Ritter-Geist
was dir ganz und gar nicht gefällt, Süßes.«
»Ich möchte bloß das hier näher bei dir vergraben als das dort«, sagte Ivy und ließ den toten Falter in das Loch fallen. Dann b e deckte sie ihn wieder mit Erde und klopfte sie fest.
Ivy erhob sich und sah zu. Wenn das, was der Kopfstein ihr g e sagt hatte, stimmte…
So war es auch. Der Kopfstein begann sich zu verwandeln. Die menschlichen Gesichtszüge verwitterten in die Anonymität und bekamen einen grünlichen Zug. Dann bildete sich eine neue G e stalt heraus: der Kopf eines Mondfalters, mit pelzigen Fühlern und von wunderbarer Farbe.
»Das ist aber sehr hübsch«, bemerkte Ivy und schritt weiter.
Der Steinfalter wedelte verzweifelt mit seinen Fühlern, gab aber keinen Ton von sich, weil Falter keine Geräusche hervorbrachten, die dem menschlichen Hörspektrum entsprachen. Deshalb wurde die riesige Haarbürste auch nicht alarmiert, und Ivy konnte die gefürchtete Region ohne Widerstand durchqueren. Sie hatte einen toten Falter auf eine Weise eingesetzt, wie dies zuvor noch nie jemandem eingefallen war.
Da erblickte sie auch endlich das Tor und stieß es auf. Eine ju n ge hübsche Frau kam ihr entgegen. »Ach, hallo Ivy – das ist aber eine Überraschung. Warum bist du denn nicht mit dem fliegenden Teppich gekommen, wie du es sonst immer machst?«
Ivy zog es vor, nicht zu erklären, warum sie zu Fuß war; Zora war zwar sehr nett, doch in derlei Dingen konnte man keinem Erwachsenen vollkommen über den Weg trauen. »Ich bin g e schäftlich hier, Zora«, erklärte sie. »Ich muß mit dem Guten M a gier Humfrey sprechen.«
Zora zuckte die Schultern. Sie war ein Zombie, aber das war kaum zu bemerken, denn sie verlor keinerlei Fleischstücke. Seit zwei Jahren war sie die Babysitterin des Guten Magiers, denn ihr Talent bestand darin, Leute schneller altern zu lassen. Sie war zwar verheiratet, aber wenn sie ihr Talent ins Spiel brachte, wurden die Leute schnell nervös, weil sie befürchteten, daß auch sie jetzt altern würden. Ivy konnte nicht verstehen, weshalb irgend jemand etwas dagegen haben konnte, älter zu werden. Vielleicht hatten die alle vergessen, wie das war, Kind zu sein. Doch anscheinend fürcht e ten sie sich vor dem Alter, und je älter sie wurden, um so mehr fürchteten sie sich auch. Deshalb neigte Zoras Ehemann Xavier dazu, sich möglichst weit von ihr fernzuhalten, wenn Zora ihr T a lent einschaltete.
Wenngleich Ivy den gefühlsmäßigen Aspekt der Sache nicht verstand, leuchteten ihr ihre praktischen Seiten schon eher ein, und sie machte sich deshalb keine Sorgen. Sie besuchte oft den Guten Magier persönlich und verstärkte Zoras Talent durch ihr eigenes, so daß Humfrey in einem um ein Vielfaches gesteigerten Tempo mehr alterte als sonst. So wie die Dinge liefen, würde es nicht mehr sehr lange dauern, bis er wieder ein Erwachsener war; in der Zwischenzeit schien er seine zweite Kindheit zu genießen.
Zora begleitete sie in Humfreys Spielzimmer. Der Gute Magier war nun ungefähr so groß wie Ivy, was bedeutete, daß er etwa im Verhältnis drei zu eins gealtert war, denn für sein Alter war er recht klein. »Hallo, Ivy«, sagte er. »Bist du gekommen, um noch einige Jahre draufzulegen?«
»Nein, diesmal geht es um etwas Geschäftliches«, wiederholte Ivy. Dem Magier Humfrey mußte sie einfach vertrauen, selbst wenn sie das nicht wollte. Er wußte ohnehin alles, zumindest hatte es den Anschein, denn dies war ja sein Talent. Körperlich gesehen war er jetzt allerdings ein Kind, deshalb würde er sie vielleicht auch nicht so ohne weiteres an die Erwachsenen verraten. »Ich stehe aus keinerlei Grund unter Hausarrest und mußte mich hinau s schleichen.«
Humfrey lächelte auf allzu wissende Weise. »Kein Grund, das ist nach deiner Definition die Tatsache, daß du deinen Großvater auf eine lustige Jagd durch Greifer, Dschungel und Kürbis geführt hast, alles nur, weil du nicht auf dem Weg geblieben oder seine Warnungen beachtet hast, und daß du den Nachthengst dazu g e bracht hast, Feuer zu schnauben, als er den Schaden bemerkte, der seinem Spukhaus zugefügt worden war?«
»Sag ich ja«, bestätigte Ivy etwas verlegen. »Überhaupt kein Grund. Also bringen wir die Sache schnell über die Bühne, bevor ich aus einem noch geringeren Grund Ärger bekomme, wenn sie nämlich merken, daß ich verschwunden bin. Ich brauche eine Antwort.«
»Das kostet dich einen Jahresdienst«, teilte er ihr mit. »Und zwar Vorkasse.«
»Nun, da habe
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