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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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dadurch so wenig beleidigt, daß sie nicht einmal darauf Acht gegeben hätte. Ich glaubte es, vielleicht ein wenig leichtsinnig erweise und beruhigte mich sehr zur Unzeit.
    Beim Beginn des Winters erhielt ich ein neues Zeichen der Güte des Herrn von Malesherbes, für das ich sehr dankbar war, wenn ich es auch nicht für gerathen hielt, seine Güte zu benutzen. Bei dem Journal des Savants war eine Stelle erledigt. Margency schrieb an mich, um sie mir anzubieten, als ginge der Gedanke von ihm selber aus. Aber ich konnte aus der Fassung seines Briefes (Heft C, Nr. 33) leicht ersehen, daß er dazu beauftragt und bevollmächtigt war, und er selbst deutete mir später an (Heft C, Nr. 47), daß ihm der Auftrag zu Theil geworden war, mir dieses Anerbieten zu machen. Die Arbeit, die diese Stelle erforderte, war unbedeutend. Es handelte sich nur um zwei Auszüge monatlich, zu denen man mir die nöthigen Bücher bringen würde, ohne daß ich je zu einer Reise nach Paris genöthigt wäre, nicht einmal um der Behörde einen Dankbesuch abzustatten. Ich trat dadurch in einen Kreis der begabtesten Schriftsteller, der Herren von Mairan, Clairaut, von Guignes und des Abbés Barthélemy, von denen ich schon mit den beiden ersten Bekanntschaft gemacht hatte, während ich mir von der mit den beiden andern nur Gutes versprechen konnte. Endlich gab es für eine so wenig mühevolle Arbeit, die ich so bequem zuverrichten im Stande war, ein für diese Stelle ausgeworfenes Honorar von achthundert Franken. Ich überlegte einige Stunden, ehe ich mich entschied, und ich kann schwören, daß es nur aus Furcht geschah, Margency zu kränken und Herrn von Malesherbes zu mißfallen. Aber der unerträgliche Zwang, nicht, wenn es mir paßte, arbeiten zu können, sondern von der Zeit abzuhängen, und weit mehr noch die Gewißheit, die Aufgaben, die ich übernehmen mußte, schlecht zu erfüllen, trugen endlich den Sieg über alles davon und brachten mich zu dem Entschluß, eine Stelle abzulehnen, für die ich nicht geeignet war. Ich wußte, daß mein ganzes Talent seine Quelle in einer gewissen Begeisterung für die von mir zu behandelnden Stoffe hatte, und daß nur die Liebe zum Großen, Wahren und Schönen meinem Geist Leben einhauchen konnte. Und was hätte mich der Inhalt der meisten Bücher, von denen ich hätte einen Auszug machen müssen, und die Bücher selber gekümmert? Meine Gleichgültigkeit für die Sache hätte meiner Feder die Kraft und meinem Geiste alles Wissen genommen. Man wähnte, ich könnte wie alle andere Schriftsteller handwerksmäßig schreiben, während ich stets nur in leidenschaftlicher Erregung schreiben konnte. Diese aber hatte das » Journal des Savants « sicherlich nicht nöthig. Ich schrieb deshalb an Margency einen mit aller nur möglichen Höflichkeit abgefaßten Dankbrief, in dem ich ihm meine Gründe so ausführlich angab, daß weder er noch Herr von Malesherbes glauben konnten, bei meiner Ablehnung hätte üble Laune oder Stolz mitgewirkt. Auch billigten sie sie beide, ohne mir ein weniger freundliches Gesicht zu machen, und es wurde bei dieser Angelegenheit das Geheimnis so gut bewahrt, daß auch nicht das Geringste davon in die Öffentlichkeit gedrungen ist.
    Dieser Vorschlag kam nicht im günstigen Augenblicke, um ihn mir annehmbar zu machen, denn seit einiger Zeit wurde in mir der Entschluß immer fester, die Literatur und namentlich die Schriftstellern gänzlich fallen zu lassen. Alles, was mir begegnet war, hatte mich mit einer tiefen Abneigung gegen die Schriftsteller erfüllt, und ich hatte erfahren, daß es unmöglich war, dieselbe Laufbahn zu verfolgen, ohne mit ihnen in irgend eine Verbindung zu gerathen. Dieselbe Abneigung fühlte ich gegen die Weltleute und im allgemeinen gegen das Doppelleben, das ich bisher geführt hatte, wobei ich halb mir, halb Gesellschaftskreisen angehörte, für welche ich nicht geschaffen war. Ich fühlte mehr als je und zwar durch eine stete Erfahrung, daß jede ungleichmäßige Vereinigung der schwächeren Partei stets nachtheilig ist. Indem ich mit reichen Leuten aus einem andern Stande als dem von mir erwählten lebte, war ich, ohne ein Haus wie sie zu machen, doch gezwungen, sie in vielen Stücken nachzuahmen, und kleine Ausgaben, die für sie nichts waren, waren für mich eben so unvermeidlich wie ruinirend. Geht ein anderer zum Besuche in ein Landhaus, so wird er bei Tafel wie in seinem Zimmer von seinem eigenen Lakaien bedient; er läßt sich alles, was er bedarf,

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