Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
ist die Frau, die bei Euch an Bord war?“
„Was weiß ich? Kümmere dich gefälligst um deinen eigenen Kram, Mönch!“ herrschte ihn der Kerl an, bevor er sich daranmachte, ein weiteres Seil, das er sich um den Leib geschlungen hatte, am Ufer zu befestigen, und zwar genau an den Baumstumpf, an den Fulco sein Pferd angebunden hatte.
Ungeachtet der Hilferufe derjenigen, die inzwischen prustend und rudernd an den beiden Seilen hingen und kaum vorwärts kamen, weil die Angst sie in den Klauen hielt, schwamm Fulco zur Sandbank hinüber. Als er festen Boden unter den Füßen spürte, kroch er zum Wrack hin. An einem der Knotenstricke kletterte er hoch. Oben angekommen, klammerte er sich an eine offenstehende Kajütentür. Was nicht niet- und nagelfest war an Bord, hatte sich bei dem Unglück in Bewegung gesetzt: Bündel mit aufgerollten Seilen, Strohballen, Holzkübel, Werkzeug, Angelruten und Taue. All das lag kunterbunt durcheinandergewürfelt auf einem Haufen an der Backbordseite.
Fulco wollte sich gerade dort hinunter fallen lassen, um nach Rixende zu suchen, als das Schiff sich erneut bewegte. Es kippte nun vollends zur Seite, krachend brach der Mast unter der Last des mit Wasser vollgesogenen Segels, und die sich noch immer unter Deck befindlichen Tiere schrien und blökten entsetzlich.
Doch was war das? Hatte sich Fulco getäuscht, oder war da eine menschliche Stimme aus dem höllischen Lärm herauszuhören? Er kroch auf allen vieren, dabei immer wieder abrutschend, zur Rampe hin, die einst nach unten, jetzt aber beinahe waagrecht ins Innere des Schiffes führte. Endlich war es geschafft. Beißender Qualm kam ihm entgegen. Aus einer der Verschläge – es handelte sich wohl um die Schiffsküche, in der Tag und Nacht Feuer brannte - schlugen helle Flammen. Ungeachtet der Gefahr schlang sich Fulco sein nasses Hemd um Mund und Nase, um Rixende zu suchen. Doch was sich kurz darauf seinen Augen darbot, war mehr als grauenhaft. Die Pferde waren durch den Rauch vollends in Panik geraten, zwei waren gestürzt und lagen auf dem Rücken, das dritte trampelte in heller Aufregung auf den Schafen und Ziegen herum, die sich losgerissen hatten, und – Fulco stockte der Atem – auch auf Menschen. Einige Männer waren offenbar bei dem Versuch, die Pferde zu retten, zwischen sie gefallen und nicht mehr rechtzeitig hochgekommen. Bereits bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, gaben sie kein Lebenszeichen mehr von sich. Abu Ras Anfa befand sich unter ihnen, einzig erkennbar an seinem Turban. Über allem Durcheinander aus Pferdeleibern, zuckenden Hufen, Blut, Toten und Schwerverletzten, herrschte ein unvorstellbarer Lärm.
Hier konnte niemand helfen, ohne sich selbst in Todesgefahr zu begeben.
Fulco von Saint-Georges kämpfte sich wieder nach draußen durch. Der Qualm war noch dicker geworden. Wütend darüber, dass Abu Ras Anfa sich um die Pferde und offenbar nicht um Rixende gesorgt hatte – das hätte ihm vielleicht selbst das Leben gerettet -, riss er jeden Verschlag auf, um hineinzusehen. Doch sie war nirgends zu finden. War sie über Bord gespült worden, als das Schiff gestrandet war? Fulcos Herz klopfte vor Aufregung und Angst, er hustete und spuckte aus, und rang, als er endlich wieder an Deck ankam, gierig nach frischer Luft.
Dann klammerte er sich an der Reling fest. Viel Zeit hatte er nicht mehr. Das Feuer begann schon auf einzelne Teile des Decks überzugreifen, auch aus den Strohballen, die sich mit dem alten Kram an der untersten Reling auftürmten, zogen erste Rauchschwaden. Da schoss Fulco ein Gedanke durch den Kopf. Hatte er dort nicht zuallererst suchen wollen? Wenn Rixende nicht unter Deck gewesen und auch nicht von Deck gespült worden war, war sie vielleicht zusammen mit dem Stroh und dem Gerümpel dort hinunter gerutscht?
Kurz entschlossen zog er das Seil, mit dem er an Bord gekommen war, zu sich heran, schlang es sich um den Leib, setzte sich auf die Planken und rutschte hinunter. Wegen der außergewöhnlichen Schräglage des Schiffes prallte er hart mit dem Rücken gegen die Reling. Er schrie auf vor Schmerz, stemmte sich dann aber mit beiden Beinen ab, um das rauchende oder bereits züngelnde Stroh in hohem Bogen über Bord werfen zu können. Es brannte nur deshalb nicht lichterloh, weil es des nächtlichen Gewitterregens wegen noch feucht war. Als er dann die Kübel hinterherwarf, um sich einen Überblick zu verschaffen, entdeckte er sie.
Zusammengekrümmt lag Rixende zwischen einer Seilwinde und
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