Rolf Torring 047 ~ Unter Hereros
Sie entschwanden bald meinen Blicken. Ich nehme an, daß sie auf dem Marsch in ihre Heimat, das Damara-Land, sind."
„Das ist interessant, ich danke Ihnen vielmals für diese wichtige Nachricht," sagte Rolf freundlich. Also eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit? Dann haben sie ja etwa zwei Stunden Vorsprung. Sie werden wohl den Weg über Otue nehmen, das liegt hundertfünfzig Kilometer entfernt."
„Ja," bestätigte der Sergeant, „dort müssen sie vorüber. Dann kommen sie über den Oas-Fluß, gehen bei Lehmwater vorbei, müssen den Nosob-Fluß passieren und werden wohl südlich vom Auas-Gebirge in ihr Land stoßen. Wollen Sie die Leute unbedingt einholen?"
„Selbstverständlich," sagte Rolf bestimmt, „wir sind von den Zoutpansbergen hinter ihnen her. Na, jetzt hoffe ich, sie noch vor Otue einholen und ihnen die Statue wieder abnehmen zu können. Ich überlege mir nur, ob wir über Nacht hier bleiben oder ihnen sofort nachgehen."
„Bleiben Sie bis zum Morgen hier," rief der Sergeant, „Sie müssen doch sicher auch neuen Proviant haben! Hundert Kilometer haben Sie noch Sandwüste vor sich, dann beginnt erst die Steppe. Wie steht es mit Ihren Wasserschläuchen? Haben Sie keine?"
„Die sind uns schon in Schoschong angebohrt worden," sagte Rolf, „wir sind dadurch oft in schwerste Gefahr gekommen. Natürlich müssen wir jetzt neue haben."
„Unbedingt, Sie haben nämlich nur zwei Wasserstellen auf dem Marsch bis Otue. Und die erste ist so spärlich, daß Sie kein Wasser vorfinden werden, wenn die Hereros vorher an sie gelangen. Deshalb müssen Sie auch möglichst große Schläuche mitnehmen, die ungefähr siebenzig Kilometer, also wenigstens zwei Tage ausreichen. Wollen Sie jetzt gleich Proviant und die Schläuche besorgen? Ich würde dann gern mitkommen, da ich gleich abgelöst werde."
„Sehr liebenswürdig, Herr Thomson," rief Rolf erfreut, „ich nehme Ihr Angebot gern an. Sie meinen also, daß wir lieber über Nacht hier bleiben sollen?"
Thomson wurde etwas verlegen. Ja," sagte er dann zögernd, „das hat seinen Grund. Es ist eigentlich nicht richtig, daß ich ihnen unsere Schwäche erzähle, aber es ist nachts in der Umgebung unserer Stadt nicht recht geheuer. Es treibt sich irgendein unheimliches Wesen hier herum, das schon viele Menschen getötet hat."
Wir blickten den Sergeanten erstaunt an, dann sprach Rolf:
„Das müssen Sie uns erzählen, Herr Thomson, das ist für uns sehr interessant."
2. Kapitel. Der Nachtspuk
„Wir nennen das Wesen allgemein nur den Nachtspuk," berichtete Thomson zögernd, „wir wissen wirklich nicht, um welches Tier es sich handeln kann. Oder kennen Sie ein afrikanisches Tier, das aufrecht auf den Hinterbeinen geht?"
„Nein," sagte Rolf, „das habe ich allerdings noch nie gehört. Wieso, haben Sie Spuren gefunden, die darauf hindeuten?"
„Die Spuren, die wir an manchen Tagen gefunden haben, zeigen eine mächtige Raubtierfährte, aber nicht wie bei den Löwen mit zurückgezogenen Krallen, sondern diese sind tief eingedrückt. Und eines der Opfer, das mit dem Leben davonkam, hat dieses Untier aufrecht laufen gesehen."
„Raubtierspuren mit sichtbaren Krallen weisen auf einen Bären hin," meinte Rolf verwundert, „aber hier unten gibt es keine. Haben Sie diese Spuren selbst gesehen, Herr Thomson?"
„Jawohl, Herr Torring, und ich muß sagen, daß sie tatsächlich wie mächtige Bärenpranken aussahen. Ich weiß natürlich auch, daß es diese Tiere hier nicht gibt, aber die Abdrucke! Außerdem haben die zahlreichen Opfer dieses Ungeheuers stets Verletzungen davongetragen, die nur von einer Raubtierpranke stammen können.
"Das ist allerdings merkwürdig," meinte Rolf. „Also ein Mensch ist mit dem Leben davongekommen? Ist es ein glaubwürdiger Mann, der wirklich gesehen hat, daß dieses Untier aufrecht ging?"
„Wir werden gleich bei ihm sein," sagte Thomson, „es ist der Besitzer des Magazins, in dem Sie alle notwendigen Sachen kaufen können. Er ist vor sechs Wochen überfallen worden, als er nach Einbruch der Dunkelheit verspätet von einem Spaziergang außerhalb der Stadt zurückkam."
„Seit wann ist denn die Bestie aufgetaucht?" erkundigte sich Rolf gespannt.
„Seit einem halben Jahr. Es fing ganz plötzlich an, aber es folgte Opfer auf Opfer. Merkwürdigerweise waren es allerdings nur reiche Männer, die dem Untier
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