Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Kapitel 1
Q uentin ritt eine Grauschimmelstute mit weißen Fesseln namens Wildfang. Er trug schwarze Lederstiefel mit Kniestulpen, bunte Beinkleider und einen marineblauen Mantel, der üppig mit Staubperlen und Silberfäden bestickt war. Seinen Kopf schmückte eine schmale Platinkrone, und gegen sein Bein schlug ein glänzendes Schwert – kein Zeremonienschwert, sondern eine echte Waffe, tauglich für den Kampf. Quentin besaß alle Attribute, die ihn als König von Fillory kennzeichneten. Es war ein warmer, aber bedeckter Morgen in den letzten Augusttagen, und Quentin war auf der Jagd nach einem magischen Kaninchen.
An Quentins Seite ritt eine Königin: Julia. Ihnen voraus ritten eine weitere Königin und ein weiterer König, Janet und Eliot – das Land Fillory zählte insgesamt vier Herrscher. Sie folgten einem erhöht angelegten Waldweg, übersät mit gelben Blättern, die so dekorativ verteilt lagen, als hätte ein Florist sie abgeschnitten und arrangiert. Die Reiter bewegten sich, schweigend und langsam, gemeinsam fort, aber jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Vor ihnen lagen die grünen Tiefen des Spätsommerwaldes.
Es war ein angenehmes Schweigen. Alles war angenehm. Schwierigkeiten gab es nicht. Der Traum war Wirklichkeit geworden.
»Halt!«, rief Eliot, der an der Spitze ritt.
Sie parierten die Pferde durch. Quentins Stute hielt jedoch nicht wie die anderen an, sondern tänzelte aus der Reihe und halb den Weg hinunter, bis es Quentin gelang, das Pferd für einen Moment zum Stehen zu bringen. Zwei Jahre König in Fillory, und er war immer noch ein lausiger Reiter.
»Was ist los?«, rief er.
Schweigend warteten sie ab. Sie hatten keine Eile. Wildfang schnaubte einmal in die Stille hinein: hochmütige Pferdeverachtung für das menschliche Vorhaben, welches es auch immer sein mochte.
»Ich dachte, ich hätte etwas gesehen.«
»Ich frage mich allmählich«, sagte Quentin, »ob wir ein Karnickel überhaupt aufspüren können.«
»Es ist ein Hase«, erwiderte Eliot.
»Ist doch egal.«
»Nein, ist es nicht. Hasen sind größer und leben nicht in Bauten, sondern graben Mulden im offenen Feld.«
»Nicht schon wieder!«, stöhnten Julia und Janet im Chor.
»Meine eigentliche Frage ist«, fuhr Quentin fort, »wenn dieses Karnickelvieh tatsächlich die Zukunft voraussehen kann, weiß es dann nicht, dass wir es fangen wollen?«
»Die Zukunft kann es sehen«, erwiderte Julia hinter ihm leise. »Aber es kann sie nicht verändern. Habt ihr drei euch in Brakebills auch ständig gestritten?«
Sie trug ein beerdigungsschwarzes Reitkleid und einen ebenfalls schwarzen Kapuzenumhang. Sie trug stets Schwarz, als sei sie in Trauer, obwohl Quentin niemand einfiel, um den sie hätte trauern können. Ganz nebenbei, als rufe sie einen Kellner, lockte Julia einen winzigen Singvogel auf ihr Handgelenk und hob ihn ans Ohr. Er zwitscherte und gurrte etwas, und auf ihr Nicken hin flog er wieder davon.
Niemand außer Quentin schien es zu bemerken. Julia tauschte ständig kleine Geheimnisse mit den sprechenden Tieren aus. Es war, als funke sie auf einer anderen Frequenz als er und die anderen.
»Du hättest uns Jollyby mitnehmen lassen sollen«, bemerkte Janet. Sie gähnte und hielt sich den Handrücken vor den Mund. Jollyby war Jagdmeister auf Schloss Whitespire, wo sie alle wohnten. Normalerweise leitete er solche Exkursionen.
»Jollyby ist großartig«, antwortete Quentin, »aber nicht mal er könnte einen Hasen im Wald aufspüren. Ohne Hunde. Wenn kein Schnee liegt.«
»Kann sein, aber Jollyby hat so tolle Wadenmuskeln. Ein hübscher Anblick. Er trägt solche Männerstrumpfhosen.«
»Ich trage auch Männerstrumpfhosen«, warf Quentin gespielt beleidigt ein. Eliot schnaubte.
»Ich wette, er ist sowieso hier irgendwo in der Nähe.« Eliot spähte noch immer zwischen den Bäumen hindurch. »In diskreter Entfernung und so weiter. Nichts kann diesen Mann von einem königlichen Jagdausflug fernhalten.«
»Pass auf, was du jagst«, bemerkte Julia, »du musst es auch fangen.«
Janet und Eliot sahen sich an: eine weitere rätselhafte Weisheit von Julia. Sogar Quentin runzelte die Stirn. Julia hatte ihre eigene Logik.
Quentin war nicht immer ein König gewesen, weder in Fillory noch sonst wo. Keiner von ihnen war königlichen Blutes. Quentin war als normaler Nichtzauberer völlig unaristokratisch in Brooklyn aufgewachsen, in einer Umgebung, die er trotz allem bis heute als die normale Welt betrachtete. Er hatte
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