Robotermärchen
schmücken, ein andermal sie zu schmieren, damit sie nicht quietschten, dann wieder, die Henkerschwerter zu vergolden, ohne zu vergessen, sie aus humanitären Gründen zu schärfen. Er hatte eine freigebige Natur, doch schätzte er Verschwendung nicht, daher ließ er durch einen besonderen Erlaß alle Pfähle, Pflöcke, Schrauben, Klubs und Fesseln normen. Die Exekutionen der Unorthodoxen, die übrigens selten waren, wurden mit Pomp und viel Aufwand begangen, in Reih und Glied, mit seelischer Tröstung, salbungsvoll, inmitten marschierender Karrees mit Borten und Pompons. Dieser aufgeklärte Monarch hatte auch eine Theorie vom allgemeinen Glück. Es ist ja bekannt, daß der Mensch nicht deshalb lacht, weil er lustig ist, sondern eben lustig ist, weil er lacht. Wenn alle sagen, es sei herrlich, bessert sich gleich die Stimmung. Mägerles Untertanen waren also verpflichtet, natürlich zum eigenen Nutzen und Frommen, laut zu wiederholen, daß sie sich geradezu außerordentlich wohl fühlten, und die alte unklare Begrüßungsformel „Guten Tag" ließ der König in die vorteilhaftere „Wiegut!" umändern, wobei Kindern bis zum vierzehnten Lebensjahr gestattet war, „Hu — ha" zu sagen, und Greisen „Gutwie!" Mägerle freute sich, als er sah, wie der Geist im Volke gerann, wenn er durch die Straßen mit einer Karosse in Form eines Panzerschiffs fuhr, er sah die „Vivat!" rufenden Mengen und grüßte sie huldvoll mit Gesten der Monarchenhand, sie indes jubelten um die Wette „Hu — ha!", „Gutwie!" und „Zauberhaft!". Er war übrigens von demokratischer Veranlagung. Er liebte es maßlos, sich mit alten Veteranen in kurze martialische Gespräche einzulassen, die Brot aus so manchem Ofen gegessen hatten, er lechzte nach kriegerischen Erzählungen, die in Biwaks zum besten gegeben wurden, und es kam vor, daß er, wenn er einen fremden Würdenträger in Audienz empfing, sich unvermittelt mit dem Streitkolben aufs Knie schlug und rief: „Der Sieg ist unser!" oder: „Man vernagele mir dieses Panzerschiff!" oder: „Daß mich die Kugeln treffen!" Nichts vergötterte er nämlich mehr, schätzte nichts so sehr wie Stärke, Mut und Selbständigkeit, Piroggen in Branntwein mit Schießpulver, Zwieback und Munitionskisten sowie Kartätschen. Wenn er also traurig war, ließ er Regimenter an sich vorbeidefilieren, die sangen: „Die gewindegeschnittene Armee", „Zum alten Eisen werfen wir des Lebens Schmelz", „Es hallt die Mutter, morgen ist alles in Butter" oder auch das alte Kronlied „Pack ich den Meißel mit Verschluß, ich auf Bajonette stürzen muß". Und er ordnete an, daß bei seinem Tode die alte Garde an seinem Grab sein Lieblingslied singen sollte: „Alter Robot, hast zu rosten".
Klapaucius gelangte nicht auf Anhieb an den Hof des
großen Monarchen. In der ersten Ortschaft, in die er kam, klopfte er an verschiedene Türen, aber niemand machte ihm auf. Schließlich erblickte er auf einer gänzlich unbelebten Straße ein kleines Kind, das an ihn herantrat und ihn mit einem dünnen Stimmchen fragte: „Wollen Sie kaufen? Ich verkaufe billig."
„Vielleicht kaufe ich, aber was?" fragte Klapaucius verwundert.
„Ein kleines Staatsgeheimnis", erwiderte das Kind und
zeigte unter dem Hemdsaum einen schmalen Streifen vom Mobilmachungsplan. Klapaucius wunderte sich noch mehr und sagte: „Nein, mein Kindchen, das brauche ich nicht. Weißt du nicht, wo hier der Schultheiß wohnt?"
„Und wossu brauchen Sie einen Ssultheiß?" fragte das
Kind lispelnd. „Ich habe mit ihm zu reden." „Unter vier Augen?" „Meinetwegen auch unter vier Augen." „Dann brauchen Sie einen Agenten? Mein Papa wäre dazu geeignet. Er ist verläßlich und billig." „Zeig mir mal deinen Papa", sagte Klapaucius, als er sah, daß er anders von diesem Gespräch nicht loskommen würde. Das Kindchen führte ihn in eins der Häuser; drinnen, bei brennender Lampe, obwohl es hellichter Tag war, saß die Familie — der greise Opa auf dem Schaukelstuhl, die Großmutter, die einen Strumpf strickte, und ihre zahlreiche reife Nachkommenschaft; und jeder war mit seiner eigenen Arbeit beschäftigt, wie das zu Hause üblich ist. Als sie des Klapaucius ansichtig wurden, erhoben sie sich und stürzten sich auf ihn; die Strickdrähte erwiesen sich als kleine Fesseln, die Lampe als ein Mikrophon und die Großmutter als der Polizeivorsteher am Orte. „Offenbar ein Mißverständnis", dachte Klapaucius, als man ihn nach vorheriger Mißhandlung in die Zelle
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