Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)
Spezialität aber besteht darin, hauchdünnen Teig zugewaltigen Ballonbroten aufzupumpen. Es sieht imposant aus, besteht aber zu 98 Prozent aus Luft. Während die Mexikaner damit experimentieren, ausländische Restaurants fast ohne Ausländer anzubieten, versucht sich die avantgardistische indische Küche an der Erfindung des Restaurants fast ohne Essen.
Beim Thailänder schnitzen sie aus Wurzelgemüse die kompliziertesten Kunstwerke und reichen dem Gast am Ende des Mahls heiße Dampfhandtücher. Bei unserem ersten Besuch dachten wir, man darf sie mit nach Hause nehmen wie die Slibowitzfläschchen. Ein taktvoller Kellner kam und sagte, es sei nicht üblich, aber so ungewöhnlich liebenswerten Gästen würden sie die Tücher gern schenken. Der Thailänder, das bedeutet Gastfreundschaft als Kunst. Es hat etwas leicht Überkandideltes, ungefähr wie Rokokoaltäre. Kultivierter geht es nicht. Deswegen war es logisch, dass nach dem Thailänder in den 90ern als vorerst letzte Großwelle der Japaner kam mit seinem rohen Fisch. Roher Fisch: eine klare, ehrliche und unmissverständliche Sache, fast schon wieder wie die Wurst in den 50ern.
Neuerdings ist bei uns ein Trend zur österreichischen Küche zu beobachten. Sagen wir es ruhig, wie es ist: Die österreichische Küche steht der deutschen geistig recht nahe. Deswegen wird der Österreicher bestimmt keine Massenbewegung. Sehen Sie, in der Serie »Lindenstraße« gibt es auch einen Rechtsradikalen. Wissen Sie, wo dieser Rechtsradikale am liebsten essen geht? Beim Griechen. Mit Musik!
Nicht einmal die deutschen Nazis essen gern deutsch. Das sagt wohl alles.
Danksagung
Die in diesem Buch enthaltenen Texte sind im Laufe von zwölf Jahren entstanden, sie wurden überarbeitet und an einigen Stellen aktualisiert. Trotzdem spiegeln sie natürlich im Wesentlichen den Kenntnisstand ihrer Entstehungszeit wider, das eine oder andere Detail wird den heutigen Gegebenheiten nicht mehr entsprechen. Alle Personen sind älter geworden, der wunderbare Jakob Moneta ist inzwischen gestorben.
Für Hilfe, Rat und Unterstützung bedanke ich mich bei den Redakteuren, die mich zu diesen Geschichten angeregt und auf den Weg geschickt haben. Ohne sie würden viele dieser Texte nicht existieren. Ich danke vor allem Malte Lehming, der jahrelang mein Ideengeburtshelfer beim Tagesspiegel war, und dem Ideen-Atomkraftwerk Norbert Thomma. Die Chefredakteure des Tagesspiegels, Gerd Appenzeller, Stephan-Andreas Casdorff, Giovanni di Lorenzo und Lorenz Maroldt gaben und geben mir die Freiheit, ohne die sich in meinem Kopf wenig abspielt. Ich danke Christoph Amend, Stephan Lebert und Tanja Stelzer, die ich beim Tagesspiegel kennengelernt habe und die, wie Giovanni di Lorenzo, inzwischen bei der »Zeit« sind, anregenden Kollegen und verständnisvollen Chefs, die mir das Leben und die Arbeit nie schwerer gemacht haben als nötig.
Ich danke besonders Sabine Rückert, die mich bei der »Zeit« zu neuen Ufern geführt hat, falls man das so sagen kann.
Michael Schaper von »Geo« ist der Mann, von dem ich als Reporter, glaube ich, am meisten gelernt habe.
Thomas Friederich vom Tagesspiegel hat mir bei der Recherche immer wieder sehr geholfen. Ich danke Gunnar Cynybulk, unter anderem für den Titel des Buches und die Komposition des Ganzen, und, wie immer, danke ich Karin Graf, der vermutlich besten Agentin, die ein Autor haben kann. Petra Holler danke ich sowieso, rund um die Uhr, also möchte ich es auch hier tun.
Angaben zur Erstveröffentlichung
Wanderer, kommst du nach Gerstengrund – Tagesspiegel, 31. 8. 2005
Glück – Tagesspiegel, 8. 5. 2003
Sozialismus revisited – Tagesspiegel, 10. 1. 2004
Verteidigung der Ausländerfeinde – Tagesspiegel, 23. 11. 2003
Positives Denken – Geo Wissen Nr. 47, Mai 2011
Meinungsfreiheit – Tagesspiegel, 26. 6. 2006
Mein Land – hier erstmals veröffentlicht
Lob der Armut – Dummy Nr. 22 (Berlin), 3. 2. 2009
Kirchentag – Tagesspiegel, 2. 6. 2003
Freunde – Tagesspiegel, 3. 10. 2004
Gentrifizierung – Tagesspiegel, 4. 2. 2012
Fernsehstars – Tagesspiegel, 2. 2. 2003
Die drei Friseure – Tagesspiegel, 19. 9. 2004
Tugendrepublik Deutschland – Die Zeit, 18. 6. 2012
Nürburgring – Tagesspiegel, 5. 10. 2003
König Lear, auf schwäbisch – Tagesspiegel, 2. 12. 2004
Milch – Tagesspiegel, 29. 8. 2007
Die Totmacher – Tagesspiegel, 17. 1. 2000
Siegfrieds Erbin – Tagesspiegel, 4. 11. 2003
Die Idiotie des
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