Ritter des dunklen Rufes
schmerzte. Er stöhnte und spürte Nässe, als ihm Blut aus der Nase quoll.
Jetzt war es zu spät, um das Ganze aufzuhalten. »Kommt zu mir!« rief er. »Kommt zu Ollathair!« Ein Lichtblitz sprang aus dem Boden vor seinen Füßen und zerstreute sein Feuer. Er wischte sich die Funken vom Schoß und kämpfte sich durch den brennenden Schmerz in seiner Brust. Sein linker Arm wurde merklich gefühllos, und er spürte, wie Panik in ihm aufbrandete. Wenn jetzt sein Herz versagte, wäre alles umsonst gewesen.
Ruhig! Ganz ruhig! befahl er sich selbst. »Kommt zu mir!« flüsterte er.
Glühende Lichter bildeten einen Kreis um Ruad, schimmerten im Mondlicht, durchscheinend, fast durchsichtig. Er sah zu, wie sie sich bildeten und dichter wurden. Er sackte zu Boden und holte tief Luft. Um ihn herum standen, wie geisterhafte Ritter, die Rüstungen der Gabala, und mit ihnen und Ruads eigenen enormen Kräften hatte Llaw Gyffes vielleicht eine Chance. Er kam mühsam auf die Füße.
Er musste das Tor für Manannan öffnen. Er sammelte seine nachlassenden Kräfte, warf einen Blick auf die acht stummen Statuen und begann den Zauber des Öffnens. Schmerz zerriss ihm die Brust, die Finger der linken Hand wurden taub.
Das Schwarze Tor erschien. Ruad wusste, dass seine Kraft fast erschöpft war, dass er den Zauber nur für wenige Sekunden würde aufrechterhalten können, sobald das Tor erst geöffnet war. Es wäre mehr als tragisch, wenn er es zu früh öffnete … und doch, zu spät wäre auch nicht besser. Er rief sich die Geschwindigkeit ins Gedächtnis zurück, mit der Manannan in den Tunnel geritten war und schätzte, dass er bald, wenn nicht schon sofort, das Tor erreichen musste. Und das bedeutete, dass die Ungeheuer des Chaos dicht hinter ihm waren. Er stöhnte, als die Schmerzen schlimmer wurden, und griff sich an die Brust. Sein Atem ging stoßweise, Schweiß rann ihm in die Augen, als er auf die Knie sank und darum kämpfte, sein unregelmäßig schlagendes Herz zu beruhigen. Der Schmerz ließ ein wenig nach. Langsam begann Ruad damit, den Zauber zu vervollständigen.
Ein knirschendes Geräusch kam von rechts. Er drehte sich um und betrachtete prüfend den Kreis. Er blinzelte sich den Schweiß aus den Augen. Alles war jetzt still, das Mondlicht glänzte auf den acht Rüstungen. Acht? Es sollten doch nur sieben sein! Wie von unsichtbaren Händen gezogen, wurde er auf die Füße gestellt und zu der nächsten Rüstung gezerrt. Ruad blickte auf und sah, wie das Visier sich langsam öffnete. Er kämpfte darum, Halt zu gewinnen, aber er war zu entkräftet. Näher und näher kam er, und er konnte nicht mehr tun, als das sich öffnende Visier anzustarren. Das Gefühl, das jemand an ihm zog, ließ nach. Er wollte davonlaufen, konnte aber die Augen nicht von dem gefiederten Helm und der Schwärze darin abwenden.
Der Mond brach durch die Wolken. Silbernes Licht flutete über die Gestalt, und Ruad sah, wie die Rüstung immer dunkler wurde, bis sie tiefrot war.
Zwei blutrote Augen sahen ihn an.
»Zeit zu sterben, Verräter!« sagte Samildanach. Zu spät sah Ruad den Dolch in der behandschuhten Hand. Er drang in seinen Leib und fuhr hinauf bis in die Lungen.
Ruad sank zu Boden …
Samildanach trat zurück – und verschwand.
Der Zauberer versuchte, sich auf den Bauch zu rollen, aber der Schmerz war grausam. Blut stieg ihm in die Kehle, er versuchte, es wieder runterzuschlucken, musste jedoch husten, und blutiger Schaum besudelte Bart und Tunika.
Er wusste, dass er nur noch Sekunden zu leben hatte, so ließ er sich zurücksinken und deutete mit dem Arm auf das Tor. »Öffne dich!« zischte er und vervollständigte so den Zauber. Eine große Wärme durchströmte ihn, als er zu den Sternen emporsah, und aller Schmerz verschwand. Er sah noch einmal den Tag, an dem er Waffenmeister geworden war und erinnerte sich an die Freude in den Gesichtern seiner Ritter.
»Mit dir an unserer Spitze werden wir die Welt verändern«, hatte Samildanach gesagt.
»Dafür brauchst du mich nicht, Erster Ritter«, hatte Ruad erwidert.
Die Sterne verblassten, Schneewolken sammelten sich, und Ruad hörte ein Geräusch wie Meeresbranden. »Ich will nicht sterben«, flüsterte er. »Ich will …« Eine große Schneeflocke berührte sein Auge und schmolz zu einer einzigen Träne, die über das Gesicht des Toten rollte …
Drei der Ungeheuer waren niedergestreckt – eines wand sich quer über dem Pfad und umklammerte den Stumpf seines abgetrennten
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