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Ritter-Geist

Titel: Ritter-Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
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Selbstvertra u en war eine wunderbare Sache, vor allem dann, wenn es durch Magie unterstützt wurde.
    Ivy kehrte zu der dunklen Nische zurück und griff hinein. Ta t sächlich, es war eine Dunkellaterne darin. Sie holte sie hervor, und die Laterne verbreitete um sie herum Dunkelheit, wodurch sich der Tag in Nacht verwandelte. Glücklicherweise konnte sie u n mittelbar vor sich, hinter der Ecke, mattes Licht ausmachen, und darauf schritt sie nun zu.
    Als Ivy um die Ecke kam, prallte die grelle Helligkeit auf die Fi n sternis der Dunkellampe. Die beiden kämpften miteinander und neutralisierten sich, bis schließlich wieder annähernd normales Tageslicht hergestellt war. Eine kleine Kugel aus Finsternis u m hüllte die Dunkellaterne, in der ihr eigener Arm verschwand, wä h rend die Helllaterne zu grell blieb, um sie anzuschauen. Doch zw i schen beiden waren die Schatten, die von Tages- bis Nachtlicht reichten. Wäre Ivy ein wenig philosophischer gesinnt gewesen, so hätte sie vielleicht erkannt, daß das Leben selbst auch nichts and e res war: zu beiden Enden die unmöglichen Extreme des Guten und des Bösen, und dazwischen viele Abstufungen, durch welche normale Leute sich mit unterschiedlichem Erfolg lavierten. Doch war sie noch zu jung für einen solchen Gedanken, also schob sie ihn beiseite und bahnte sich ihren Weg durch die grauen Schatten, bis sie um eine weitere Ecke kam. Dort erwies sich die Dunke l lampe als zu finster, weil sie alles auslöschte; also stellte Ivy sie in einer leeren Nische ab und ging weiter.
    Doch nun zeigte sich eine neue Gefahr. Über ihr kreischte und kreiste eine kleine geflügelte Katze. Als Ivy einen Schritt vorwärts machen wollte, sank die Katze tiefer, die Krallen ausgefahren. Das war ein Katzfalke, und der würde sie nicht vorbeilassen.
    Sie blickte in ihren Deckenbeutel, in dem sich ein Stein, der tote Falter und das Mährenhufeisen befanden. Sie könnte mit dem Stein nach dem Wesen werfen, bezweifelte jedoch, daß sie es tre f fen würde; schließlich war der Wurfarm eines fünfjährigen Kindes nicht besonders kräftig. Deshalb nahm sie den Stein nicht auf. Sie mußte einen anderen Ausweg finden.
    Während sie nachdachte, ging der Katzfalke immer tiefer. Ivy b e fand sich knapp in Angriffsweite, und das Wesen zögerte. Wah r scheinlich wollte es der Helligkeit hinter der Ecke nicht zu nahe kommen, weil es von dieser ebenso geblendet werden würde, wie dies Ivy widerfahren war. Folglich befand sich Ivy an einer guten Stelle, um innezuhalten.
    Sie beobachtete das Wesen und begutachtete seine einzelnen Körperteile. Die Falkenschwingen gehörten zum Vogelreich, mit braunen Federn und einem dazu passenden gefiederten Schwanz; Kopf und Beine waren ein Erbe des Katzenreichs, mit weißen Zähnen und Krallen. Sie fragte sich, welches der beiden Reiche wohl die Vorherrschaft hatte. Legte das Wesen Eier, oder gebar es seine Nachkommen lebend? Ivy runzelte die Stirn, weil sie das an ihr Brüderchen Dolph erinnerte. Schade, daß der Klapperstorch ihn nicht hatte fallenlassen, dann wäre das Bündel vielleicht in das Nest eines Drachenhahns gefallen oder möglicherweise auch auf einen übelgelaunten Nadelkaktus. Fast sah sie die davonschwirre n den Nadeln, wie sie die kleinen Drachenhähne trafen, die natürlich bösartig in die Runde blickten und alles um sie herum in Schlamm verwandelten. Oder war es Stein? Egal, auf jeden Fall wurden die kleinen vogelhirnigen Echsen von fliegenden Steinnadeln durc h bohrt, und das geschah ihnen recht.
    Am äußeren Rand ihres Gesichtsfelds sah Ivy etwas aufblitzen. Es glich einem peitschenden Pferdeschwanz. Die Tagmähre! Imbri hatte ihr den hübschen, gewaltigen Tagtraum gebracht, doch nun mußte die Mähre zu ihrem nächsten Kunden davongaloppieren.
    Ivy hörte ein Jaulen und hob den Kopf. Der Katzfalke war i n zwischen schon recht nahe gekommen und schien Probleme zu haben. Seine einzelnen Bestandteile hatten sich intensiviert, Ka t zenkopf und -füße waren kätzischer geworden, Vogelschwingen und -schweif dagegen vögelischer. Nun kämpften sie um die Vo r herrschaft: der Kopf fuhr zurück, um die Schwingen zu beißen, während die Schwingen auf den Kopf einhämmerten.
    Ivy sah gespannt zu, so daß sich die verschiedenen Eigenscha f ten immer stärker herausarbeiteten. Der Kampf wurde immer schlimmer. Federn und Fellbüschel stoben umher. Endlich geriet der Katzfalke außer Kontrolle, stürzte in den Schloßgraben und war verschwunden. Das war

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