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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Herzen“, sagte Rixende leise, indem sie hinter Saint-Georges trat, „dass Ihr mich gerettet habt, Herr …“. Er drehte sich zu ihr um, legte unauffällig den Finger auf den Mund und nickte. Dann fragte er höflich:
    „Wie fühlt Ihr Euch, Frau Fabri? Seid Ihr verletzt?“
    „Der Kopf“, sagte sie leise, „es ist nur der Kopf.“
    „Lasst sehen“, meinte er und schob seine Hand in ihr dunkles feuchtes Schattenhaar.
    „Au!“ Rixende stieß einen Schmerzenslaut aus, und als Fulco seine Hand betrachtete, war sie voller Blut.
    „Ihr habt eine klaffende Wunde am Hinterkopf, Frau Fabri“, sagte er ruhig. „Wenn Ihr ein Stück von Eurem Unterkleid abreißen wolltet, so könnte ich sie verbinden - und dann wollen wir überlegen, wohin wir reiten.“
    „Wohin Ihr reiten werdet?“ sagte da der Kapitän, und seine Stimme war hohngetränkt. „Ihr reitet nirgendwohin, denn Ihr habt kein Pferd mehr, Mönch.“
    Seinen Worten folgte eine auffordernde Bewegung in Richtung seiner Leute.
    Saint-Georges fuhr herum. „Lasst ja die Finger von meinem Ross“, stieß er aus. Doch die Männer des Unholdes machten sich bereits an seinem Grauen zu schaffen und durchsuchten die Satteltaschen.
    Als Fulco sich auf sie stürzen wollte, zog der Kapitän plötzlich ein Messer.
    Rixende schrie auf.
    „Ganz ruhig“, zischte der Rothaarige. „Wenn Ihr Euch still verhaltet, Pfaffe, dann geschieht Euch und Eurem Liebchen nichts.“
    „Ich bin niemandes Liebchen, merkt Euch das!“ rief Rixende aufgebracht, was die anderen Reisenden aus ihrer Lethargie weckte und bewog, den Mönch näher in Augenschein zu nehmen. Niemand kam ihm zu Hilfe.
    Die Schiffer führten das Pferd heran. Der Kapitän lachte einmal kurz auf, steckte dann das Messer zurück, schwang sich, bevor Fulco ihn aufhalten konnte, auf das Pferd und verließ mit den Schiffern im Schlepptau den Unglücksort.
    Saint-Georges war weiß im Gesicht vor Wut.
    „Die wahre Ehre ist verfallen“, klagte einer der Männer, ein eitler Kerl, der sich wie ein Grieche an Bord mit einer Brennschere ständig das Barthaar gekräuselt hatte. Nun stand er hilflos herum, angetan mit grünen tropfnassen Beinlingen aus Samt, und schüttelte unentwegt das Haupt. „Vorbei sind die Zeiten, als die Sänger in zierlicher Tracht von Hof zu Hof wanderten, um die Frauen zu preisen und die Ehre hochzuhalten!“
    „Ja, da habt Ihr wohl recht“, pflichtete ihm ein feister Mann zu, der überhaupt keine Haare mehr auf dem Kopf hatte – jedoch wertvolle Ringe an den Fingern. „Doch nützt es nichts, zu klagen, denn heutzutage ist es offenbar eine Ehre die Leute auszurauben!“
    Der Inquisitor fuhr den Dicken an: „Dann redet nicht nur davon, sondern hört zu jammern auf! Schurken hat es zu allen Zeiten gegeben. Lasst uns lieber überlegen, wie wir von hier wegkommen. Nicht alle sind gut zu Fuß, wie Ihr seht.“
    „Aber unser Geld!“ rief einer der beiden jüngeren Männer verzweifelt, betuchte Kaufleute aus Narbonne, wie Rixende wusste. Der eine von ihnen hatte teure Gewürze nach Carcassonne geliefert, und der andere handelte mit Eichhörnchenfellen und Eibenholz, aus dem die besten Bogen gefertigt wurden, wie er Abu Ras stolz an Bord erzählt hatte. „Es liegt dort drüben! Lasst uns abwarten, bis das Schiff ausgebrannt ist, dann wollen wir hinüberschwimmen und danach suchen!“
    Da man den Verdacht hegte, dass der Kapitän über kurz oder lang zurückkommen würde, um sich selbst auf die Suche nach dem Silber zu machen, kam man überein, einen Versuch zu wagen. Doch als der Mond aufging, loderten noch immer die Flammen, so dass man beschloss, den Morgen abzuwarten.
    Inzwischen war es dunkel geworden. Rixendes Wunde blutete noch immer. Obendrein musste sie sich übergeben. Fürsorglich verband Saint-Georges sie erneut und deckte sie mit seiner Kukulle zu, damit sie ein wenig zur Ruhe käme. Hätte er noch sein Pferd gehabt, wäre er auf der Stelle mit ihr davongeritten. Irgendwo in dieser Gegend befand sich die Abtei Fontfroide.
    Rixende, die noch immer keine Ahnung hatte, weshalb der Inquisitor eigentlich hier war, ob er sie oder jemand anderen überwachte, lächelte ihm dennoch dankbar zu. Sie sah zum Himmel hinauf, wo unzählige Sterne glitzerten. Die Zikaden hatten ihren nächtlichen Gesang aufgenommen, und die Wasser der Aude flossen nun ruhiger in die Nacht hinein, als ob nichts geschehen wäre. Der Wind hatte sich gedreht, so dass der Qualm endlich in die entgegengesetzte Richtung zog.

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