hätten gut einen Polizisten brauchen können, Oskar und ich, aber dann mussten wir alles allein machen!« Meine Worte hallten durch das Treppenhaus. » Wir haben rausgekriegt, dass Mama erpresst wird, wir haben uns den Plan ausgedacht, wie wir die Ellie verfolgen, wir haben Beweise für die heiße Ware vom Boris gefunden, und wir sind losgezogen, um den van Scherten aus dem Club zu retten, aber Sie mussten ja mit der Champagnertussi rummachen, bestimmt sogar über Nacht, und jetzt –«
    Â»Rico, Rico!« Der B ging vor mir in die Hocke, packte mich bei den Schultern und schüttelte mich vorsichtig. »Rico, beruhig dich, hör auf zu weinen, und hör mir zu – ich hatte Geburtstag, und ja, die Champagnertussi ist über Nacht geblieben, aber Himmelherrgott, sie hat auf dem Sofa geschlafen. Sie ist meine Schwester!«
    Ich hörte sofort auf zu heulen. »Echt?«
    Â»Echt.«
    Ich starrte ihn an und zog geräuschvoll die Nase hoch. Der Bühl – ich konnte ihn jetzt wieder Bühl nennen, weil er doch kein Ehebrecher war, und ich muss sagen, dass mir das beim Beruhigen ziemlich half – erhob sich, drückte mit einer Hand die Glastür auf und lotste mich hindurch. »Möchtest du ein Taschentuch?«
    Â»Nein, danke. Aber herzlichen Glückwunsch nachträglich.« Er nahm den Gang mit so großen Schritten, dass ich Schwierigkeiten hatte, ihm zu folgen. »Wie kommen Sie eigentlich hierher? Woher haben Sie gewusst, dass –«
    Â»Nachtdienst«, sagte er und tippte gegen die Papiere in seiner Jackentasche. »Das Krankenhaus rief uns an, nachdem man diese Unterlagen bei einem Herrn …«
    Â»Van Scherten.«
    Â»â€¦Â gefunden hatte. Er hatte sie in seiner Unterwäsche versteckt.«
    Na bitte.
    Â»Aus den Blättern geht eindeutig hervor – na, sagen wir einfach mal: Es geht einiges aus ihnen hervor«, fuhr der Bühlfort. »Hehlerei, Erpressung, Schwarzgeld. Lauter Dinge, wegen denen dein Boris –«
    Â»Er ist nicht mein Boris!«
    Â»â€“ wegen denen dieser Boris soeben festgenommen wird. Der Name deiner Mutter steht ebenfalls in den Papieren, neben vielen anderen. Sie wurde zusammen mit diesem Herrn …«
    Â»Van Scherten.«
    Â»â€¦Â hier eingeliefert. Geht es ihr gut?«
    Â»Sie wird noch untersucht. Ihr Knöchel ist verknackst oder angebrochen. Wird sie jetzt auch verhaftet?«
    Â»Wenn sie tatsächlich erpresst wurde, nein.« Fast meinte ich, seine Zähne knirschen zu hören. »Aber sie hat mir, verdammt noch mal, eine Menge zu erklären. Diese Ellie, die du eben erwähntest …«
    Â»Das ist die Mutter vom Boris. Sie quält ihren Hund.« Ich stolperte weiter neben ihm her und fand, er könnte wirklich mal kinderfreundliche Schritte machen. »Er heißt Porsche, aber er ist unschuldig.«
    Â»Und du sagtest, du und Oskar und dieser Herr van …?«
    Â»Scherten.«
    Â»â€¦Â ihr hättet sein Lager gefunden?«
    Â»In Brandenburg. Das ist eins von den neuen Bundesländern.«
    Â»Ja, ich hab davon gehört.«
    Die Antwort klang leicht genervt, aber es hätte ja sein können, dass er es nicht wusste. Die neuen Bundesländer warenerst nach einer Wiedervereinigungswende plötzlich neben den alten aufgetaucht, und womöglich war er schon mit der Schule fertig gewesen, bevor sie in den Atlas eingetragen wurden und dergleichen.
    Wir waren

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