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Romeo und Jabulile

Romeo und Jabulile

Titel: Romeo und Jabulile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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fährt sie fort. »Zum Glück hat dich Lonwabo gefunden und sofort mit einer Ambulanz ins Krankenhaus und dann nach Hause gebracht. Er ist nicht von deiner Seite gewichen.«
    Lonwabo? Er hat mir geholfen?
    Mit einem Mal ist die volle Erinnerung wieder da. Mit einem Ruck setze ich mich im Bett auf. Den erneuten Schmerz im Kopf ignoriere ich und rufe nur aufgeregt: »Wo ist Romeo? Was ist mit seiner Mutter geschehen?«
    Makhulu zieht die Schultern hoch. »Ist das einer der Ausländer? Die sind jetzt alle weg. Noch in der Sonntagnacht sind über hundert von ihnen in Bussen in ein Zeltlager ans Meer gebracht worden. Die anderen folgten gestern. Ein paar sind auch noch im Krankenhaus oder werden vermisst. Einige sollen ermordet worden sein. Eine Schande ist da s … alles unschuldige Menschen, selbst Kinder sind dabe i …«
    Ich nehme ihre Hand und schaue sie an, noch immer aufrecht im Bett sitzend. » Makhulu? «
    »Ja, mein Engel?« Erst jetzt hält sie inne.
    »Romeo kommt aus Simbabwe, Makhul u … und ich liebe ihn.«
    Weder Lonwabo noch Vater scheinen es ihr gesagt zu haben bis jetzt. Aber sie versteht sofort. Alles.
    »Ach«, sagt sie, »das ist ja schrecklich. Und du weißt gar nicht, wo er geblieben ist?«
    Ich schüttle den Kopf und spüre, wie mir einfach Tränen herunterlaufen, lautlos.
    Dann bitte ich sie: »Kannst du Pastor Khanya anrufen und ihn fragen, ob er mich besuchen kommt? Vielleicht weiß er mehr?«
    Sie geht in den Vorderraum zu Vaters Laden. Kurz darauf kehrt sie mit ihm und Lonwabo zurück und sagt: »Der Pastor kommt gleich nachher in seiner Mittagspause.«
    Vater sieht mich ernst an. »Gut, dass du endlich aufgewacht bist, Jabu. Magst du etwas essen oder trinken?«
    Ich schüttle den Kopf. Lonwabo sagt nichts. Wir vermeiden, einander anzublicken.
    Ich lasse mich langsam zurück ins Bett sinken. Ich denke nur an Romeo und bete, dass er am Leben ist und in jenem Flüchtlingslager am Meer.
    Wenn ich doch nur ein Foto von ihm hätte. Als ich meinen Kopf zur Wand drehe, fällt mein Blick auf ein leeres Schokoladenpapier auf dem Boden neben meinem Bett. Die teure Schokolade hatte er mir eine Woche vor der Horrornacht geschenk t – und mir eine Liebeserklärung in großen schwarzen Druckbuchstaben draufgeschrieben: LUV U . R. Nur das.
    Ich nehme das Papier in meine Hand wie einen großen Schatz, streiche es glatt und lege es neben mich auf das Kissen.
    Pastor Khanya berührt mich vorsichtig an der Schulter. Ich muss wieder eingeschlafen sein. Dieses Mal bin ich jedoch sofort wach. »Wissen Sie, Pastor, was aus Romeo und seiner Mutter und Tante geworden ist?«
    Er sieht mich erst eine Weile aufmerksam an. Dann holt er tief Atem und sagt: »Romeo zählt zu den Vermissten, Jabu. Niemand hat ihn gesehen seit jener Nacht. Auch seine Mutter und seine Tante wissen nichts von ihm. Sie wurden mit einem Bus nach Soetwater , ins Flüchtlingslager, gebracht.«
    »Aber er ist doch am Leben, nicht?«, bohre ich nach. Er zuckt mit den Schultern. Ich vertraue ihm. Er würde mir alles sagen, was er weiß. Wir schweigen eine Weile.
    »Wie hat das alles nur angefangen?«, frage ich ihn.
    »Es hat, lange bevor die ersten Shacks angezündet wurden, angefangen«, meint er nachdenklich. »Vielleicht da, als die ersten Flüchtlinge von manchen Politikern als illegale Ausländer bezeichnet wurden. Oder da, wo noch immer Millionen Menschen nicht genug zu essen haben und in Wellblechhütten hausen müssen « – und mit einem Blick auf meinen Brude r – »oder einfach keine Arbeit finden können. Dann kann sich die Enttäuschung und Wut schnell gegen die entladen, die dafür am wenigsten verantwortlich sind.«
    »Und jetzt? Bitte, Pastor Khanya, können Sie mir helfen, Romeo zu finden?«
    Er nimmt meine Hand und antwortet: »Ich will es versuchen, Jabu. Aber es wird nicht einfach sein. Zurzeit irren ein paar Zehntausend verjagte Menschen durch Südafrika .«
    Dann erhellt sich sein Gesicht etwas, und er fügt hinzu: »Jetzt hätte ich beinah vergessen, dich von allen Vuka Intombis zu grüßen! Wir lassen diese Woche das Training ausfallen und werden uns mit anderen Jugendgruppen treffen, um Kleider und Nahrung für die Leute im Flüchtlingslager zu sammeln.«
    »Danke, Pastor«, sage ich leise.
    Ich schließe die Augen, nachdem er gegangen ist. Vor mir sehe ich Romeo, sein Lächeln, sein weißes Hemd, seine kleine Hütte, unseren geheimen Ort. Sobald ich aufstehen kann, werde ich hingehen und sehen, was ich von seinen Sachen

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