Romana Exklusiv 0197
beschäftigt gewesen und hatte nicht gemerkt, dass der Gepäckträger ihre Koffer mitgenommen hatte. Aber sie war auch nicht überrascht, denn es passte zu Enrico, an alles zu denken und nichts dem Zufall zu überlassen.
„Steigen Sie ein!“, forderte er sie auf und hielt ihr die Beifahrertür auf. Als Lysan unentschlossen neben dem Auto stehenblieb, bezahlte er erst den Gepäckträger.
Um kein Aufsehen zu erregen, bin ich mit ihm gegangen, ohne mich zu wehren. Ich kann auch verstehen, dass er beleidigt ist, weil ich mehr oder weniger heimlich abgereist bin. Aber alles hat seine Grenzen, auch wenn ich ihn liebe und mich wahnsinnig freue, ihn wiederzusehen, überlegte sie. Sie hatte einfach genug von seiner dominanten Art.
„Holen Sie die Koffer wieder heraus!“, forderte sie ihn deshalb auf und ging um den Wagen herum.
„Steigen Sie ein!“
Sie blickte ihn kühl an, entschlossen, nicht klein beizugeben. „Gabina hat ihren Cousin gebeten, mich abzuholen.“
„Ich habe ihn informiert, dass die Sache sich erledigt hat!“, erklärte er gleichgültig und verzog keine Miene.
„Wie bitte?“
„Ja, ich habe Urso Ibanez angerufen und ihm mitgeteilt, die Sache habe sich erledigt.“
„Was haben Sie getan? Aber wie …“
„Steigen Sie ein!“, unterbrach er sie.
Darauf kann er lange warten, nahm sie sich vor. Dann bemerkte sie die Leute um sie her, die interessiert zuhörten, was Enrico nicht im Geringsten zu stören schien. Lysan wurde unsicher.
„Sie sind wirklich der unerträglichste Mensch, der …“
„Und Sie sind die widerspenstigste Frau, die mir je über den Weg gelaufen ist! Sie treiben mich noch in den Wahnsinn, das können Sie mir glauben!“, fiel er ihr ins Wort. Und noch ehe sie ihrem Ärger Luft machen konnte, Publikum hin oder her, fügte er hinzu: „Schauen Sie sich doch an! Sogar wenn Sie ärgerlich und zornig sind, sehen Sie noch wunderschön aus!“
Sprachlos blickte sie ihn an. Sie freute sich über das Kompliment, denn es tat ihr gut, zu wissen, dass er sie schön fand. Wahrscheinlich hatte er gar nicht beabsichtigt, ihr so etwas Nettes zu sagen, und ärgerte sich jetzt über sich selbst.
„Steigen Sie freiwillig ein, oder soll ich nachhelfen?“ Offenbar war er mit seiner Geduld am Ende.
Lysan sah ein, dass sie keine andere Wahl hatte. „Okay, wenn das die einzige Alternative ist“, erwiderte sie leise und setzte sich auf den Beifahrersitz. Als er die Tür schloss, glaubte sie, ihn lächeln zu sehen. Oder habe ich mich etwa getäuscht?, überlegte sie.
Nachdem er sich neben sie gesetzt hatte, forderte er sie streng auf: „Schnallen Sie sich an!“
Es war wohl nur Wunschdenken gewesen, anzunehmen, ihre Bemerkung hätte ihn amüsiert. Am besten tat sie, was er sagte, sonst würde er sich noch mehr ärgern und wieder eine Auseinandersetzung anfangen. Lysan biss die Zähne zusammen und schnallte sich an. „Gabina hat mir ein Hotelzimmer in Puerto Montt gebucht“, teilte sie ihm vorsichtshalber mit.
„Ich weiß“, antwortete Enrico und fügte zu ihrer Verblüffung hinzu: „Ich habe die Buchung annulliert.“
„Du liebe Zeit, Sie maßen sich ziemlich viel an“, warf sie ihm an den Kopf. Sie war empört über sein eigenmächtiges Handeln.
„Was auch immer Sie damit meinen, ich stimme Ihnen zu“, erwiderte er. Dieses Mal war sie sich ganz sicher, dass er leicht lächelte. Er wirkte umwerfend charmant.
Plötzlich konnte sie nicht mehr klar denken, denn zu viel war in zu kurzer Zeit geschehen. Sie fühlte sich irgendwie überwältigt und schwieg eine Zeit lang, um ihre Gedanken zu ordnen.
„Wohin fahren wir?“, fragte sie etwas später leicht beunruhigt. „Doch nicht etwa zum Flughafen?“ Er ist wahrscheinlich mit dem Flugzeug nach Puerto Montt gekommen, sonst hätte er nicht vor mir hier sein können, dachte sie ziemlich zusammenhanglos.
„Um Ihnen die Erfüllung des Wunsches zu versagen, Puerto Varas zu sehen? Dann hätten Sie ja ganz umsonst alle Regeln der Höflichkeit verletzt!“
„Nach unserem Streit gestern morgen war es Ihnen bestimmt völlig egal, ob ich Sie persönlich über meinen Entschluss informiere oder nicht“, erklärte sie verächtlich.
Da Enrico schwieg, sagte Lysan auch nichts mehr. Sie hätte ganz gern erfahren, wohin er sie brachte. Sie hätte sich jedoch lieber die Zunge abgebissen, als ihn noch einmal zu fragen. Immerhin schloss sie aus seiner Bemerkung, dass sie nicht zum Flughafen fuhren.
Es war wieder ein schöner sonniger
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