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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Plan etwas mit der Reise Eures Gatten zu tun?“
    „Im weitesten Sinne schon, Pater. Kurz, ich sehe eine Möglichkeit …“ Sie hatte zu flüstern begonnen, doch sie war so aufgeregt, dass es geradezu aus ihr herausplatzte: „Ich sehe eine Möglichkeit, die Gefangenen zu befreien, ohne dass der Kerkermeister oder die Inquisition davon erfahren - oder ihnen wenigstens regelmäßig Brot und Wein zukommen zu lassen.“
    Délicieux stutzte. Er wägte ihre Worte genau ab, wie es seine Art war. Dann lachte er leise, und seine grauen Augen blitzten.
    „Kommt mit mir, Frau.“ Er führte sie in einen kleinen, völlig leeren Raum, in dem einzig ein Kruzifix an der Wand neben dem Fenster hing.
    „Wie wollt Ihr das anstellen?“ sagte er und strich sich mit der Hand über die Schläfe, weil ihn der Kopf schmerzte.
    „Nun, Euch gehört doch der Berardturm, nicht wahr?“
    Der Mönch nickte. „Gehören ist nicht das richtige Wort. Wir dürfen ihn nutzen.“
    Rixende zog Lusitanas Pergament hervor und reichte es Délicieux.“
    Der Lektor runzelte die Brauen und trat mit dem Plan ans Fenster. Nach einer Weile hörte Rixende, wie er scharf die Luft einzog.
    „Woher, um alles in der Welt, habt Ihr diese Zeichnung?“
    „Das tut nichts zur Sache, Pater Bernhard. Sagt mir einzig, ob Ihr mir helfen könnt oder nicht. Herrn Fabri wollen wir vorerst heraushalten, sein Herz könnte solche Aufregungen übelnehmen.“
    „Das ist vernünftig, Frau Rixende. Ob es aber vernünftig ist, diesen alten Gang tatsächlich zu benutzen – immer vorausgesetzt, er existiert -, bezweifle ich. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wo genau sich der Eingang befinden sollte, allerdings war ich bislang auch nur ein einziges Mal im Berardturm.“
    „Könnten wir nicht wenigstens einmal nachforschen?“
    „Gut, ich kann das tun – Ihr allerdings? Wie wolltet Ihr das erklären?“
    „Auch dafür habe ich mir schon etwas ausgedacht.“ Rixende war in ihrem Element. „Das Haus Fabri könnte beabsichtigen, für Lagerzwecke gegen gutes Entgelt den Turm von Euch anzumieten. Ihr unterrichtet Eure Mönche über unser Ansinnen, ich weihe Castel Fabri ein, damit alles seine Richtigkeit hat, und wir besichtigen ganz offen gleich heute nachmittag gemeinsam den Berardturm, um herauszufinden, ob er für unsere Zwecke geeignet ist.“ Délicieux lächelte über ihren Eifer. „Habt Ihr denn solch weitreichende Befugnisse?“
    „Ja“, sagte Rixende stolz, „seit mein Mann nach Rom gereist ist, obliegen mir viele Angelegenheiten.“
    Das war reichlich übertrieben. Doch Rixende erwartete täglich Aimeric zurück, der für ihre Eigenmächtigkeit sicher Verständnis haben würde. Denn las er ihr nicht jeden Wunsch von den Augen ab?

    Es war kühl, und ein böiger Wind wehte Rixende fast die Haube vom Kopf, als sie am Berardturm eintraf. Halbrund ragte der Turm mit seinen Schlitzfenstern und dem weit herabgezogenem Dach über die äußere Mauer hinaus, die dadurch widerstandsfähiger gegenüber Mauerbrechern aller Art wurde.
    Délicieux wartete bereits. Er warf einen kurzen Blick in alle Richtungen, ehe er mit einem großen Holzschlüssel aufsperrte. Die alte Tür quietschte erbärmlich, und die beiden erschraken nicht schlecht, als über ihre Köpfe hinweg ein gutes Dutzend Fledermäuse herausflatterten, die sie in ihrer Ruhe gestört hatten. Stechende, stickige Luft schlug ihnen entgegen, so dass Rixende einen Zipfel ihres Umhangs vor Nase und Mund hielt. Durch die Schießscharten fiel ein wenig Licht in den Raum. Der Boden des Turms war bedeckt mit einer dicken Schicht Tauben- und Fledermausmist, und überall lagen oder flogen kleine Federn herum. An den Wänden lehnten etliche Lanzen und Hellebarden sowie alte, ineinandergestapelte Körbe. Auch die Leiter, die zum oberen Turmzimmer und zum Wehrgang führte, war völlig verschmutzt.
    „Wir sollten einmal den alten Brunnen näher betrachten“, brummte Délicieux, nachdem er mit einer der Lanzen in allen Winkeln herumgestochert, aber nichts entdeckt hatte, was auch nur annähernd einem Eingang zu einem unterirdischen Labyrinth nahekam. Auf dem gemauerten, halb zerfallenen Ziehbrunnen lag eine dicke Eichenbohle, die ebenfalls mit Kot und Federn bedeckt und obendrein mit einem großen Schleifstein beschwert war. Mit Rixendes Hilfe gelang es Délicieux, den Stein herunterzurollen. Der Lektor schob mit der Lanze den gröbsten Mist beiseite, dann entfernten sie das Brett. Ein dunkles, gähnendes Loch tat sich

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