Rolf Torring 047 ~ Unter Hereros
wenn er die fünf im Zimmer ebenfalls getötet hat."
„Ja, das kann nur er gewesen sein," sagte Higgins ernst. „Ihnen ist die Kehle durchschnitten. Ganz entsetzlich!"
Wir betraten das Zimmer, während die beiden Polizisten auf dem Hof zurückblieben. Die fünf Hereros sahen gräßlich aus mit den furchtbaren, klaffenden Wunden und den verzerrten Gesichtern.
„Das wird dem Kaffern den Strick einbringen," sagte Higgins ruhig. „Wenn Sie nachher Ihre Erlebnisse zu Protokoll bringen, wird der Richter schnell mit dem Urteilsspruch fertig sein. Auch das Mädchen wird wohl daran glauben müssen, sie hat ihn ja sicher angestiftet."
Rolf nickte nur, er ließ seine Augen aufmerksam durch das Zimmer schweifen, dann bückte er sich und zog unter einer der primitiven Lagerstätten einen kleinen, in Lumpen gehüllten Gegenstand hervor.
„Um diese Statue sind die Verbrechen verübt worden," sagte er ernst und schlug die Umhüllung zur Seite. Ich konnte wohl begreifen, daß der Sergeant beim Anblick der Statue einen Ruf des Erstaunens ausstieß. Wir selbst sahen sie ja auch zum ersten Mal in der Nähe, und ich war fast geblendet von den Strahlen, die von den wunderbaren Edelsteinen zurückgeworfen wurden.
„Das ist allerdings etwas Wunderbares," sagte Higgins endlich mit gepreßter Stimme; „jetzt kann ich wohl begreifen, daß ein rücksichtsloser Verbrecher-Charakter über Leichen schreitet, um diese Kostbarkeit zu gewinnen."
„Ja," nickte Rolf, „gefährlich ist dieser Besitz schon. Aber er ist uns geschenkt worden, und jetzt behalte ich ihn auch. In Swakopmund werde ich ihn aufbewahren lassen, bis ich Gelegenheit habe, ihn in die Heimat zu transportieren."
„Dann lassen Sie die Statue doch mit dem nächsten Dampfer an die Bank von England schicken," rief der Sergeant, „dort ist sie am sichersten!"
„Ja, das ist richtig, das werde ich tun. So, die Jagd ist jetzt beendet," schloß Rolf; „nun wollen wir alles, was wir erlebt haben, zu Protokoll geben, danach können wir ja morgen weitergehen. Ich möchte möglichst bald an die Küste, denn Afrika hat uns eine solche Fülle von Abenteuern beschert, daß es fast zuviel geworden ist."
„Gut, Herr Torring, dann wollen wir in mein Büro gehen," nickte der Sergeant. „Die beiden Gefangenen kommen sofort in die festesten Zellen unseres Gefängnisses."
Joe Rändle hatte sich schon beruhigt. Als sie von dem Polizisten an uns vorbeigeführt wurde, hob sie die Lider und warf uns aus ihren schönen Augen einen haßerfüllten Blick zu. Dann sah man aber ein spöttisches, grausames Lächeln, sie preßte schnell die Lippen zusammen und ging weiter.
„Haben Sie es bemerkt?" fragte Rolf; „ich würde sehr acht auf sie geben lassen."
„Keine Sorge," lachte der Sergeant, „sie kann nichts mehr unternehmen. In unserem Gefängnis ist sie sicher."
„Nun, wir wollen es hoffen."
Das Protokoll war schnell geschrieben und von uns unterzeichnet. Wir lernten noch den Richter der kleinen Stadt kennen, der uns zusicherte, daß die beiden Gefangenen schnellstens abgeurteilt würden.
Rolf schlug vor, daß wir erst am nächsten Tage weitergehen und uns zunächst einmal gründlich ausruhen sollten. So nahmen wir in einem sauberen, kleinen Gasthaus Quartier, aßen seit langer Zeit wieder einmal an einem Tisch und legten uns abends mit wohligem Gefühl in regelrechte Betten.
Vielleicht wäre ich nicht mit so angenehmen Gedanken eingeschlafen, wenn ich unsere weiteren Abenteuer, die sich immer noch um die kostbare Statue bewegen sollten, nur geahnt hätte.
Im nächsten Band habe ich beschrieben, wie Joe Rändle ihr Geschick wandelte.
Band 48 :
„Jim Randle, der Räuber."
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