Rolf Torring 008 - Das Auge Buddhas
jedoch vor dem Inder, den ich gesehen hatte, und händigte ihm meine Taschenlampe aus, damit Pongo sich schnell zurechtfinden konnte.
Kurze Zeit darauf hörten wir den Schlüssel im Schloß knacken, dann sprang die Tür auf.
Rolf und ich gingen ins Haus hinein. Wir öffneten die Tür zum Schlafzimmer Barringtons, dann betraten wir auch dessen Herrenzimmer. Ebenso durchsuchten wir die anderen Räume. Sie waren alle leer, kein Mensch hielt sich hier auf.
Nun verschlossen wir die Hintertür, schoben auch noch den festen Riegel vor und nahmen auf der Veranda Platz. Es war kurz vor Mitternacht.
„Willst du hier untätig sitzenbleiben, Rolf?" fragte ich leise, als mein Freund keine Anstalten traf, weiter nach Barrington zu suchen.
„Wir müssen abwarten, lieber Hans. Noch wissen wir nicht, was geschehen ist. Hast du ganz die .Geisterstimme' vergessen? Das Lachen hörten wir schon." Ja, an das ironische Lachen hatte ich infolge der Aufregungen nicht mehr gedacht.
„Was war das nur, Rolf, woher kam das Lachen?" fragte ich verwundert. „Niemand befand sich außer uns im Raum."
„Eine nette Einrichtung, lieber Hans. Wir werden in einigen Minuten wieder das Zimmer aufsuchen, vielleicht meldet sich dann der ,Geist' noch einmal. Ich möchte mit ihm sprechen."
„Mit ihm sprechen?" Ich blickte Rolf an, als zweifelte ich an seinem Verstande. Hatte der Schlag derart gewirkt, daß er -
„Ja, lieber Hans, ich denke, daß wir mit ihm reden können. Du brauchst nicht zu denken, daß ich irre rede, ich weiß, was hier gespielt wird. Ich habe doch mit der Polizei telefoniert und Erkundigungen eingezogen. Ich fragte nach dem Vorbesitzer dieses Bungalows. Es ist ein Mann namens Fred Korten. Seinen Beruf kennt niemand, doch wurde mir mitgeteilt, daß er ein Sammler gewesen sei und viel mit Edelsteinen gehandelt habe. Kannst du dir ein Bild machen?"
„Du meinst das ,Auge Buddhas', Rolf?" „Natürlich. Der Mann, der das ,Auge Buddhas' dem Kommissar zur Aufbewahrung übergab, war meiner Ansicht nach Fred Korten, der Edelsteinhändler." „Dann verstehe ich aber nicht, warum er diesen kostbaren Diamanten so sorglos auf den Tisch der Veranda legte, um ihn Barrington zu übergeben? Das ist mir ein Rätsel."
Rolf lachte leise.
3. Kapitel Die Stimme des »Geistes«
Ohne mir eine weitere Antwort zu geben, erhob sich mein Freund und winkte mir, ihm zu folgen. Die Uhr zeigte jetzt gerade die Mitternachtsstunde an. Wir betraten das Schlafzimmer Barringtons. Nachdem wir uns überzeugt hatten, daß sich hier inzwischen niemand eingeschlichen hatte, verriegelten wir die Tür, nahmen in den bequemen Korbsesseln Platz und löschten dann die Taschenlampen.
Pongo war draußen auf der Veranda geblieben. Er sollte dafür sorgen, daß niemand das Haus betrat, weder durch die Vorder- noch durch die Hintertür. Geduldig warteten wir. Eine Viertelstunde verging. Da vernahm ich plötzlich ein vertrautes Knacken. Ich konnte jedoch im Augenblick nicht angeben, weshalb mir der Klang bekannt vorkam. Ich wurde auch sofort abgelenkt. Wieder ertönte das leise ironische Lachen, dann sagte eine dumpfe Stimme:
„Barrington, die Zeit ist abgelaufen. Haben Sie das ,Auge Buddhas' mitgebracht?"
Mir lief ein leichter Schauer den Rücken hinunter. Die Stimme klang wirklich sehr unheimlich, und Barrington hatte recht, wenn er behauptete, sie erwecke den Eindruck, als käme sie „aus dem Grabe".
„Ja, ich habe den Stein hier in der Tasche", erwiderte Rolf, die Stimme Barringtons nachahmend. Einen Augenblick Stille, dann wieder die Stimme: „Wer spricht da? Das ist nicht die Stimme Barringtons. Wer sind Sie?"
„Fred Korten, warum treiben Sie diese Komödie? Sie wissen nicht, was vorgefallen ist. Die Priester waren hier, und Barrington ist verschwunden", erwiderte mein Freund ernst.
Wieder unheimliche Stille. Erst nach geraumer Zeit fragte die Stimme erneut:
„Ist das wahr, was Sie sagen? Wer sind Sie?" „Freunde Barringtons. Sie drohten ihm, ihn heute zu töten, wenn er den Edelstein nicht herausgäbe. Ich nehme an, daß Sie das nur getan haben, um den Stein zurückzuerhalten. Da aber Barrington verschwunden ist, fällt jetzt auf Sie der Verdacht, ihn getötet zu haben. Morgen wird die Polizei nach Ihnen suchen, Fred Korten." „Ich - ich habe wirklich nur gedroht", klang die Stimme zaghaft. Sie hatte jetzt einen ganz anderen Ton, deutlich hörte ich die Angst heraus.
„Kommen Sie zu uns, wir wollen uns auf der Veranda treffen, Korten.
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