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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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die
Wand zu und auf das, was sich offenbar vor ihr in der
Finsternis befand. ,Was sind das, zum Teufel, für Zivilisierte!
Die müssen doch wie ich von einer Riesenfreude erfüllt sein,
endlich auf Andere im All zu stoßen. Oder sollte es für sie
nichts Außergewöhnliches sein? Ausgeschlossen! Gleich
werde ich es wissen!’ Sie gab Gas. Nach wenigen Metern
verlangsamte sich die Fahrt. Robina beschleunigte, versuchte,
zu beschleunigen. Sie selber spürte, als tauche ihr Körper in
Gummi, und sie würde in wenigen Augenblicken nach
rückwärts aus dem Sattel gestoßen. Sie drosselte den Schub.
„Diese Strolche!“, fluchte sie laut. Sie wusste, dass sie diesem
Abwehrfeld nichts entgegensetzten konnte. Resignierend
wendete sie. ,In zwei Tagen…’ „Ihr könnt mich mal…“, rief
sie beleidigt, und sie fuhr zur Grotte zurück. –
5
    Robina zermarterte sich den Kopf, aber auf ein Motiv, das das
befremdende Verhalten der Anderen erklären konnte, kam sie
nicht. Nichts aus ihrer Sicht entschuldigte dieses rüde
Benehmen. Sie wussten längst, dass sie von ihr nicht das
Geringste zu befürchten hatten, dass sie ein verunglückter, im
Grunde unglücklicher Mensch war, der nichts sehnlicher als
Kontakt zu anderen herbeiwünschte. Und nun das! Für sie
blieb es ein äußerst unfreundlicher Akt, der ihr vieles von der
Freude nahm, die in diesem Zusammentreffen lag. Dennoch,
lustlos zwar, nutzte sie das unerträgliche spannungsgeladene
Warten, indem sie ihre Habseligkeiten sortierte, die sie beim
Verlassen des Boliden mitzunehmen gedachte: Fotografien,
allerlei Aufzeichnungen, zum Beispiel die Entwürfe all der
Geschichten und Informationen, die sie mühevoll in die
Kristallflächen gebrannt hatte. Trotz des Unbegreiflichen
schien ihr sicher: Sie würde alsbald in ein Raumschiff steigen,
das sie zur Erde bringt. Edle Steine wollte sie den Freunden
mitbringen und die vielen dilettantisch geschmiedeten
goldenen Gegenstände.
Die meiste Zeit jedoch verbrachte Robina mit nutzlosen
    Grübeleien. ,Wie werde ich nun diesen Flegeln
entgegentreten?’ Und sie beschloss, das äußerst gefasst zu tun,
ihre Freude, die sie nach wie vor förmlich aufwühlte,
weitgehend zu verbergen.
    Einige Male hätte sie beinahe dem Drang nachgegeben,
erneut zur Wand zu fahren. Es gelang ihr, die Versuchung zu
unterdrücken.
    Oft hörte sie wieder das harte Knallen, das sie vermuten ließ,
eingedenk der Worte Birnes, dass dieses etwas mit dem
Erzabbau zu tun haben könnte. ,Sie verbinden das Nützliche
mit dem Angenehmen’, dachte Robina zu Gunsten der
Besucher. Mit dem Angenehmen meinte sie sich. –
    Schließlich ging das nervende Warten dem Ende zu. Immer
wieder kontrollierte Robina die Empfangsbereitschaft ihrer
Sprechanlage. Wie anders als über Funk sollte sie das
angekündigte Zeichen erhalten. Doch nichts drang aus dem
Geber, nicht das Ursprungssignal des Funkfeuers noch ihre SO-S-Melodie – wie auch, da sie die Hackmechanik selbst
lahmgelegt und niemand das Kabel repariert hatte.
    Doch dann, auf die Sekunde genau zwei Tage nach dem
Zusammentreffen mit Birne, hallte es überlaut: „Robina Crux,
komm bitte zu deinem Boot. Wir freuen uns!“
    Während Robina den Skaphander anlegte, stürzten ihr Tränen
über die Wangen. ,Endlich! Was heulst du, blöde Kuh. Sie
haben dich lange genug zappeln lassen!’
    Dann, bevor sie den Container verließ, hörte sie die
Aufzeichnung des Rufs noch einmal ab und stellte erstaunt
fest: ,,Das ist doch nicht Birnes Blechstimme… Wer spricht
unsere Sprache? Und er hat ,bitte’ gesagt…“
    Vor der Grotte blieb sie überrascht stehen. Rhythmischer
Lichtschein durchflutete den Boliden wieder, ließ die Kristalle
wie in den verflossenen Jahren reflektieren und in leuchtenden
Farben erstrahlen. –
6
    Gespannt bis zum Äußersten fuhr Robina zum genannten
Treffpunkt, eine Strecke, die sie bei Licht schlafwandlerisch
bewältigte.
    Je näher sie dem Riesenkristall kam, desto langsamer und,
falls das überhaupt noch möglich gewesen wäre, erregter
wurde sie.
    Schon von weitem stellte sie eine Veränderung im vertrauten
Bild fest, ohne zunächst zu realisieren, welcher Art. Dann,
näher gekommen, blieb sie überrascht stehen: Das Landeboot!
Dreiundzwanzig Jahre lang hatte sie das Wrack vor Augen
gehabt, wenn sie sich ihm von der Grotte aus näherte. Und nur
langsam verflüchtigte sich mit der Zeit der Schmerz, der bei
diesem Anblick aufkam: Der verbeulte, an die glatte Fläche
geschmetterte Rumpf

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