Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde
hier war ich besessen von diesem Land. Oh, wie habe ich mich zurückgesehnt! Ich saß in meinem Elternhaus in Norwegen und büffelte Suaheli, und später, als Heiko und ich geheiratet hatten - wenn du ahntest, wie sparsam wir waren, wie wir Pfennig zu Pfennig legten, damit wir wieder nach Afrika fahren konnten! Und damals, als Mylady uns dieses Angebot machte - ich habe dicke Tränen geheult, und Heiko.“, ich mußte plötzlich lachen, die ganze Szene war so lebendig in meiner Erinnerung - „Heiko hat sie einfach geküßt!“
„Sie ist ein wunderbarer Mensch. Mylady, meine ich.“
„Das ist sie. Für die könnte ich durchs Feuer gehen.“
„Feuer!“ rief Peggy. „Mein Kuchen!“
Sie rannte in die Küche, aber gleich darauf kam sie beruhigt zurück. Ihre Kuchenprozedur im Propangasherd verlief anscheinend programmgemäß.
„Aber du freust dich bestimmt auf Norwegen“, nahm sie wieder das Gespräch auf.
„Na klar. Auf meine Eltern und Geschwister. Und auf meinen Neffen, den ich noch nicht gesehen habe! Aber zur Taufe werde ich da sein, das arme Kind muß Heide bleiben, bis Tante Sonja aufkreuzt.“
Ich warf einen Blick auf das Bild über dem Bett. Rolf und Senta mit ihrem Erstgeborenen, damals drei Wochen alt. Bis ich ihn zu sehen bekam, würde er ein halbes Jahr alt sein.
„Man könnte darauf schwören, daß du es bist“, meinte Peggy.
„Es sind viele, die so geschworen haben“, lachte ich. Peggy nickte. Sie kannte allmählich all die Verwechslungsgeschichten, wie Senta und ich umschichtig die Schularbeiten machten, wie ich einmal statt Senta den Po voll bekommen hatte - und später, als ich in Hamburg verheiratet war, in den Ruf kam, meinen Mann zu betrügen, weil jemand Senta mit Rolf auf dem Jahrmarkt gesehen hatte.
„Dies ist das erste Mal, daß wir nicht im Takt gehen“, sagte ich. „Ich habe mir eigentlich immer vorgestellt, wir würden gleichzeitig Kinder kriegen.“
„Du hast nun Afrikas Tiere statt eigener Kinder gewählt“, erinnerte mich Peggy.
„Nicht ,statt’, Peggy. Wenn wir wieder in Europa und sozusagen dort zur Ruhe gekommen sind, möchte ich wahnsinnig gern Kinder haben. Jetzt bin ich vierundzwanzig - wenn ich sechsundzwanzig bin, kann es losgehen!“
Ich packte zu Ende, und Peggy dekorierte ihren Kuchen. Er war zur Abschiedsfeier für Heiko und mich bestimmt.
Natürlich freute ich mich auf die Eltern und Geschwister. Ich freute mich auch darauf, „Mylady“ wiederzusehen. - Wir nannten sie immer unter uns Mylady. - Oh, ich hatte so viel, worauf ich mich freuen konnte. Das sagte ich auch Heiko, als wir abends ins Bett gegangen waren.
„Worauf freust du dich denn am meisten?“ fragte Heiko.
„Auf den Tag, wo wir wieder zurück sind“, sagte ich und küßte meinen Mann.
Mylady
Lennart und George luden unsere Koffer in das Kleinflugzeug, Kerstin und Peggy umarmten mich und versprachen, sich um all das zu kümmern, was eigentlich meine Arbeit war. Vor allem um Kito, meine zahme Gepardin. Mit ihr war es nun so eine Sache. Ich hatte sie bekommen, als sie etwa sechs Wochen alt war, ein ausgemergeltes, halb verdurstetes kleines Wesen, dessen Mutter in grausamster Weise in der Drahtschlinge eines Wilderers ums Leben gekommen war. Ich hatte Kito mit unsagbar viel Mühe hochgepäppelt, mit Dosenmilch und Babynahrung, später mit Hackfleisch und Kalkpräparaten. Sie wurde rührend anhänglich und so zahm wie ein Schoßhund. Ich nannte sie Kito, weil sie so schöne funkelnde Augen hat. „Kito“ ist Suaheli und bedeutet Edelstein.
Dann wurde sie erwachsen, eine schöne junge Gepardendame, bestimmt sehr begehrenswert. Eines Tages folgte sie dem Ruf der Natur. Sie verschwand ganz einfach. Nach drei Wochen kam sie wieder, liebebedürftig wie eh und je, sehr froh darüber, zu Hause zu sein. Sie trank eine Menge Milch, lehnte aber festes Futter ab. War sie auf den richtigen Raubtiergeschmack gekommen? Hatte ihr ein Verehrer das Jagen beigebracht? Jedenfalls sah sie ganz gut genährt aus.
Bald sah sie noch rundlicher aus, und es wurde uns klar, daß wir Gepardenfamilienzuwachs kriegen würden. Ich machte ihr ein schönes Wochenbett zurecht. Pustekuchen! Kito hatte ihre eigenen Begriffe und ihre eigene Meinung. Eines Morgens kam sie gertenschlank durch unseren kleinen Garten, miaute und strich den Kopf gegen meinen Arm. Ich gab ihr Milch, und sie trank eine ganze Menge. Dann verschwand sie wieder.
Erst drei Tage später fand ich die Jungen. Zwei kleine gefleckte, mollige,
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