Romeo und Jabulile
verschwunden sind, wiederkommen werden und alles verbrennen und sie vergewaltige n … Als Unathi bei Frau Chimara eintraf, kam sie gerade von der Polizei, die aber gesagt hat, dass sie da auch nicht viel machen können, wenn sie die Jugendlichen nicht eindeutig identifizieren kann. Deshalb hat Unathi sie zu mir gebrach t …«
Entsetzt schaue ich zu Unathi. Ich sehe, dass sie meinen Brief noch ungeöffnet in der Hand hält. Wahrscheinlich hat sie es nicht übers Herz gebracht, Romeos Mutter und Tante damit in noch mehr Angst und Schrecken zu versetzen.
Ich merke, wie mir kalter Schweiß über den Rücken läuft. Wo ist Romeo? Er weiß also immer noch nicht, in welcher Gefahr er schwebt.
Jetzt bleibt nur eins: Ich muss selbst handeln. Und zwar sofort.
»Pastor?«, frage ich leise und deute ihm an, zum Fenster zu kommen. Ohne die Gardine zurückzuschieben, zeige ich auf den Jungen aus Lonwabos Bande, der weiter darauf wartet, dass ich irgendwann das Gemeindehaus wieder verlasse.
»Mein Bruder und seine Freunde wollen den Sohn von Frau Chimara verprügeln, weil wir seit Kurzem zusammen sind. Nun hoffen sie, dass sie ihn finden, wenn sie mir auf den Fersen bleiben. Der da unten ist jetzt dran, auf mich aufzupassen.« Ich schaue ihn an und frage: »Können Sie den Kerl einen Moment ablenken, sodass ich aus der Hintertür verschwinden kann?«
Pastor Khanya versteht sofort. Er nickt: »Jabu, bitte sei vorsichtig!« Ich gebe ihm dankbar die Hand. »Ach, und sage deinem Freund: Meinen Segen habt ihr. Es gibt jetzt schon so viel Hass in unserem Townshi p – und zu wenig Liebe. Es ist sehr mutig, was ihr beide versucht.«
Dann öffnet er das Fenster und ruft dem Jungen an der Straßenecke zu: »Ayand a – komm mal zu uns nach oben! Ich muss mit dir reden!«
Gleichzeitig winkt er mir zu, mich auf den Weg zu mache n …
Ich bin überzeugt, dass ich unbemerkt aus dem Gemeindehaus gekommen bin. Da ich nur ungefähr weiß, wo Romeos Mutter und Tante wohnen, und mich jetzt so wenig wie möglich im Township sehen lassen will, beschließe ich, mein Glück zuerst bei Romeos Hütte zu versuchen. Im schlimmsten Fall kann ich ihm dort zumindest meinen Brief hinterlassen.
Bei jeder Straßenkreuzung halte ich erst vorsichtig Ausschau, ob ich jemanden sehe, der zu Lonwabos vielen Kumpanen gehört. Dann pirsche ich mich vor zur nächsten Straßenecke. Es wird leichter, als ich endlich das Schulgelände erreiche, das jetzt am frühen Sonntagabend wie ausgestorben daliegt. Noch einmal schaue ich in alle Richtungen, bevor ich die vertraute Zementplatte zur Seite schiebe. Es ist das erste Mal, dass ich das Gelände der Baufirma nicht im Dunkeln betrete.
Ohne weiter innezuhalten, hetze ich nun die erste Sandhalde hinauf. Ich kann Romeo von der Spitze aus noch nicht sehen, aber die Tür seiner Hütte ist offen. Bitte, lieber Gott, lass das ein gutes Zeichen sein!
Ich wage nicht, seinen Namen zu rufen, renne aber weiter, so schnell ich kann. Nun nur noch durch das Backsteinlager. Atemlos komme ich beim Eingang seines Shacks an. »Romeo?«
Ich trete erschrocken einen Schritt zurück, als eine mir unbekannte rundliche Frau heraustritt und mich skeptisch anschaut. Dann erkenne ich aber hinter ihr Romeos Tante, die sie sofort zur Seite schiebt und ins Innere des Raums ruft: »Romeo, Rome o – nun komm schon! Deine Freundin ist hier!«
Erst jetzt kann sich der schmächtige Romeo an den beiden vorbei nach draußen drängen. Spontan umarmen wir uns, ohne auf die Frauen weiter zu achten. »Geht es dir gut?«, fragen wir einander fast gleichzeitig, mustern uns aufmerksam von oben bis unten und lächeln dann erleichtert.
»Auch deine Mutter ist in Sicherheit«, beruhige ich ihn, bevor er fragen kann. »Sie war bei Pastor Khanya und seiner Familie, als ich aus Masi weglief.«
Die zweite Frau wird mir vorgestellt als diejenige, die mit Romeos Mutter und Tante aus Simbabwe geflüchtet ist.
Nach den Schrecken der letzten Nacht haben sie Romeo gebeten, bei ihm in der Hütte übernachten zu dürfen. Wenn alles ruhig bleibt, wollen sie Montagmorgen, ganz früh, noch bevor die anderen Arbeiter kommen, zurück zu ihrem eigenen Shack gehen.
Aber dann kommt alles ganz ander s …
Zuerst berichte ich Romeo von den Drohungen meines Bruders, nachdem er von unserer Beziehung erfahren hat. Romeo bleibt eigenartig ruhig. »Ich habe keine Angst vor ihm.«
»Aber er ist viel stärker als du, und seine Freunde haben oft Messer und Knüppel bei sich«,
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