Rolf Torring 069 - Opium
stärker, je weiter wir vorwärtskamen. Auch der Lichtpunkt wurde heller und größer. Die regelmäßigen Bewegungen des Wassers gingen in kleine Wellen über. Endlich, als wir eine Biegung des Tunnels passiert hatten, befanden wir uns in einer Felsengrotte, aus der ein zackiger, zerrissener Spalt ins Freie führte.
Wir schwammen hinaus und befanden uns im Meer, das hier sanft gegen eine vorspringende Felsgruppe rollte. Wir wandten uns nach rechts, da wir nach Norden wollten, um Neu-Goa zu erreichen.
Die Felsengruppe war höchstens fünfzig Meter breit. Als wir ihr nördliches Ende erreicht hatten, gewahrten wir rechter Hand in kurzer Entfernung den Strand, dem wir schnell zustrebten.
Wir atmeten auf, als wir Grund unter den Füßen fühlten, und wateten dem warmen, weißen Strande zu.
„So," sagte Rolf auflachend, „das war nicht gerade angenehm! Ich hätte nie geglaubt, daß wir einmal durch Ratten in eine ernsthafte Gefahr kämen. Die Streifenruderschlange hat das Maß voll gemacht. Die Leute in der alten Stadt haben sie bestimmt hinabgeworfen, sonst hätte sie mich schon angegriffen, als ich in den Tunnel hineinschwamm. Mit den Bewohnern Alt-Goas scheint man nicht in Frieden leben zu können."
„Wir wollen dem Residenten Mitteilung machen," schlug ich vor, „und die Durchsuchung der Gebäude durch Militär oder Polizei veranlassen. Die niederträchtigen, hinterlistigen Angriffe auf uns müssen unbedingt gerächt werden."
„Das sollen sie," sagte Rolf grimmig, „nur werden wir es selbst besorgen, denn mit Militär oder Polizei werden wir nichts ausrichten."
„Du willst noch einmal in die alte Stadt zurück und dich vielleicht noch größeren Gefahren aussetzen?" rief ich erstaunt.
„Natürlich," nickte Rolf, „und wie ich dich kenne, wirst du mich begleiten. Wir werden sogar wieder in das kleine Haus eindringen, in dem sich die famose Falle befindet. Nur werden wir diesmal geeignete Vorsichtsmaßregeln ergreifen. Ich habe mir nun einmal in den Kopf gesetzt, das Geheimnis Alt-Goas zu ergründen. Davon wird mich nichts abhalten."
„Na ja," meinte ich, „dann müssen wir es mit den Ratten und gefährlichen Schlangen noch einmal aufnehmen. Hoffentlich gelingt es uns, ein zweites Mal zu entkommen. Wann denkst du den neuen Versuch zu unternehmen?".
„Heute Nacht. Die Wächter dürfen uns nicht sehen und unser Kommen melden, dann werden wir keine zu große Gefahr laufen. Jetzt wollen wir uns einige Zeit hier in den Schutz der Felsblöcke legen, damit unsere Anzüge trocknen. Es ist nicht notwendig, daß wir beim Betreten Neu-Goas sofort auffallen."
„Richtig," stimmte ich bei, „unser Entkommen werden die Gegner in Alt-Goa schon bemerkt haben. Sie schicken vielleicht Späher aus, die uns beobachten sollen. Sie brauchen nicht zu wissen, daß wir beim Residenten wohnen."
Wir streckten uns vor den Felsblöcken im warmen Sand aus. Die glühenden Sonnenstrahlen trockneten unsere Anzüge bald. Dann gingen wir am Strande weiter und sahen bald die ersten Häuser Neu-Goas auftauchen.
Wir kamen von einer anderen Seite als bisher in die Stadt und stießen zunächst auf ausgedehnte Lagerschuppen, zu denen ein mäßig breiter Kanal führte.
„Ne Lung, Spedition."
In riesigen Buchstaben leuchtete die Inschrift von den weißgetünchten Wänden herab. Ein rühriger, fleißiger Chinese hatte sich hier also ein bedeutendes Handelsunternehmen geschaffen. Zwei große Leichter wurden gerade von halbnackten Arbeitern entladen. Die Arbeiter, die große, verschnürte Ballen trugen, waren teils Chinesen, teils Inder; auch einige Neger waren darunter.
Wir mußten die Straße entlanggehen, die vom Meer wegführte, Dadurch kamen wir vorn an den Lagerschuppen vorbei und auch an einem sauberen kleinen Haus, über dem die gleiche Firmeninschrift prangte.
In dem Haus mußten wohl die Büroräume liegen, denn wir sahen die Köpfe einiger Chinesen, die über Tische gebeugt waren. Vor der Tür des Hauses stand ein großer Chinese, der mit einem weißen Khaki-Anzug bekleidet war.
Er musterte uns flüchtig, dann wandte er den Blick gleichgültig wieder geradeaus, wie er es vorher getan hatte. Ich hielt ihn für den Inhaber der Firma und betrachtete sein kluges Gesicht. Wenn er nicht die geschlitzten Augen gehabt hätte, würde ich ihn kaum für einen Chinesen gehalten haben, denn er hatte weder die typischen
Weitere Kostenlose Bücher