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Rubinrotes Herz, eisblaue See

Rubinrotes Herz, eisblaue See

Titel: Rubinrotes Herz, eisblaue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Callan Rogers
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Treppe hinauf, durch einen weiteren Flur und in einen sonnendurchfluteten Raum. Etwa zehn weitere Schüler schauten mich an. Einige sahen ein bisschen seltsam aus, so wie Rose, und andere sahen sehr seltsam aus, wie zum Beispiel ein Junge, der in einer Ecke in einem Rollstuhl saß, verdreht wie ein krumm gewachsener Ast.
    »Rose! Da bist du ja!« Eine rundliche Frau mit hellbraunem Haar kam auf uns zu. »Du musst um Erlaubnis fragen, bevor du hinausgehst.« Sie sah eher besorgt aus als streng. »Hallo«, sagte sie zu mir. »Hast du Rose zurückgebracht?«
    »Wie man’s nimmt«, sagte ich. »Sie wusste schon, wo sie hinmusste.«
    »Oh ja, Rose kennt ihr Klassenzimmer«, sagte die Lehrerin. »Trotzdem danke. Ich bin übrigens Miss Belanger.«
    »Das ist Florine«, sagte Rose. »Wir sind zusammen zur Schule gegangen.«
    Die Lehrerin sah überrascht aus. »Oh! Tatsächlich?«
    »Hast du meinen Poppy gesehen?«, fragte Rose mich. »Ich hab ihn schon lange nicht mehr gesehen.«
    »Nein«, sagte ich. Ich fragte mich, ob der Teufel ihn und Bigger durch ein stinkendes Loch im Boden gezerrt und dann alles wieder zugescharrt hatte.
    Miss Belanger sagte: »Rose lebt seit ungefähr einem Jahr bei mir. Sie ist eine richtige Künstlerin. Wenn du Zeit hast, können wir -« Doch Rose zog mich bereits zu einer Wand und deutete auf ein Bild in einem dunklen Holzrahmen. Drei Figuren, Engel oder Mädchen, schwebten in weiß-blauen Kleidern an einem purpurroten, von Sternen und Kometen übersäten Himmel. Weit unter ihnen zeichneten sich drei Häuser mit gelben Lichtquadraten vor dem Abendhimmel ab. In einem Haus saß genau in der Mitte ein Herz. Beim zweiten hockte ein lächelnder Vollmond auf dem Dach. Im dritten befand sich ein Augenpaar, das zu den drei Engelmädchen hinaufschaute.
    »Es ist wunderschön«, sagte ich.
    Miss Belanger schrieb mir eine Notiz für meine Lehrerin, um zu erklären, warum ich zu spät kam.
    In der nächsten Pause riefen Terry und ihre Bande mir »Spastifreundin« hinterher.
    »Ignorier sie einfach«, sagte Grand, als ich ihr davon erzählte. »Gib ihnen nicht die Befriedigung, dich darüber zu ärgern.«
    Warum Grand meinte, dass Gemeinheit einfach verschwand, wenn man sie ignorierte, leuchtete mir nicht ein. Ich ärgerte mich trotzdem darüber. Dennoch gab ich mir Mühe, möglichst wenig aufzufallen. Wenn ich ins Klassenzimmer kam, ging ich direkt zu meinem Platz und starrte so konzentriert auf die Tafel, dass ich nach einer Weile lesen konnte, was in der Stunde vorher dort gestanden hatte.
    Eines Tages saßen wir herum und warteten auf eine Lehrerin, die sich verspätet hatte. Während die anderen sich unterhielten, hielt ich den Kopf gesenkt und kritzelte Blümchen in mein Heft.
    »Du hast schöne Haare«, sagte jemand hinter mir.
    Ich kritzelte weiter.
    »Hey, du hast schöne Haare«, wiederholte er und stupste mich in den Rücken.
    Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Hinter mir saß ein Junge, dessen Nase ein bisschen schief war, als wäre sie mal gebrochen gewesen, und an der Lippe hatte er eine Narbe. Als ich ihn ansah, lächelte er mich mit großen weißen Zähnen an. »Hi«, sagte er. »Du hast schöne Haare. Es funkelt richtig, das Rot. Sieht toll aus.« Er hielt mir seine große, kräftige Hand hin. »Ich bin Kevin.«
    »Hi«, sagte ich und wandte mich wieder meinen Blümchen zu.
    Auf dem Heimweg im Bus erzählte ich Dottie von Kevin.
    »Ist doch prima, dass er deine Haare schön findet«, sagte Dottie. »Du solltest ein paar Leute kennenlernen. So übel sind die gar nicht. Ich bin heute Mitglied bei der Mädchen-Bowlingmannschaft geworden.«
    Als ich nach Hause kam, saß Grand auf dem Sofa und sah sich eine Fernsehshow an. Sie hatte die Schürze umgebunden und Mehl im Gesicht, und sie strickte wieder mal an irgendetwas.
    Auf dem Backbrett in der Küche stand eine Schale mit Mehl. Ray hatte für morgen fünf Brote bestellt. Normalerweise war Grand um diese Zeit schon halb damit fertig. »Meinst du, das Mehl verwandelt sich von selbst in Teig?«, rief ich.
    »Was hast du gesagt?«
    Ich ging zurück ins Wohnzimmer. Sie sah mich über ihre Brillengläser hinweg an, in denen sich die Fernsehbilder spiegelten. Sie wurde bald achtundsiebzig, und in letzter Zeit kam sie mir tatsächlich alt vor.
    »Soll ich mich um das Brot kümmern?«, fragte ich.
    Sie runzelte die Stirn. »Grundgütiger, ich verliere den Verstand«, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu mir. Sie legte ihr Strickzeug beiseite und

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