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Dunkle Gefährtin

Titel: Dunkle Gefährtin
Autoren: Jennifer Ashley
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Kapitel 1
    Los Angeles, im September
    S amantha hasste es, den Dämonenlockvogel zu spielen.
    Sie saß an einem der hohen Tische in Barnähe in Merricks Dämonenclub, trug ein hautenges schwarzes Kleid, schwarze Strümpfe mit Strapsen und Schuhe mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen. Damit hatte sie vorher erst einmal üben müssen zu gehen. Seit zwei Wochen bestand ihr Job darin, auf einem Barhocker zu sitzen, ihre langen Beine übereinanderzuschlagen und zu warten, dass Merrick oder einer seiner Dämonen ihr die illegale Droge Mindglow anbot. Nur hatte sie bisher noch niemand zu mehr überreden wollen, als einen zweiten Martini zu bestellen.
    Heute Abend ging es im Club wie immer zu. Sämtliche Tische waren besetzt, und die Venice-Beach-Kundschaft harrte geduldig der Dämonen, die sich ihre Beute für eine Nacht aussuchten. Ein paar Leute saßen allein an der Bar, darunter ein Mann mit gebeugten Schultern, der regungslos auf die Reihe leerer Schnapsgläser vor ihm starrte.
    Um elf Uhr kamen die Dämonen aus den Hinterzimmern geschlendert, wunderschön und verführerisch. Allein ihre lächelnde Begrüßung der Gäste versprach schon höchste Sinnesfreuden. Samantha fühlte ihre Aura wie violetten Rauch, sobald sie jene Opfer berührten, an deren Lebensessenz sie sich heute Nacht nähren würden.
    In allen Staaten gab es Gesetze, nach denen Dämonen die Erlaubnis der Menschen brauchten, bevor sie sich von ihrer Lebensessenz bedienen dürfen – jener flüchtigen Substanz, die ein Wesen lebendig machte und ohne die es nichts als eine hohle Biomasse wäre. Wie es Vampiren gesetzlich verboten war, ihre Opfer leer zu saugen, durften auch die Dämonen den ihren nicht so viel Lebensessenz nehmen, dass sie starben. Natürlich versuchten sie dauernd, die »Erlaubnisklausel« zu umgehen, und der Schwarzmarkt für Lebensessenz florierte. Deshalb war Samantha in ihrer Eigenschaft als Polizistin beim LAPD hier, um der dämonischen Vergewaltigungsdroge Mindglow den Garaus zu machen.
    Merrick, der Clubbesitzer, schlenderte auf ihren Tisch zu. Wie üblich trug er einen makellosen grauen Armani-Anzug. »Ah, Sam, ich wusste doch, dass du wiederkommst! Kann ich dich heute Abend vielleicht überreden, dich in meinem Lichtschein zu sonnen?«
    Bei dem unverkennbaren Höllengeruch, der ihn umgab, rümpfte Samantha unwillkürlich die Nase. Normale Menschen nahmen ihn gar nicht wahr, wohingegen sie den trockenen Schwefelgestank, gemischt mit einer Note aus Macht und Arroganz, überall erkannte.
    Moderne Dämonen betrachteten sich nicht als böse, im Gegensatz zu den Ewigen, den mächtigen Dämonen, die in vergangenen Jahrhunderten auf Erden wandelten. Einmal hatte Samantha gegen einen Ewigen gekämpft – nicht allein, sondern mit einer Gruppe von Hexen und Unsterblichenkriegern zusammen –, folglich konnte sie nur bestätigen, wie übel sie waren. Dieses Erlebnis bescherte ihr bis heute Alpträume.
    Die Dämonen im Merrick’s waren niedere, die gelernt hatten, sich dem Leben in der Menschenwelt anzupassen. Liefen sie aus dem Ruder, konnten sie verhaftet und in Spezialzellen gesperrt werden. Dort warteten sie dann, bis ihnen der Prozess gemacht wurde, beispielsweise, weil sie einem Menschen zu viel Lebensessenz geraubt oder ihn dazu verführt hatten, Mindglow zu nehmen.
    Samantha rang sich ein leeres Lächeln ab, als sie zu Merrick aufsah. »Vielleicht.«
    Wie die meisten Dämonen hatte er dunkle Augen, die sich am besten eigneten, um seine Opfer einzulullen.
Keine Opfer
, korrigierte Merrick gern,
Kunden!
    Er strich ihr über die Wange. »Ich gebe die Hoffnung nicht auf.«
    »Mal sehen. Ich meine … du bist scharf.« Sie musterte ihn von oben bis unten. »Aber ich bin so nervös.«
    »Bei mir brauchst du dich nie zu sorgen, Sam, meine Liebe.« Seine Berührung wurde sanfter, während seine Hand zu Samanthas nackter Schulter wanderte. »Ich kann es so schön machen, wie du willst, oder wenn du es gern ein bisschen grob hast …« Er brach ab. Inzwischen war er an ihrem Dekolleté angekommen.
    »Nein«, wandte sie rasch ein, »auf so etwas stehe ich nicht.«
    »Nein, du bist offensichtlich eine zarte Süße.« Seine Pupillen weiteten sich, so dass die Augen schwarz und hungrig wirkten. »Das sehe ich schon an der Art, wie du dich kleidest.«
    Innerlich kochte sie angesichts seiner Arroganz. Ihre Halbdämonensinne registrierten die Pheromone, die er auf sie abfeuerte. Er wollte, dass sie sich entspannte, erregt und willenlos
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