Rolf Torring 002 - Chinesische Raenke
Bananenstrauch zu, der rechts vom Weg in einer Felsspalte seine Wurzeln geschlagen hatte, und hinter ihm wuchsen Bambusen und Farne wie eine grüne Zunge wenigstens hundert Meter den sonst kahlen Vulkankegel hinauf.
„Folgen wir lieber dem Hund", entschied Rolf leise, „sicher ist der Schwarze hier in diesen kleinen Pflanzenhain eingedrungen. Die Chinesen werden dem Pfad gefolgt sein, auf dem sie ihn sicher nicht treffen." Mir war dieser Vorschlag natürlich sehr angenehm, denn so wenig ich mich scheue, einer offenen Gefahr entgegenzutreten, so hielt ich es doch für besser, die unangenehme Felsennase zu vermeiden.
Pinh zog jetzt ungestüm vorwärts, als wir auf den Bananenstrauch zugingen.
„Wir müssen auch hier vorsichtig sein", flüsterte Rolf, „denn der Schwarze hat vielleicht Vorkehrungen getroffen, die jeden Menschen hindern sollen, ihm zu folgen. Denk an die Fallgrube, aus der du mich und unseren Hund herausholen mußtest.
Deshalb heißt es für uns, jeden Schritt des Bodens zu prüfen und außerdem genau auf die Zweige und Bäume zu achten, denn die Wilden haben oft eigentümliche Vorrichtungen, die wir Europäer kaum kennen. Ich denke nur an vergiftete Dornenzweige, die plötzlich vorschnellen, oder an Bäume, die den Vorbeischreitenden hinterrücks beim jähen Umstürzen erdrücken. Auch sind Schlingen aus zähen Ranken mitunter beliebt. Also, es heißt jetzt die Augen offenhalten."
Einen Augenblick überlegte ich, welcher Weg wohl angenehmer sei, denn mit derartigen Scherzen hätte ich nie gerechnet. Und vielleicht war dann ein Mensch, auch wenn er heimtückisch aus dem Hinterhalt kam, doch noch harmloser als solche Dinge, die Rolf erwähnt hatte. Aber mein Freund war schon einige Schritte in das dichte Gebüsch eingedrungen, und so mußte ich wohl oder übel folgen. Als wir das Bananengebüsch durchquert hatten, stießen wir auf einen schmalen, kaum sichtbaren Pfad, der erst in den letzten Tagen getreten sein konnte. Er stieg erst etwa zwanzig Meter den Berg hinauf, machte dann aber einen Knick und lief parallel mit dem unteren Felsenpfad der scharfen Biegung entgegen. Und stets waren wir durch Büsche oder Felsblöcke gegen Sicht von unten geschützt.
Als wir den scharfen, vorspringenden Grat des Berges umschritten hatten, nahm uns ein wunderbares Bild gefangen. Kaum zwanzig Meter unter uns glänzte die grünblaue Wasserfläche eines fast kreisrunden Kratersees, der einen Durchmesser von nahezu einem Kilometer hatte. Ganz deutlich konnten wir sehen, wie die Ufer trichterförmig abfielen, bis geheimnisvolle schwarze Tiefe dem Auge ein Ziel setzte.
Der untere Pfad mußte direkt neben dem See entlanglaufen. Wir mußten auf dem oberen Pfad wohl ein beträchtliches Stück abgeschnitten haben, vielleicht waren auch Fu Dan und seine Begleiter sehr langsam und vorsichtig vor geschritten, wenigstens hörten wir plötzlich einen halblauten Ausruf, fast unter unseren Füßen. Sofort legten wir uns lang auf den Boden und krochen an den Rand des weit vorspringenden Felsens vor. Direkt unter uns lief der Felsenpfad, auf dem die Chinesen weiter geschritten waren, dicht am Rand des Kratersees entlang. Jetzt konnten wir auch sehen, daß der See sehr fischreich war, denn an den steil abfallenden Ufern wimmelten ganze Schwärme seltsamer Fische. Wie mochten sie hier in tausend Meter Höhe hinaufgekommen sein? Es war wohl ein früherer, jetzt mit Wasser gefüllter Nebenkrater des Sejawa, denn dieser erhob sein Haupt rechts neben dem See noch siebenhundert Meter höher. Schwache, bläuliche Wolken umflatterten die Höhe und gaben Zeugnis von der Katastrophe, die sich im Innern des Berges ereignet hatte.
Da erklang wieder eine menschliche Stimme, und als wir nach links blickten, sahen wir die Chinesen und den kleinen Malaienboy, die gerade um die Biegung des Felsens herumkamen. Sie schienen sich also wirklich sehr viel Zeit genommen zu haben, was auch sehr erklärlich durch ihre Furcht vor dem Riesen und uns war. Jetzt schritten die beiden Chinesen voran, die uns durch ihr abschreckendes Äußeres, durch die Brutalität ihrer Gesichter aufgefallen waren. Der kleine Tomo hielt sich am Schluß des Zuges, drängte sich jetzt aber an einer breiteren Stelle des Weges an dem vor ihm schreitenden Fu Dan vorbei und ging hinter den beiden Chinesen mit den abstoßenden Gesichtern. Dem kleinen Boy mochte es unheimlich sein, als letzter im Zug zu schreiten. Das schien auch Fu Dan zu empfinden, denn er rief ihm ziemlich
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