Romana Exklusiv 0172
diesen Schund sowieso nicht lesen.“
Die Anspannung fiel von ihr ab, doch Maxie fühlte sich immer noch elend. Wie hätte sie es ihm sagen sollen? Wie konnte sie einem Mann wie Angelos gestehen, dass sie Legasthenikerin war? Vielleicht glaubte er wie so viele andere auch, dass es lediglich ein beschönigendes Wort für mangelnde Intelligenz war. Im Lauf der Jahre war sie oft mit dieser Einstellung konfrontiert worden, und ihre Versuche, ihre Probleme zu erklären, hatten Verachtung oder noch größeres Unverständnis hervorgerufen.
„Maxie …“ Angelos räusperte sich. „Ich glaube nicht, dass du weitsichtig bist, und so, wie die Dinge derzeit zwischen uns liegen, solltest du ehrlich zu mir sein.“
Als sie die Bedeutung seiner Worte erfasste, schämte sie sich zutiefst. Es war der reinste Albtraum. Angelos war hinter ihr Geheimnis gekommen. Bei jedem anderen hätte sie es ertragen, wenn er ihre Lügen, mit denen sie ihre Lese- und Rechtschreibschwäche zu vertuschen versuchte, durchschaut hätte. Wie erstarrt saß sie da.
„Maxie, ich möchte dich nicht aufregen, aber wir müssen darüber sprechen.“ Kurzerhand drehte er sie mitsamt dem Stuhl zu sich herum. „Du bist hochintelligent. Also muss es einen anderen Grund dafür geben, dass es dir schwerer fällt als mir, zehn Zeilen in einer Zeitung zu lesen. Und als du gekellnert hast, standen auf deinem Block keine vollständigen Wörter, sondern stenoähnliche Kürzel.“
„Ich bin Legasthenikerin“, sagte Maxie mechanisch. „Okay?“
„Okay. Möchtest du noch Kaffee?“
„Nein danke. Ich dachte, du willst mich jetzt ausquetschen“, fügte sie vorwurfsvoll hinzu.
„Nicht jetzt, wenn es dich so aufregt“, erwiderte er ruhig.
„Ich rege mich nicht auf!“ Sie sprang auf und ging im Zimmer auf und ab. „Ich mag es nur nicht, wenn Leute ihre Nase in Dinge stecken, die sie nichts angehen.“
Angelos betrachtete sie nachdenklich. „Legasthenie ist weiter verbreitet, als dir vielleicht klar ist. Mein Cousin Demetrios ist auch Legastheniker, aber er ist im zweiten Studienjahr in Oxford. Seine beiden jüngeren Brüder haben auch Probleme. Hast du in der Schule keinen Förderunterricht bekommen?“
Maxie, der schon viel leichter ums Herz war, verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte benommen den Kopf. „Ich bin auf ungefähr ein Dutzend verschiedene Schulen gegangen …“
„Ein Dutzend?“, warf er erstaunt ein.
„Dad und ich haben nie lange an einem Ort gewohnt, weil er immer irgendjemandem Geld schuldete. Wenn es nicht der Vermieter war, dann der Buchmacher oder irgendein Kerl, gegen den er eine Wette verloren hatte … Deswegen sind wir ständig umgezogen.“
„Und dann ging alles wieder von vorn los?“, fragte er angespannt.
„Ja.“ Verlegen wich sie seinem Blick aus. „Erst als ich zehn war, ist eine Lehrerin auf die Idee gekommen, dass etwas anderes als Dummheit der Grund für meine Lese- und Rechtschreibschwäche sein könnte. Ich sollte Förderunterricht bekommen, aber dann sind Dad und ich wieder umgezogen.“ Trotzig hob sie das Kinn. „In der nächsten Schule haben sie mich dann einfach in die unterste Klasse zu den anderen hoffnungslosen Fällen gesteckt.“
Angelos zuckte zusammen. „Wann bist du von der Schule abgegangen?“
„Mit sechzehn!“, erklärte sie bitter. „Schließlich hatte schon meine Patentante zu mir gesagt, man könnte nicht hübsch und klug sein …“
„Das hört sich nicht so an, als wäre sie besonders sympathisch gewesen.“
„Es war nicht böse gemeint, aber sie dachte, ich wäre dumm wie Bohnenstroh!“ Da ihre Augen sich mit Tränen füllten, ergriff sie die Flucht und eilte ins Schlafzimmer.
Angelos folgte ihr und setzte sich neben sie aufs Bett.
„Und versuch ja nicht, mir weiszumachen, dass du mich jetzt mit anderen Augen siehst“, warf sie ihm unter Tränen an den Kopf.
„Du hast recht. Du bist wirklich unglaublich tapfer, wenn du ganz allein mit einem solchen Problem fertig wirst“, meinte er grimmig. „Wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich Leland in Stücke gerissen. Du konntest den verdammten Vertrag gar nicht lesen, stimmt’s?“
„Nur teilweise … Ich komme schon zurecht, aber ich brauche wesentlich länger als andere Leute. Und da ich mir keine Blöße geben wollte, habe ich einfach unterschrieben.“
„Demetrios hat Glück gehabt. Man hat das Problem erkannt, als er noch ein Kind war. Er hat die Hilfe bekommen, die er brauchte, aber dich hat
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