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SABOTAGE: Warum wir uns zwischen Demokratie und Kapitalismus entscheiden müssen (German Edition)

SABOTAGE: Warum wir uns zwischen Demokratie und Kapitalismus entscheiden müssen (German Edition)

Titel: SABOTAGE: Warum wir uns zwischen Demokratie und Kapitalismus entscheiden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Augstein
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wird daraus ein kleiner Vers: »Quand je me regarde, je me désole. Mais quand je me compare, je me console.« Aber je nach Standpunkt muss man sagen: Gott sei Dank, dass der Vergleich ihn beruhigt. Oder eben: Was für ein Jammer! Der Wahrnehmung dieses jungen Mannes verdankt die Gesellschaft ihre Stabilität. Er ist in Wahrheit unzufrieden mit seinen Verhältnissen, aber er sieht, dass es den anderen in seiner Umgebung auch nicht besser geht. Das beruhigt ihn. Das Potential der Empörung bleibt begrenzt. Eine Revolution ist von diesem Mann in nächster Zeit nicht zu erwarten. Aus ihm spricht das Schweigen der Masse, bei der sich Unzufriedenheit und Resignation die Waage halten. Ein Mann wie Peer Steinbrück dagegen steht für die unzufriedene Elite. Wenn Steinbrück nur sich selbst betrachtet, kann er kaum mit gutem Gewissen klagen: Die Einkünfte aus den öffentlichen Ämtern sind nicht so schlecht. Wenn er sich hingegen mit Bankern und Managern vergleicht, mit denen, die die phantastischen Renditen der Globalisierung abschöpfen, dann müssen seine nach dem Muster der Beamtenbesoldung gestrickten öffentlichen Bezüge wie ein Scherz wirken. Wir werden zum Zorn der Eliten noch kommen, wenn es um den Zynismus geht.
    Je mehr sie im Geheimen bleiben, desto besser breiten sich Ungleichheit und Ungerechtigkeit aus. Die Gehälter der Manager, die Boni der Banker, die Nebeneinkünfte eines Politikers – ihre absolute Höhe hat das Potential, Unmut zu erzeugen. Wenn sie bekannt werden, bedarf es gut funktionierender Mechanismen der Unmutsvorbeugung. Der Unmutsumlenkung. Der Unmutsauflösung. Die Maschine der Unmutsverarbeitung wertet solche Zahlen für den öffentlichen Diskurs um. Der Ungerechtigkeitsgehalt wird aufgelöst. Stattdessen wird ein Sinnzusammenhang erzeugt, in dem die objektiv erfolgte Umverteilung von unten nach oben nicht nur nicht skandalös, sondern im Gegenteil als erfreulich dargestellt wird.
    Im Rückblick erscheint der alte Kapitalismus, man muss das inzwischen so sehen, als vergleichsweise menschenfreundliche Veranstaltung. Vom Wohlstand, der damals erzeugt wurde, konnten tatsächlich alle profitieren. Im Jahr 1964 fragte der Journalist Günter Gaus den Chef der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs, nach der sozialen Gerechtigkeit:
    »Nach Ihrer Auffassung, Herr Dr. Abs: Kann die Forderung nach Gerechtigkeit in diesem Wirtschaftssystem, das wir haben, mehr als eine ehrenwerte, aber stets platonische fromme Bitte sein?«
    Und Abs antwortete: »Das möchte ich nicht sagen. Ich möchte die Gerechtigkeit zunächst einmal in der Einkommensentwicklung sehen. Immerhin, wenn Sie meine Bank nehmen, so sind die Tarifangestellten in den letzten sieben Jahren um 70 Prozent in ihren Bezügen gestiegen, die Oberbeamten um etwa 50, die Unterschriftsträger um 40, die Direktoren um 33, der Vorstand um null Prozent. Es ist also eine echte Entwicklung.«
    Später ging diese Entwicklung in die andere Richtung.
    In den siebziger Jahren lagen die oberen Verdienste in amerikanischen Firmen 40-mal so hoch wie die unteren. Im Jahr 2007 waren sie 400-mal so hoch. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz hat in seinem Buch über die Ungleichheit für die USA die Zahlen zusammengetragen: Einem Prozent der Amerikaner gehört mehr als ein Drittel des Volksvermögens. Das Durchschnittseinkommen dieser Gruppe betrug 2007 nach Steuern 1,3 Millionen, das der unteren 20 Prozent 17.800 Dollar. Die obersten 0,1 Prozent der Amerikaner streichen alle 36 Stunden so viel ein, wie die unteren 90 Prozent in einem Jahr verdienen. Allein die sechs Erben des Wal-Mart-Imperiums verfügen über ein Vermögen von 69,7 Milliarden Dollar; das entspricht dem Gesamtvermögen des unteren Bevölkerungsdrittels. Weit mehr als die Hälfte des wirtschaftlichen Zuwachses landeten in den Wachstumsjahren vor der Krise beim reichsten Hundertstel der Bevölkerung.
    Seit der Krise waren es sogar 93 Prozent. Während diejenigen, die sich für die Mittelschicht hielten, in der Großen Rezession ihre Häuser und ihre Ersparnisse verloren, geht es den Leuten, die für die Misswirtschaft verantwortlich waren, blendend. Selbst der rechtskonservative Publizist Alan Posener ist angesichts dieser Zahlen einigermaßen fassungslos und muss einräumen: »Die Ungleichheit in Amerika hat ein Ausmaß erreicht wie zuletzt vor der Großen Depression der 1930er-Jahre.«
    In Deutschland sieht es ähnlich aus. Die – von der Masse der Menschen getragenen – Lohn-,

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