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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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im Schlosse.
    Der König, Rosenkranz und Güldenstern treten auf.
    König
.
    Ich mag ihn nicht, auch steht’s um uns nicht sicher,
    Wenn freisein Wahnsinn schwärmt. Drum macht euch fertig:
    Ich stelle schleunig eure Vollmacht aus,
    Und er soll dann mit euch nach England hin.
    Die Pflichten unsrer Würde dulden nicht
    Gefahr so nah, als stündlich uns erwächst
    Aus seinen Grillen.
    Güldenstern
.
    Wir wollen uns bereiten.
    Es ist gewissenhafte, heil’ge Furcht,
    Die vielen vielen Seelen zu erhalten,
    Die Eure Majestät belebt und nährt.
    Rosenkranz
.
    Schon das besondre, einzle Leben muß
    Mit aller Kraft und Rüstung des Gemüts
    Vor Schaden sich bewahren; doch viel mehr
    Der Geist, an dessen Heil das Leben vieler
    Beruht und hängt. Der Majestät Verscheiden
    Stirbt nicht allein; es zieht gleich einem Strudel
    Das Nahe mit. Sie ist ein mächtig Rad,
    Befestigt auf des höchsten Berges Gipfel,
    An dessen Riesenspeichen tausend Dinge
    Gekittet und gefugt sind: wenn es fällt,
    So teilt die kleinste Zutat und Umgebung
    Den ungeheuren Sturz. Kein König seufzte je
    Allein und ohn’ ein allgemeines Weh.
    König
.
    Ich bitte, rüstet euch zur schnellen Reise:
    Wir müssen diese Furcht in Fesseln legen,
    Die auf zu freien Füßen jetzo geht.
    Rosenkranz
und
Güldenstern
.
    Wir wollen eilen.
    Beide ab.
    Polonius kommt.
    Polonius
.
    Mein Fürst, er geht in seiner Mutter Zimmer.
    Ich will mich hinter die Tapete stellen,
    Den Hergang anzuhören; seid gewiß,
    Sie schilt ihn tüchtig aus, und wie Ihr sagtet, –
    Und weislich war’s gesagt, – es schickt sich wohl,
    Daß noch ein andrer Zeug’ als eine Mutter,
    Die von Natur parteiisch, ihr Gespräch
    Im stillen anhört. Lebet wohl, mein Fürst:
    Eh’ Ihr zu Bett geht, sprech’ ich vor bei Euch
    Und meld’ Euch, was ich weiß.
    König
.
    Dank, lieber Herr!
    Polonius ab.
    Oh, meine Tat ist faul, sie stinkt zum Himmel,
    Sie trägt den ersten, ältesten der Flüche,
    Mord eines Bruders! – Beten kann ich nicht,
    Ist gleich die Neigung dringend wie der Wille:
    Die stärkre Schuld besiegt den starken Vorsatz,
    Und wie ein Mann, dem zwei Geschäft’ obliegen,
    Steh’ ich in Zweifel, was ich erst soll tun,
    Und lasse beides. Wie? wär’ diese Hand
    Auch um und um in Bruderblut getaucht:
    Gibt es nicht Regen g’nug im milden Himmel,
    Sie weiß wie Schnee zu waschen? Wozu dient
    Die Gnad’, als vor der Sünde Stirn zu treten?
    Und hat Gebet nicht die zwiefache Kraft,
    Dem Falle vorzubeugen, und Verzeihung
    Gefallnen auszuwirken? Gut, ich will
    Emporschaun: mein Verbrechen ist geschehn.
    Doch oh, welch eine Wendung des Gebets
    Ziemt meinem Fall? »Vergib mir meinen schnöden Mord?«
    Dies kann nicht sein; mir bleibt ja stets noch alles,
    Was mich zum Mord getrieben: meine Krone,
    Mein eigner Ehrgeiz, meine Königin.
    Wird da verziehn, wo Missetat besteht?
    In den verderbten Strömen dieser Welt
    Kann die vergold’te Hand der Missetat
    Das Recht wegstoßen, und ein schnöder Preis
    Erkauft oft das Gesetz. Nicht so dort oben!
    Da gilt kein Kunstgriff, da erscheint die Handlung
    In ihrer wahren Art, und wir sind selbst
    Genötigt, unsern Fehlern in die Zähne
    Ein Zeugnis abzulegen. Nun? was bleibt?
    Sehn, was die Reue kann: Was kann sie nicht?
    Doch wenn man nicht bereuen kann, was kann sie?
    O Jammerstand! O Busen, schwarz wie Tod!
    O Seele, die, sich frei zu machen ringend,
    Noch mehr verstrickt wird! – Engel, helft! versucht!
    Beugt euch, ihr starren Knie’! Gestähltes Herz,
    Sei weich wie Sehnen neugeborner Kinder!
    Vielleicht wird alles gut.
    Entfernt sich und kniet nieder.
    Hamlet kommt.
    Hamlet
.
    Jetzt könnt’ ich’s tun, bequem; er ist im Beten,
    Jetzt will ich’s tun – und so geht er gen Himmel,
    Und so bin ich gerächt? Das hieß’: ein Bube
    Ermordet meinen Vater, und dafür
    Send’ ich, sein einz’ger Sohn, denselben Buben
    Gen Himmel.
    Ei, das wär’ Sold und Löhnung, Rache nicht.
    Er überfiel in Wüstheit meinen Vater,
    Voll Speis’, in seiner Sünden Maienblüte.
    Wie seine Rechnung steht, weiß nur der Himmel,
    Allein nach unsrer Denkart und Vermutung
    Ergeht’s ihm schlimm: und bin ich dann gerächt,
    Wenn ich in seiner Heiligung ihn fasse,
    Bereitet und geschickt zum Übergang?
    Nein.
    Hinein, du Schwert! sei schrecklicher gezückt!
    Wann er berauscht ist, schlafend, in der Wut,
    In seines Betts blutschänderischen Freuden,
    Beim Doppeln, Fluchen oder anderm Tun,
    Das keine Spur des Heiles an sich hat:
    Dann stoß’ ihn nieder, daß

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