Romana Extra Band 6
gemeine Intrige war eine ganz neue Situation entstanden. Jetzt ging es nur noch um die Frage: Besaß sie Varos Vertrauen oder nicht?
Varo brachte Luke zum Flugplatz. Am liebsten hätte er ihn persönlich in den Laderaum der Chartermaschine verfrachtet, um sicher zu sein, dass er nicht heimlich entwischte.
Während der Fahrt hatte sich Luke noch einmal ordentlich ins Zeug gelegt. „Schöne Frauen haben große Macht“, hatte er zu Varo gesagt. „Sie erregen Sympathie … auch wenn sie diese nicht verdienen. Die Männer sind immer die Dummen. Sie verlieren ihre Frauen, ihre Kinder …“
„Sie geben wohl niemals auf, wie?“, hatte Varo gefragt und ihm mit einem verächtlichen Seitenblick bedacht.
„Natürlich nicht“, hatte Luke geantwortet. „Sie scheinen zu vergessen, dass ich Anwalt bin, und zwar ein sehr guter.“
„Wohl eher einer, der ins Gefängnis gehört. Ich habe Ihre gestrige Auseinandersetzung mit Ava vom Flur aus mitgehört. In gewisser Weise kann ich verstehen, warum Sie mich unbedingt mit Ihren Lügengeschichten überzeugen wollten, aber eins sollten Sie wissen. Ich werde Avas gehässige Cousine wegen der angeblichen Abtreibung ganz bestimmt nicht befragen. Ich habe ihre schwarze Seele schon kennengelernt, bevor Sie dazukamen. Eine Fehlgeburt könnte Ava allenfalls erlitten haben, aber kein Mensch auf der Welt würde ihr eine Abtreibung zutrauen.“
„Hören Sie …“
„Halten Sie jetzt endlich den Mund. Binnen Kurzem wird Ihr Scheidungsprozess über die Bühne gehen, und ich rate Ihnen, keine Schwierigkeiten zu machen. Ich weiß, wie gern Sie Ava wehtun würden, doch dazu wird es nicht kommen. Sie hat einen einflussreichen Bruder … und mich .“
Als Varo wenig später vom Flugplatz zurückkam, erfuhr er von Nula Morris, dass Ava in den Garten, der Varo eher wie ein Park vorkam, weil man sich in ihm leicht verlaufen konnte, gegangen war. Die Anlagen der Estancia de Villaflores waren keineswegs so groß.
Trotzdem würde er Ava finden – und wenn er bis ans Ende der Welt gehen musste. Er war zur Hochzeit seines Freundes hergekommen und hatte eine Frau gefunden, die ihn lebenslang fesseln würde. Seine zukünftige Ehefrau.
Ava stand auf der Steinbrücke, die über einen künstlichen Teich mit weißen Wasserlilien führte. Die Blätter der Pflanzen waren so groß, dass sie fast bis zu ihr reichten. Der Himmel war tiefblau, und die heiße Sonne warf ihr goldenes Licht auf das smaragdgrüne Wasser.
Ava betrachtete das glitzernde Wasser, auf dem die üppigen weißen Blüten schwammen. Als sie Varo kommen hörte, wandte sie ihm ihr trauriges Gesicht zu.
„Was ist los, Ava?“, fragte er besorgt.
„Ich dachte, du hättest dich zurückgezogen, um nachzudenken“, antwortete sie.
„Worüber?“ Er legte ihr einen Arm um die Taille und führte sie zu einer Bank, die im Schatten eines großen Eukalyptus stand. Ringsherum blühte es, und ein süßer Duft erfüllte die Luft. Über ihnen zwitscherten die Vögel, und große bunte Schmetterlinge flatterten umher.
„Nun, Ava?“ Er sah sie zärtlich an.
Ava zögerte. „Ich weiß nicht recht, wo ich anfangen soll.“
„Irgendwo, dann ergibt sich der Rest von selbst.“
Tränen traten ihr in die Augen. „Du überraschst mich immer wieder, Varo. Aber wie du dich auch entscheidest, und wohin du auch gehst … Ich werde dich nie vergessen.“
„He!“, rief er. „Schickst du mich etwa fort?“ Sie sah so blass und verloren aus, dass es ihm wehtat.
„Nein, nein!“, protestierte sie, von großer Angst getrieben. „Ich dachte, du hättest Zweifel an mir und würdest lieber abreisen. Luke kann so geschickt lügen. Er hat sich darin zu einem wahren Künstler entwickelt.“
„Das hast du wirklich geglaubt?“, fragte Varo verwirrt. „Dass du eine Fehlgeburt erlitten haben könntest und nicht darüber sprechen wolltest, war für mich durchaus vorstellbar, aber Lukes andere Behauptung … Nein! Niemals hätte ich ihm die abgenommen. Du bist das liebste Geschöpf, das es auf der Welt für mich gibt. Ich vertraue dir und will nicht, dass du mich abweist.“
„Dich abweisen?“, rief sie und warf sich in seine Arme. „Bist du wahnsinnig? Ich liebe dich, Varo. Du bedeutest mir alles. Wie hätte ich ohne dich erfahren sollen, was Liebe ist? Du darfst mich nicht verlassen.“
Sie umfasste seine Taille und versuchte, ihn zu schütteln. „Ich lasse dich nicht fort. Die erste Schwangerschaft, die ich erleben werde … das erste Baby, das
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