Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
immer mit Kindern umzugehen - ich mochte das noch viel lieber als die „allgemeine Praxis“ von Bernt. Und Frau Doktor war bis jetzt mit mir zufrieden. „Sie haben wirklich allerlei gelernt bei meinem norwegischen Kollegen“, hatte sie ein paarmal gesagt.
Ja, ich liebte meinen Beruf und war glücklich, daß ich ihn gewählt hatte!
„Was möchtest du nun tun?“ fragte Hartmut. „Wie verbringen wir die letzten teuren Stunden hier?“
„Du wirst lachen“, sagte ich. „Aber weißt du, ich bin jetzt so vollgestopft mit Kunst, mit herrlichen Bauwerken, mit Geschichte und Denkmälern - jetzt möchte ich einen stillen friedlichen Spaziergang am Moldauufer mit dir machen!“-
„Gut, das mache ich mit!“
Der Abend war kühl, es war ja noch Vorfrühling, aber die Luft war klar und weich, und in den Parkanlagen blühten Krokusse, Veilchen und Osterglocken. Die sinkende Sonne warf ein goldrotes Licht über all die Schönheit.
„Es ist so unfaßbar“, sagte ich leise.
„Was ist unfaßbar? Der Sonnenuntergang, oder.“
„Der auch. Aber das Unfaßbare ist, daß es die Moldau ist, die hier strömt. Daß meine kleine Wenigkeit am Ufer der Moldau steht, daß es Moldauwellen sind, die hier gegen das Ufer glucksen.“
Hartmut schwieg ein Weilchen. Dann sagte er: „Wie hattest du eigentlich recht, Spatz!“
„Hatte ich? Wann und wo?“
„Als du mir den Brief schriebst, worauf ich so häßlich antwortete. Ich habe ihn später öfters gelesen. Du schriebst: ,Geteilte Freude ist doppelte Freude.’ Und ich Idiot wollte das nicht einsehen!“ Ich drückte seinen Arm.
„Es stimmt aber doch!“
„Und ob es stimmt!“
„Weißt du, jetzt ist es genau ein Jahr her, seit ich der Tatsache gegenüberstand, daß ich ein Jahr überbrücken mußte. Wenn ich geahnt hätte, was für eine Brücke das werden sollte!“ Hartmut lächelte.
„Das kann man wohl sagen. Vielleicht die wichtigste Brücke deines Lebens!“
„Ja“, nickte ich. „Man könnte sagen: die Karlsbrücke des Glücks!“
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