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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hier im weiten Umfange umfaßte. Auf baum-und buschbedeckte Hügel folgten da lange graue Bodenwellen, gleich den Falten eines arabischen Burnus. In der Ferne erschienen »Queds« mit brausenden Bergströmen, Wälder von Palmen, kleine Ansammlungen von Hütten, welche entweder einen Hügel krönten oder eine Moschee umrahmten, unter anderen Metliti, wo ein religiöser Häuptling, der große Marabut Sidi Scheik, seinen Sitz hat.
    Während der Nacht wurden mehrere hundert Kilometer über ein ziemlich ebenes, nur von Dünen unterbrochenes Gebiet zurückgelegt. Hätte der »Albatros« hier Halt machen wollen, so würde er in der Niederung der, unter einem ungeheuren Palmenwald versteckten Oase Uargla die Erde erreicht haben. Sehr deutlich zeigte sich die Stadt mit ihren drei bestimmt unterschiedenen Quartieren, mit dem alten Palast des Sultans, einer Art befestigter Kasbah, ihren Häusern aus Backsteinen, welche erst die glühende Sonne hart brennt, und mit ihren im Thale erbohrten artesischen Brunnen, an denen der Aeronef seinen Wasservorrath hätte erneuern können. Dank seiner außerordentlichen Schnelligkeit aber füllte das im Thale von Kaschmir aus dem Hydaspis geschöpfte Wasser noch immer die Vorrathstonnen, selbst in den Wüsten von Afrika, an.
    Der »Albatros« wurde von den Arabern, den Mozabiten und den Negern welche sich in die Oasen von Uargla theilen, unzweifelhaft bemerkt, denn es begrüßten ihn von hier aus Hunderte von Gewehrschüssen, ohne daß die Kugeln ihn hätten erreichen können.
    Dann kam die Nacht, die grabesstille Wüstennacht, deren Geheimnisse Felicien David so hochpoetisch geschildert hat.
    Während der folgenden Stunden kehrte man wieder nach Südwesten zurück und kreuzte die Straßen von El Golea, deren eine im Jahre 1859 durch den unerschrockenen Duveyrier entdeckt worden war.
    Rings herrschte tiefe Finsterniß. Nichts war zu sehen von der nach den Plänen Duponchel’s zu erbauenden Sahara-Bahn, dem langen Eisenbande, das Algier mit Timbuktu über Leghuat und Gardaia verknüpfen und später bis zum Golf von Guinea fortgesetzt werden soll.
    Der »Albatros« gelangte nun in die äquatorialen Gebiete jenseits des Wendekreises des Krebses. Tausend Kilometer von der Nordgrenze der Sahara überschritt er die Straße, wo der Major Loiny 1846 den Tod fand; er kreuzte den Weg der Carawane von Marokko nach dem Sudan, und über dem Theile der Wüste, in dem die Tuarys hausen, hörte er, was man den »Gesang des Sandes« zu nennen pflegt, ein sanftes, klagendes Murmeln, das dem Erdboden zu entsteigen scheint.
    Nur ein einziger Zwischenfall ereignete sich hier; eine Wolke von Heuschrecken zog in großer Höhe daher und aus derselben fiel nun eine so große Menge an Bord, daß das Luftschiff davon unterzugehen drohte. Die Mannschaft beeilte sich jedoch, die unerwünschte Last wieder abzuwerfen, bis auf mehrere hundert Stück, welche François Tapage für sich in Anspruch nahm. Er richtete dieselben auf so ausgezeichnet schmackhafte Weise zu, daß Frycollin darüber sogar einmal seine eigene Angst vergaß.
    »Das schmeckt so gut, wie die besten Krabben!« sagte er.
    Man befand sich jetzt tausendachthundert Kilometer von der Oase Uargla entfernt, fast auf der Nordgrenze des ungeheuren Königreichs Sudan.
    Gegen zwei Uhr Nachmittags wurde auch am Knie eines großen Stromes eine Stadt sichtbar. Dieser Strom war der Niger – die Stadt war Timbuktu.
    Wenn dieses afrikanische Mekka bisher nur von kühnen Reisenden der Alten Welt, von einem Batouta, Khazan, Imbert, Mungo-Park, Adams, Loiny, Laillé, Barth, Lenz und Anderen besucht worden war, so konnten von heute ab, und zwar Dank den Zufälligkeiten eines Abenteuers ohne Gleichen, auch Amerikaner
de visu, de auditu
und obendrein
de olfactu
davon bei ihrer Heimkehr nach Amerika reden – wenn sie überhaupt einmal dahin zurückgelangten.
    De visu
, weil sie alle Ecken des fünf bis sechs Kilometer großen Dreiecks, das die Stadt bildet, übersehen konnten; –
de auditu
, weil an diesem Tage großer Markt abgehalten wurde, bei dem es ohne Heidenlärmen nicht abgeht;
– de olfactu
, weil der Geruchsnerv sehr unangenehm erregt werden mußte durch die Dünste des Yubu-Kamo-Platzes, auf dem sich dicht neben dem alten Palaste der Könige die Fleischverkaufshalle erhebt.
    Jedenfalls glaubte der Ingenieur den Vorsitzenden und den Schriftführer des Weldon-Instituts aufmerksam machen zu sollen, daß es die höchste Zeit sei, sich die Königin des Sudans zu

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