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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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kam Susanne bestens zurecht, zumindest in den Fächern, die sie interessierten. Aber damit hatte es sich auch schon. Ihre Leistungen glänzten auf die gleiche Weise wie ein Diamant: scharf und kühl.
    »Hast du es wieder… getan? Muß ich dich an dein Versprechen erinnern, endlich damit aufzuhören?«
    »Frau Anstand?«
    »Du bist wieder unsichtbar geworden, stimmt’s?«
    Susanne errötete. Ebenso Frau Anstand, wenn auch nicht ganz so auffällig. Es ist doch lächerlich, dachte sie. Lächerlich und verrückt. Es … O nein…
    Sie drehte den Kopf und schloß die Augen.
    »Ja, Frau Anstand?« fragte Susanne, als Frau Anstand gerade »Susanne« sagen wollte.
    Die Rektorin schauderte. Auch davon hatten die Lehrerinnen gesprochen. Manchmal beantwortete Susanne Fragen, bevor man sie stellte…
    Sie faßte sich wieder.
    »Du sitzt noch immer vor mir, nicht wahr?«
    »Natürlich, Frau Anstand.«
    Lächerlich.
    Eine innere Stimme flüsterte in der Internatsleiterin. Sie wird nicht in dem Sinne unsichtbar, nur unauffällig. Sie…
    Frau Anstand konzentrierte sich. Ihr fiel die Mitteilung ein, an den Aktendeckel geheftet und von ihr selbst verfaßt.
    Sie las:
    Du redest mit Susanne Sto Helit. Vergiß das nicht.
    »Susanne?« fragte sie behutsam.
    »Ja, Frau Anstand?«
    Wenn die Rektorin ihre ganze geistige Kraft für die visuelle Wahrnehmung nutzte, konnte sie Susanne auf dem Stuhl sehen. Wenn sie sich wirklich bemühte, war sie auch in der Lage, die Stimme des Mädchens zu hören. Es kam in erster Linie darauf an, gegen die Überzeugung anzukämpfen, allein zu sein.
    »Frau Lästig und Frau Greggs haben sich beschwert«, sagte sie.
    »Ich bin immer in der Klasse, Frau Anstand.«
    »Das glaube ich gern. Frau Verräter und Frau Stempel bestätigen, daß sie dich die ganze Zeit über sehen.« Darüber hatte es im Lehrerzimmer eine Kontroverse gegeben. »Es liegt daran, daß dir Logik und Mathematik gefallen, nicht wahr? Im Gegensatz zu Sprache und Geschichte.«
    Frau Anstand konzentrierte sich erneut. Das Mädchen konnte den Raum unmöglich verlassen haben. Wenn sie die Ohren spitzte und ganz aufmerksam lauschte… dann glaubte sie fast, eine Stimme zu hören, die flüsterte: »Ich weiß nicht, Frau Anstand.«
    »Susanne, es ist sehr ärgerlich, wenn du…«
    Frau Anstand zögerte. Sie sah sich im Arbeitszimmer um und blickte dann auf die Mitteilung an der Akte. Mit gerunzelter Stirn las sie die Worte, zerknüllte den Zettel und warf ihn in den Papierkorb. Anschließend nahm sie einen Stift, starrte einige Sekunden lang ins Leere und widmete sich dann wieder der Buchführung.
    Nachdem Susanne eine Zeitlang höflich gewartet hatte, stand sie auf und verließ das Zimmer so leise wie möglich.
     
    Gewisse Dinge haben vor anderen Dingen zu geschehen. Götter spielen mit dem Schicksal der Sterblichen. Doch zuerst müssen sie die Figuren aufs Spielbrett stellen und nach den Würfeln suchen.
    In Llamedos, einem kleinen Land in den Bergen, regnete es ständig. Regen war der wichtigste Exportartikel. Es gab dort sogar Regenminen.
    Der Barde namens Imp saß unter einem immergrünen Baum; aus reiner Angewohnheit – er gab sich keineswegs der Hoffnung hin, daß ihn die Pflanze vor dem Regen schützte. Wasser rann durch das Gewirr aus dornigen Blättern und bildete kleine Bäche auf den Zweigen. Eigentlich fungierte der Baum als Regenkonzentrator. Ab und zu klatschten Regen klumpen auf Imps Kopf.
    Er war achtzehn, außerordentlich talentiert und derzeit unzufrieden mit seinem Leben.
    Er drehte die Harfe – seine herrliche, neue Harfe – und beobachtete den Regen. Tränen rannen ihm über die Wangen und vereinten sich mit der allgegenwärtigen Nässe.
    Götter mögen solche Leute.
    Es heißt, wenn die Götter jemanden vernichten wollen, schicken sie ihm zunächst Wahnsinn. Das stimmt nicht ganz. Wenn die Götter wirklich jemanden vernichten wollen, dann geben sie dem Betreffenden das Äquivalent einer Sprengstoffstange, auf der »Dynamit« geschrieben steht und deren Zündschnur brennt. Das ist viel interessanter und geht schneller.
     
    Susanne schlurfte durch den nach Desinfektionsmittel riechenden Flur. Frau Anstands Gedanken und Überlegungen kümmerten sie kaum. Eigentlich machte sie sich nie Sorgen über das, was andere dachten. Sie wußte nicht, warum die Leute sie einfach vergaßen, wenn sie es wollte; nachher waren die Betreffenden immer zu verlegen, um sie darauf anzusprechen.
    Gelegentlich fiel es den Lehrerinnen schwer, sie

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