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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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wären.« Bergmann ließ ein entspanntes Lachen hören. »Sie können es wohl nicht lassen.«
    Der Mann mit dem Hut verschwand am anderen Ende der Brücke aus Albins Blickfeld. Der Chefinspektor schien indes bereit für ein neues Geschäft mit Albin zu sein: »Wussten Sie, dass Hanna Goldmann drei Monate vor Markovics’ Verschwinden eine Psychotherapie angefangen hat?«
    »Und was soll das bedeuten? Therapiepatienten werden bloß in Österreich als Irre abgestempelt. In den USA müssen Sie eine Therapie vorweisen können, wenn Sie als normal gelten wollen.«
    »Ich wollte niemanden diskriminieren. Nur gibt es bei den meisten Therapien einen unmittelbaren Anlass.«
    »Da Sie vermutlich mein Handy abhören, wissen Sie, dass ich diesen Grund kenne«, sagte Albin. »Ich habe mit Hanna Goldmann darüber gesprochen. Ganz abgesehen davon, dass er auf der Hand liegt: Sie hat Markovics geliebt und kommt nicht darüber hinweg.«
    »Sie wollen sich also nicht abspeisen lassen. Ich kann Ihnen noch einen interessanten Termin anbieten. Damit Sie wissen, dass ich an Sie denke.«
    Albin blieb misstrauisch. »Was für einen Termin?«
    »Morgen endet Sterns Zahnpasta-Kontrakt mit der Einführung von Interdental am europäischen Markt. Ich habe ihn gegen die Zusage seiner Frau freigelassen, dass er zwei Stunden vor der Pressekonferenz im Hotel Stadtpark mit mir spricht. Ich werde nur anderthalb Stunden brauchen. Die restlichen dreißig Minuten gehören Ihnen.«
    »Ich bin Journalist«, sagte Albin. »Ich kann ihn bei oder nach der Pressekonferenz befragen, so lange ich will.«
    »Eben nicht. Ich habe den Verdacht, dass Stern auch in Zukunft nicht besonders gesprächig sein wird.«
    Albin war mit Bergmanns Angeboten zur Versöhnung keineswegs zufrieden. Doch mehr war im Moment wohl nicht herauszuholen.
    »Eine Frage noch«, sagte der Chefinspektor. »Ich hatte eine meiner besten Frauen an Ihre Fersen geheftet. Was hat sie verraten?«
    Eine Frau? Von welcher Frau redete Bergmann? Albin sah sich nach dem dunklen Mann um. Der war spurlos verschwunden. »Sie kennen meine Vergangenheit«, wich er aus. »Sagen wir, ich kann Polizisten riechen.«
    »Ein Geruchssinn für Verbrecher würde Ihnen im Moment nützlicher sein«, meinte Bergmann freundlich. »Hatte sie wieder dieses klobige Kostüm an? Es ist nicht viel besser als eine Polizeiuniform.«
    Sie legten auf.
    Albin spähte in die Station. Dort stand seine wahre Beschatterin. Sie trug ein graues Kostüm, eine dezente Perlenkette und einen leichten Staubmantel. Ihre blonde Frisur erinnerte an eine Perücke aus der Wiederaufbauzeit. Sie war rund und wie aus Beton gegossen. Bei der Anwendung effizienter Kampfsportmethoden hätte sie vorher ihren engen Rock bis zur Hüfte hochschieben müssen.
    Albin war sauer. Nicht nur wegen seines Schattens. Vor allem deshalb, weil er den Chefinspektor nun endgültig nicht mehr als Vertrauten betrachten konnte.
    »Ich hatte gar nicht mehr mit Ihnen gerechnet. Sie klangen letztes Mal ein wenig, sagen wir, überheblich.«
    In der Redaktion hatte sich Albin an den Anruf von Frank Gregoritsch am vergangenen Sonntag erinnert. Die Kritik des Lektors war berechtigt. Albin hatte ihm damals nur seine halbe Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. »Es tut mir Leid«, sagte er.
    »Geschenkt. Was kann ich für Sie tun?«
    Albin war daran gewöhnt, sich in dem Mordfall mit jemandem auszutauschen. Damian Bergmann kam dafür nicht mehr in Frage. Genau genommen versuchte er gerade, die von dem Chefinspektor gerissene Lücke mit Gregoritsch zu schließen. Der war zwar schrullig, dafür ganz sicher nicht kalt und berechnend wie der Polizist. Wie er seine Begeisterung für Old Shatterhand verbissen gegen die schnöde Welt des Geldes und der schrillen Unterhaltung verteidigt hatte, machte ihn menschlich.
    »Wenn Sie trotzdem noch Zeit für mich haben, würde ich gerne einiges mit Ihnen besprechen«, sagte Albin.
    »Woher der Meinungsumschwung?«
    Draußen ging Ursi Plank vorbei und winkte Albin halbherzig zu. »Ich kann Unterstützung brauchen«, sagte er zu Gregoritsch und stieß die Bürotür zu.
    »Was liegt an?«
    »Sie haben mir nie von dem toten Schwein auf der Luftmatratze erzählt.«
    Der Lektor machte eine längere Pause. »Das stimmt«, sagte er schließlich. »Ich hatte nicht mehr daran gedacht. Spielt es eine Rolle?«
    Nüchtern betrachtet gab es keinen Grund, Gregoritsch von der Liste der Mordverdächtigen zu streichen. War es nicht eigentümlich, wenn Erwachsene

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