Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
verloren gewesen.
    Jedenfalls schien es aber nicht unmöglich, daß die beiden Collegen sich durch dieses Mittel mit der bewohnten Welt ins Einvernehmen setzen konnten.
    Eben jetzt wurde es jedoch Tag und es schien rathsamer, die Nacht abzuwarten und entweder eine Verminderung der Geschwindigkeit oder einen Halt zu benützen, um das Ruff zu verlassen. Vielleicht konnten sie dann die Reeling erreichen und die kostbare Dose genau über einer Stadt herunterfallen lassen.
    Doch selbst bei dem Zusammentreffen aller günstigen Umstände hätte das Vorhaben nicht gleich zur Ausführung gebracht werden können – wenigstens nicht am heutigen Tage.
    Nachdem der Aeronef nämlich Norwegen in der Höhe des Gusta verlassen, hatte er sich nach Süden zu gewendet und folgte jetzt genau dem französischen Meridian Null, der bekanntlich über Paris verläuft. Er schwebte also über die Nordsee hinweg, nicht ohne an Bord der Tausende von Küstenfahrern, welche zwischen dem Festlande und England verkehren, das größte Aufsehen zu erregen. Fiel die Dose hier nicht gerade auf das Deck eines solchen Schiffes, so hatte sie die gegründete Aussicht, auf Nimmerwiedersehen in der Tiefe zu versinken.
    Onkel Prudent und Phil Evans sahen sich also genöthigt, einen günstigeren Augenblick abzuwarten. Da sollte sich ihnen, wie wir sehen werden, bald eine besonders geeignete Gelegenheit darbieten.
    Gegen zehn Uhr Abends erreichte der »Albatros« die Küste Frankreichs, nahezu in der Höhe von Dunkerque. Die Nacht war ziemlich dunkel. Einen Augenblick konnte man den Leuchtthurm von Gris-Nez seine elektrischen Lichtstrahlen mit denen von Dover kreuzen sehen, die also den Canal in seiner ganzen Breite erhellten. Dann steuerte der »Albatros« über Frankreich hin und hielt sich dabei in einer mittleren Höhe von etwa tausend Metern.
    Seine Geschwindigkeit hatte sich freilich nicht geändert. Wie eine Bombe flog er über Städte, Schlösser und Dörfer hinweg, die so zahlreich in den fruchtbaren Provinzen des nördlichen Frankreichs zerstreut liegen. Es waren das unter dem Meridiane von Paris nach Dunkerque, Doullons, Amiens, Creil, St. Denis…. Immer hielt jener dabei eine gerade Linie ein. So gelangte er gegen Mitternacht über die »Stadt des Lichts«, welche diesen Namen wenigstens verdient, wenn ihre Einwohner schlafen oder doch schlafen sollten.
    Welch’ sonderbare Laune veranlaßte nun den Ingenieur, gerade über der Stadt Paris einmal anzuhalten? Niemand weiß es. Jedenfalls senkte sich hier der »Albatros« so weit, daß er nur wenige hundert Fuß über derselben schwebte. Robur trat aus seiner Cabine hervor und auch die ganze Mannschaft erschien, um lustwandelnd einmal frische Luft zu schöpfen, auf dem Verdeck.
    Onkel Prudent und Phil Evans achteten wohl darauf, die sich jetztbietende ausgezeichnete Gelegenheit nicht vorüber gehen zu lassen. Beide suchten sich, sobald sie aus ihrem Ruff getreten waren, von den Anderen entfernt zu halten, um den rechten Augenblick zur Ausführung ihres Vorhabens auswählen zu können. Auf keinen Fall sollten die Anderen etwas davon merken.
    Einem gigantischen Käfer ähnlich zog der »Albatros« so langsam über die Stadt hin. Er überschritt die Linie der Boulevards, welche durch Edison’sche Lampen in hellem Tageslichte lagen. Das Geräusch der Wagen, welche noch durch die Straßen jagten, und das Rollen der Züge auf den vielen, in Paris zusammentreffenden Bahnlinien drang bis zu ihm hinaus.
    Dann glitt er in der Höhe der höchsten Bauwerke hin, als hätte er die Kugel vom Pantheon oder das Kreuz vom Invalidendom abstreifen wollen. Er steuerte zwischen den beiden Minarets des Trocadero hindurch nach dem eisernen Thurm des Marsfeldes, dessen ungeheurer Reflector die ganze Hauptstadt mit elektrischem Lichte überströmte.
    Diese Luftpromenade, dieses Flaniren in der Nacht, währte etwa eine Stunde. Es glich einer Station in den Lüften vor Fortsetzung der endlosen Reise.
    Der Ingenieur Robur wollte dabei den Parisern offenbar den Anblick eines Meteors bereiten, das ihre Astronomen noch niemals gesehen oder nur geahnt hatten. Die Signallichter des »Albatros« wurden in Function gesetzt. Zwei glänzende Strahlenbündel ergossen sich über die Plätze, die Häuservierecke, Gärten und die sechzigtausend Häuser der Stadt, indem sie ungeheure Lichtmassen von einem Horizont zum anderen schweifen ließen.
    Gewiß – diesmal war der »Albatros« gesehen worden, und nicht allein gesehen, sondern auch

Weitere Kostenlose Bücher