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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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hervortraten. Dies allein betrübte mich mehr als die Scham über meine öffentlich an den Tag gelegte Unwissenheit, wie sehr ich auch unter diesem Gedanken litt; denn so wenig ich auch für Lob empfänglich war, so war ich es doch um so mehr für Beschämung, und ich kann hier versichern, daß ich weniger durch die Erwartung der Vorwürfe des Fräulein Lambercier beunruhigt wurde, als durch die Furcht, sie zu betrüben.
    Gleichwohl fehlte es ihr im Nothfalle eben so wenig wie ihrem Bruder an Strenge; aber da diese fast in jedem Falle gerechte Strenge nie das Maß überschritt, so schmerzte sie mich zwar, ließ aber keinen Gedanken an Widersetzlichkeit in mir aufkommen. Ich litt unter dem Gefühle zu mißfallen mehr als unter der Strafe, und das Zeichen der Unzufriedenheit bereitete mir größere Qualen als die körperliche Züchtigung. Es setzt mich in Verlegenheit, mich deutlicher darüber auszusprechen, allein ich halte es für nöthig. Eine wie ganz andere Strafweise würde man gegen die Jugend in Anwendung bringen, wenn man die Nachwirkungen der jetzt Üblichen, deren man sich immer unterschiedslos und oft unvorsichtig bedient, besser einsähe! Die große Lehre, welche man einem eben so allgemeinen als verderblichen Beispiele entnehmen kann, bestimmt mich, es anzuführen.
    Da Fräulein Lambercier uns mit der Liebe einer Mutter zugethan war, nahm sie auch deren Gewalt über uns in Anspruch und trieb dieselbe mitunter so weit, daß sie uns auch, wenn wir es verdient hatten, wie eine Mutter ihr Kind, züchtigte. Ziemlich lange ließ sie es bei der Drohung bewenden, und diese Androhung einer mir ganz neuen Strafe versetzte mich in großen Schrecken; aber nach ihrer Erduldung fand ich sie weniger schrecklich, als ich sie mir in der Erwartung vorgestellt hatte, ja, was noch eigenthümlicher ist, diese Züchtigung flößte mir noch größere Zuneigung zu der ein, die sie mir ertheilt hatte. Es gehörte sogar die ganze Aufrichtigkeit dieser Zuneigung und meine natürliche Folgsamkeit dazu, um mich davon zurückzuhalten, absichtlich eine Unart zu begehen, die in gleicher Weise hätte geahndet werden müssen; denn der Schmerz und selbst die Scham war mit einem Gefühle von Sinnlichkeit verbunden gewesen, das in mir eher das Verlangen, es von derselben Hand von Neuem erregt zu sehen, als die Furcht davor zurückgelassen hatte. Da dies ohne Zweifel von einer vorzeitigen Regung des Geschlechtstriebes herrührte, würde ich allerdings in der nämlichen Züchtigung von der Hand ihres Bruders nichts Angenehmes gefunden haben. Allein bei seinem Charakter brauchte ich nicht leicht zu befürchten, daß er bei Ertheilung der Strafe seine Schwester vertreten würde, und wenn ich es trotzdem vermied, eine Züchtigung zu verdienen, so geschah es lediglich aus Besorgnis, Fräulein Lambercier zu erzürnen; denn so große Gewalt übt die Zuneigung, selbst wenn sie nur ein Ausfluß der Sinnlichkeit ist, auf mich aus, daß sie letztere stets in Schranken hält.
    Die Wiederholung der körperlichen Strafe, der ich, ohne sie zu fürchten, aus dem Wege ging, geschah ohne mein Verschulden, das heißt ohne daß ich sie absichtlich veranlaßt hätte, und ich kann sagen, daß ich sie getrost und nicht ohne einen geheimen Reiz über mich ergehen ließ. Aber dieses zweite Mal war auch das letzte, denn Fräulein Lambercier, die ohne Zweifel an irgend einem Zeichen gemerkt hatte, daß diese Züchtigung ihren Zweck nicht erfüllte, erklärte, daß sie mit einer solchen Bestrafung nichts mehr zu thun haben wollte, da dieselbe sie zu sehr ermüdete. Bis dahin hatten wir in ihrem Zimmer geschlafen und im Winter sogar hin und wieder in ihrem Bette. Zwei Tage später erhielten wir ein besonderes Schlafzimmer, und ich genoß von nun an die Ehre, auf die ich gern verzichtet hätte, von ihr als erwachsener Knabe behandelt zu werden.
    Wer sollte glauben, daß diese in einem Alter von acht Jahren von der Hand eines Mädchens von dreißig Jahren empfangene Züchtigung über meine Neigungen, meine Begierden, meine Leidenschaften, über mich selbst für meine ganze übrige Lebenszeit entschieden hat und noch dazu in einer Weise, daß gerade das Gegentheil der von ihr erwarteten Folgen hervorgerufen wurde? Von dem Augenblicke des Erwachens meiner Sinnlichkeit an verirrten sich meine Begierden dergestalt, daß sie, da sie sich auf das, was ich empfunden hatte, beschränkten, nie den Antrieb fühlten, etwas Anderes zu suchen. Trotz meines fast von meiner Geburt an

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