Romana Exklusiv 0197
Aufenthalt in dem fremden Land. Sie hatte sich ein Hotelzimmer gebucht, und während sie ihr Gepäck vom Transportband in den kleinen Wagen hob, nahm sie sich vor, erst zu duschen und dann einige Stunden zu schlafen, ehe sie etwas unternahm.
Sie schob den Wagen durch das Gewühl in der Ankunftshalle und war froh, dass sie bereits in England Geld umgetauscht hatte. Plötzlich blieb sie wie erstarrt stehen, das Herz klopfte ihr zum Zerspringen. Sie traute ihren Augen nicht, denn vor ihr stand niemand anders als Enrico Viveros.
Es verschlug ihr die Sprache. Normalerweise fiel ihr immer irgendeine gescheite Bemerkung ein, aber jetzt brachte sie nur heraus: „Warten Sie auf jemanden?“
„Ja, auf Sie, Señorita“, erwiderte er. Er streckte ihr zur Begrüßung die Hand entgegen. Lysan konnte es kaum fassen. Immer noch sprachlos, reichte sie ihm die Hand. Dann schob er ihr Gepäck nach draußen.
Sie war so verblüfft, ihn unvermutet wiederzusehen, dass sie ihm wortlos folgte. Erst als sie auf dem Parkplatz neben seinem Auto angekommen waren, fand Lysan die Sprache wieder.
„Woher wussten Sie überhaupt, dass ich nach Santiago kommen würde? Und mit welchem Flug?“ Sie schaute ihn fragend an.
In seinen blauen Augen blitzte es amüsiert auf. „Ich verfüge leider nicht über hellseherische Fähigkeiten, falls Sie das meinen. Ihr Vater hat mir ein Fax geschickt“, erklärte er leicht spöttisch.
„Wie nett von ihm“, sagte sie betont unbekümmert. Danke, Dad, das hat mir gerade noch gefehlt, dass dieser weltgewandte Mann denkt, ich würde mich nicht allein zurechtfinden, fügte sie insgeheim hinzu.
„Ihr Vater ist sehr um Sie besorgt.“
„Ja, aber er hätte Sie nicht zu belästigen brauchen. Sie haben an einem Sonntag bestimmt Besseres zu tun, als auf dem Flughafen herumzustehen.“
Er hielt ihr die Beifahrertür auf, und Lysan stieg in den Wagen. Anschließend verstaute er das Gepäck im Kofferraum.
Lysan war immer noch leicht schockiert, Enrico Viveros so unerwartet wiederzusehen. Plötzlich kam ihr ein beunruhigender Gedanke.
„Was sagt denn Ihre Frau dazu, dass Sie ausgerechnet heute nicht zu Hause sind?“, fragte sie, während er sich neben sie setzte.
Er blickte sie an. „Ich habe keine Frau“, antwortete er gleichgültig und musterte aufmerksam ihr feingeschnittenes Gesicht, die grünen Augen und das lange aschblonde Haar.
„Oh.“ Lysan konnte sich ihre Erleichterung nicht erklären. Eigentlich hatte sie von Anfang an den Eindruck gehabt, er wäre Junggeselle, aber andererseits wäre es ganz normal gewesen, dass er mit seinen ungefähr fünfunddreißig Jahren, dem beträchtlichen Vermögen und dem guten Aussehen bereits verheiratet war. Natürlich ist es mir völlig gleichgültig, versuchte sie sich einzureden.
Enrico ließ den Motor an. „Konnte Ihr Verlobter Sie nicht begleiten, Señorita?“
„Nein, er hat zu viel zu tun. Er …“ Sie verstummte, denn sie wollte jetzt nicht über Noel reden. „Ich habe mir ein Zimmer im Hotel …“
„Ihr Vater hat es in dem Fax erwähnt“, erwiderte Enrico. Dann fuhr er los und konzentrierte sich auf den Verkehr.
Nachdem sie bereits längere Zeit unterwegs waren, fiel Lysan auf, dass die Gegend immer ländlicher wurde. Offenbar lag der Flughafen weit außerhalb der City.
„Enrico“, begann sie und drehte sich zu ihm um. Plötzlich erinnerte sie sich, dass er sie mit „Señorita“ angeredet hatte, und errötete. „Ich darf Sie doch so nennen, oder?“, fügte sie rasch hinzu.
Enrico warf ihr einen kurzen, aber so freundlichen Blick zu, dass sie wieder Herzklopfen bekam. „Ich bestehe sogar darauf“, antwortete er und lächelte so charmant, dass sie sekundenlang vergaß, was sie eigentlich hatte sagen wollen.
Doch es fiel es ihr wieder ein. „Wie weit ist es noch bis in die City?“, fragte sie.
„In die City?“
Lysan war leicht irritiert. „Ja, Santiago. Man sieht überhaupt keine Häuser oder Gebäude. Wie weit ist es vom Flughafen in die Stadt?“
Er zuckte mit den Schultern. „Mit dem Wagen braucht man ungefähr eine halbe Stunde“, antwortete er, ohne Lysan anzuschauen.
„Dann sind wir ja bald da“, sagte sie leise und entspannte sich etwas.
„Rein theoretisch ja, aber wir fahren nicht nach Santiago rein“, erwiderte er zu ihrer Überraschung.
Er spricht fast akzentfrei Englisch, dachte sie, während sie ihn verblüfft ansah. Wollte er etwa noch etwas erledigen, ehe er sie ins Hotel brachte? Sie konnte es sich
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