Und taeglich grueßt die Evolution
Die Entstehung des Lebens
»Die Unendlichkeit und das Ewige«, so urteilte der dänische Philosoph Sören Kierkegaard, »ist das einzig Gewisse«. Wer nachts zum sternenklaren Himmel aufblickt, kann sich der Faszination des unendlichen Raumes kaum entziehen. Nur einen winzigen Teil des gesamten Universums erkennen wir mit bloßem Auge: die uns nächsten Sterne, einige Planeten, den schwachen Schein der Milchstraße. In dieser Galaxie bildete sich vor rund 5 Mrd. Jahren aus einer gigantischen Wolke aus Gas und Staub die Sonne, rund 500 Mio. Jahre später folgten ihr andere Himmelskörper wie Merkur, Venus, Mars und Erde. Dass sich Letztere von einem glühenden Magmaball in unseren »Blauen Planeten« verwandelte – den mutmaßlich einzigen Himmelskörper in unserem Sonnensystem, auf dem es die Voraussetzungen für die Entstehung von Leben gab –, war ein kosmologischer Glücksfall, der sich vor allem der Stellung der Erde zu Sonne und Mond verdankte. Wann und wie das Leben seinen Ursprung nahm, ist ungewiss. Vertreter der »Ursuppen-Theorie« vermuten, dass es in einem Milieu entstand, wie es vor etwa 3,8 Mrd. Jahren auf der Erde herrschte. Etwa diesen Alters sind die ersten einfachen Einzeller aus der Gruppe der Prokaryonten, die uns als Fossilien überliefert sind. Mit den Cyanobakterien traten vor 3,5 Mrd. Jahren die ersten Sauerstoffproduzenten auf. Nach dem Erscheinen erster Mehrzeller im Ediacarium, dem letzten Abschnitt des Präkambriums, erlebte die Erde vor rund 545 Mio. Jahren mit dem Beginn der Kambrischen Revolution einen gewaltigen Entwicklungsschub: Innerhalb weniger Millionen Jahre bildeten sich die grundlegenden Baupläne vieler mehrzelliger Tierstämme – und zwar im Wasser. Die Besiedlung des Festlandes – erst durch Nacktpflanzen und Farne, dann durch wirbellose Gliederfüßer – erfolgte erst im Devon vor rund 410–355 Mio. Jahren. Aus der ältesten Gruppe von Wirbeltieren, den Fischen, gingen mit den Amphibien die Vorfahren der späteren Reptilien hervor. Das Erdmittelalter, das vor rund 250 Mio. Jahren mit einem gewaltigen Aussterbeereignis begann und vor 65 Mio. Jahren mit einer ähnlichen Katastrophe endete, war das Zeitalter der Dinosaurier, der größten Landlebewesen aller Zeiten. In ihrem Schatten entwickelten sich aus »säugerähnlichen Reptilien« die ersten Mammalia oder Säuger, die sich in der Erdneuzeit zur erfolgreichsten Klasse der Wirbeltiere emporschwangen. Vor knapp 7 Mio. Jahren betrat dann mit dem zentralafrikanischen Sahelanthropus tschadensis der erste Vertreter der Hominiden die Bühne der Evolution. Zu den Vormenschen zählten auch die fünf Arten von Australopithecinen, die vor 4,2–2 Mio. Jahren in Süd- und Ostafrika lebten. Die ersten Hominiden, die selbst gefertigte Werkzeuge benutzten, waren Homo rudolfensis (2,5–1,8 Mio.) und Homo habilis (2,1 bis 1,5 Mio.). Der ebenfalls aus Afrika stammende Homo sapiens sapiens, der anatomisch moderne Mensch, erreichte Europa vor rund 40000 Jahren. Hier traf er auf den Neandertaler, der 10000 Jahre später von der Erde verschwand – aus Gründen, die bis heute im Dunkeln liegen.
Der aufrechte Gang: Kopf hoch am Rand der Savanne
Auch wenn viele Details über den genauen Zeitpunkt und Ort noch ungeklärt sind: Die Wurzeln des modernen Menschen lassen sich definitiv nach Ostafrika zurückverfolgen. Jüngsten genetischen Analysen zufolge haben sich dort die Vorfahren der heutigen Schimpansen vor etwa 6,3 Mio. Jahren von denen des Homo sapiens getrennt. Diese stammesgeschichtliche Aufspaltung war zunächst kein klarer Bruch; vielmehr scheinen sich die Wege der Mitglieder beider Gruppen noch annähernd 1 Mio. Jahre lang gekreuzt zu haben, bevor sie sich endgültig trennten. Erst danach begann die Geschichte eines zentralen anatomischen Charakteristikums des Menschen, über dessen Ursprung wir noch so wenig wissen – die des zweibeinigen Ganges.
Es gibt mehrere Theorien darüber, wie und warum der aufrechte Gang entstanden ist. Keine der Theorien schließt eine andere aus und wahrscheinlich ist der aufrechte Gang das Ergebnis einer Kombination verschiedener evolutionsfördernder Rahmenbedingungen. Untersuchungen der US-amerikanischen Anthropologen Peter Rodman und Henry McHenry belegen, dass die Bipedie auf jeden Fall eine energetisch effiziente Möglichkeit ist, weite Strecken bei der Nahrungssuche zurückzulegen. In einer sich verändernden Umwelt, in der Steppenlandschaften mit weit auseinander liegenden Nahrungsquellen
Weitere Kostenlose Bücher