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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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sie mir überall hin nachflogen und sich greifen ließen, so oft ich wollte. Ich konnte mich weder im Garten noch auf dem Hofe zeigen, ohne sofort zwei oder drei auf den Armen oder auf dem Kopfe zu haben. Trotz der Freude, die ich darüber empfand, wurde mir diese Begleitung doch schließlich so unbequem, daß ich gezwungen war, ihnen diese übertriebene Freiheit wieder abzugewöhnen. Ich habe stets ein besonderes Vergnügen an der Zähmung von Thieren, namentlich von scheuen und wilden gehabt. Es kam mir reizend vor, ihnen ein Zutrauen einzuflößen, das ich nie getäuscht habe; sie sollten mich in Freiheit lieben.
    Ich hatte, wie gesagt, Bücher mitgebracht; ich benutzte sie, aber in einer Weise, die weniger geeignet war, mich zu unterrichten, als mich zu ermüden. Meine falsche Vorstellung von den Dingen erfüllte mich mit dem Wahne, daß man, um ein Buch mit Nutzen zu lesen, alle Kenntnisse besitzen müßte, die es voraussetzte, und ließ den Gedanken nicht in mir aufkommen, daß sie der Verfasser oft selbst nicht besäße und sie, je nach Bedürfnis, aus anderen Büchern schöpfte. In Folge dieses tollen Wahns wurde ich jeden Augenblick aufgehalten, gezwungen, meine Zuflucht unaufhörlich von einem Buche zum andern zu nehmen; und ehe ich mich bis zur zehnten Seite des zu studirenden Werkes durchgearbeitet, hätte ich oft ganze Bibliotheken von Anfang bis zu Ende durchlesen müssen. Gleichwohl blieb ich so halsstarrig bei dieser wunderlichen Methode, daß ich eine unglaubliche Zeit verlor und mir den Kopf beinahe bis zu dem Grade verwirrt hätte, daß ich nichts sehen und verstehen konnte. Glücklicherweise merkte ich endlich, daß ich einen falschen Weg verfolgte, der mich in ein unabsehbares Labyrinth hineinführte, und ich floh aus ihm, ehe ich mich ganz in ihm verirrt hatte.
    Bei auch nur etwas wahrer Liebe zu den Wissenschaften ist das Erste, was man wahrnimmt, sobald man sich ihnen hingiebt, ihre Zusammengehörigkeit, welche bewirkt, daß sie sich gegenseitig anziehen, unterstützen und Klarheit verschaffen, und daß keine die andere entbehren kann. Obgleich der menschliche Geist nicht zu allen ausreicht und man fast immer einer als der hauptsächlichsten den Vorzug geben wird, so wird man doch oft in der selbst gewählten in Unklarheit bleiben, wenn man nicht wenigstens einige Kenntnis von den übrigen besitzt. Ich begriff, daß das, was ich unternommen hatte, an und für sich gut und nützlich wäre, und ich nur die Methode ändern müßte. Als ich zuerst die Encyklopädie zur Hand nahm, zerlegte ich sie in ihre einzelnen Fächer; ich überzeugte mich bald, daß man das Umgekehrte thun, jedes einzelne zwar besonders vornehmen, aber sie, jedes für sich, nur bis zu dem Punkte verfolgen dürfte, wo sie sich wieder vereinigen. Auf diese Weise kam ich auf die gewöhnliche Synthese zurück, aber als ein Mann, der weiß, was er thut. Das Nachdenken ersetzte mir hierbei die Kenntnisse, und ein sehr natürlicher Gedanke war mir behilflich, mich zurecht zu finden. Ob ich nun leben blieb oder starb, ich hatte keine Zeit zu verlieren. Wer in einem Alter von fünfundzwanzig Jahren nichts weiß und voll Verlangen ist, alles zu lernen, muß sich wahrlich angelegen sein lassen, die Zeit zu Rathe zu halten. Ohne Ahnung, wo das Schicksal oder der Tod meinem Eifer ein Halt zurufen könnte, wollte ich mir für jeden Fall eine Vorstellung von allen Dingen erwerben, sowohl um meine natürlichen Anlagen zu prüfen, als auch um selbst ein Urtheil darüber zu gewinnen, welches Studium sich für mich am besten eignete.
    Die Ausführung dieses Planes gewährte mir noch einen andern Vortheil, an den ich nicht gedacht hatte, nämlich den, viel Zeit dabei zu ersparen. Ich muß für das Studium wohl nicht geboren sein, denn eine längere geistige Beschäftigung ermüdet mich dergestalt, daß es mir unmöglich ist, auch nur eine halbe Stunde hinter einander denselben Gegenstand zu betreiben; zumal wenn ich den Gedanken eines Fremden folge, denn meinen eigenen habe ich mich allerdings bisweilen und sogar mit einigem Erfolge noch länger überlassen können. Wenn ich einem Schriftsteller, den man mit Ueberlegung lesen muß, einige Seiten gefolgt bin, vermag sich mein Geist nicht länger mit ihm zu beschäftigen und verliert sich in die Wolken. Will ich trotzdem in der Lectüre fortfahren, erschöpfe ich mich umsonst; ich werde wie geblendet, ich sehe nichts mehr. Wenn jedoch verschiedene Gegenstände, sogar ohne Unterbrechung,

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