Rolf Torring 007 - Der Tiger von Singapore
können oder nicht."
„Hm, aber bitte lachen Sie mich nicht aus, meine Herren, denn das, was ich Ihnen erzähle, klingt vielleicht ein bißchen unglaubwürdig. Barringtons Vorgesetzter hält meinen Freund für einen Narren, weil Barrington einen bestimmten Verdacht hat. Es handelt sich nämlich um -den ,Tiger von Singapore'." „Worum?" erkundigte sich Rolf erstaunt. Der Lord lachte.
„Sie haben schon richtig verstanden, Mister Torring, ich sagte um den Tiger von Singapore. Nun lassen Sie sich alles erzählen! Haben Sie schon von ihm gehört?" Wir mußten das verneinen. Darauf fuhr der Lord fort: „Hier in Singapore existiert eine Bande, die alle möglichen Schandtaten begeht, in der Hauptsache handelt es sich um Schmuggel. Viele Mitglieder dieser Bande wurden schon gefaßt, aber noch keiner von ihnen hat verraten, wer das Oberhaupt dieser weitverzweigten Organisation ist. Ich nehme nämlich an, daß sich die Bande auch mit dem Vertrieb von Rauschgiften wie Opium, Kokain und dergleichen beschäftigt.
Kommissar Barrington, der im Geheimdienst der Polizei arbeitet, hat nun ermittelt, daß das Oberhaupt dieser Bande tatsächlich in Singapore sitzt. Der Mann wird Ti tai genannt, was, richtig übersetzt, General heißt. Dieser General oder, wie ich ihn bezeichnen will, Ti tai hat eine große Macht. Die Chinesen, die uns beim Schmuggel und bei Diebstählen in die Hände fielen, würden sich lieber zu Tode prügeln lassen, was natürlich nie geschehen ist, als daß sie Ti tai verrieten. Sie behaupten stets, diesen Namen nie gehört zu haben. Und doch ist Barrington dahintergekommen, daß dieser Ti tai auch ,der Tiger von Singapore' genannt wird. Barrington hat überall seine Agenten, die ruhig ihren Berufen nachgehen, dabei aber die Augen offenhalten.
Seit Monaten schon bemüht sich Barrington nun, diesen ,Tiger von Singapore' zu fangen. Seine Vorgesetzten wurden schon ärgerlich, daß ihm das nicht gelingt. Er wäre längst seines Postens enthoben worden, wenn er nicht zwischendurch seine außergewöhnliche Tüchtigkeit bewiesen hätte, jedoch stets in anderen Fällen, mit denen Ti tai nichts zu tun hatte. Aber an diesen Mann kommt er nicht heran, er kann es anfangen, wie er will. Vorgestern abend saß er mir hier gegenüber und klagte mir sein Leid. Dabei sprachen wir auch von Ihnen, meine Herren. Barrington äußerte gleichfalls den Wunsch, daß Sie hier sein möchten. Er war derart niedergeschlagen, daß ich ihm tüchtig zureden mußte. Er wollte schon seinen Posten aufgeben.
Das war, wie gesagt, vorgestern. Gestern abend wollte er mich wieder besuchen, um mich über seine Unternehmungen zu unterrichten. Aber seit vorgestern Nacht fehlt jede Spur von ihm. Barrington ist wie vom Erdboden verschwunden. Seit er dieses Haus verließ, hat ihn kein Mensch mehr gesehen. An seinem Verschwinden trägt sicherlich Ti tai die Schuld."
Lord Abednego schwieg und blickte gedankenverloren über die Brüstung der Veranda in den Vorgarten.
„Wissen Sie, was Barrington in der Nacht vorhatte, Lord?" forschte Rolf. „Wollte er von hier aus nach Hause gehen, oder beabsichtigte er noch etwas zu unternehmen?" „Er berichtete mir von seinen Plänen. Er hatte die Absicht, während der Nacht das Chinesenviertel aufzusuchen. Er kennt dort ein Haus, in dem sich eine Teestube befindet. Dieses Haus kam ihm schon immer verdächtig vor. Er wollte auch in dieser Nacht die Teestube aufsuchen und dort vorsichtig Erkundigungen einziehen. Ich riet ihm davon ab, aber er wollte nicht hören. Schließlich, als er sah, daß ich mir seinetwegen Sorgen machte, gab er scheinbar nach. Aber heute bin ich fest davon überzeugt, daß er seine Absicht doch ausführte und das Chinesenviertel aufsuchte."
„Hat die Polizei davon Kenntnis, Lord?" „Natürlich, ich habe alles angegeben. Die Polizei forschte auch in jenem Haus nach, aber, wie zu erwarten war, vergeblich. Diese Chinesenstadt ist ja ein richtiger Fuchsbau. Die Häuser sind untereinander durch geheime Gänge verbunden, was schon oft bewiesen wurde. Der Chinese liebt nun einmal das Geheimnisvolle, er fühlt sich stets sicher, wenn er einen Gang kennt, durch den er notfalls schnell verschwinden kann. Damit will ich natürlich nicht sagen, daß alle Chinesen so sind, es gibt unter ihnen auch hochstehende, sehr geachtete, die in Singapore kleine Paläste bewohnen. Aber wer in dem Chinesenviertel haust, dem ist nicht zu trauen. Wie viele weiße Männer und hauptsächlich weiße Frauen verschwanden
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