Sämtliche Dramen
drinnen.
Prospero
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Fasse dich!
Nichts mehr von Schreck! Sag deinem weichen Herzen:
Kein Leid geschah.
Miranda
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O Tag des Wehs!
Prospero
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Kein Leid.
Ich tat nichts als aus Sorge nur für dich,
Für dich, mein Teuerstes, dich, meine Tochter,
Die unbekannt ist mit sich selbst, nicht wissend,
Woher ich bin, und daß ich viel was Höhers
Als Prospero, Herr einer armen Zelle,
Und dein nicht größrer Vater.
Miranda
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Mehr zu wissen,
Geriet mir niemals in den Sinn.
Prospero
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’s ist Zeit,
Dir mehr zu offenbaren. Leih’ die Hand
Und nimm den Zaubermantel von mir!
Er legt den Mantel nieder.
So!
Da lieg’ nun, meine Kunst! Du, trockne dir
Die Augen; sei getrost! Das grause Schauspiel
Des Schiffbruchs, so des Mitleids ganze Kraft
In dir erregt, hab’ ich mit solcher Vorsicht
Durch meine Kunst so sicher angeordnet,
Daß keine Seele – nein, kein Haar gekrümmt
Ist irgendeiner Kreatur im Schiff,
Die schrein du hörtest, die du sinken sahst.
Setz’ dich! Du mußt nun mehr erfahren.
Miranda
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Öfter
Begannt Ihr mir zu sagen, wer ich bin.
Doch bracht Ihr ab, ließt mich vergebnem Forschen
Und schlosset: Wart’! Noch nicht!
Prospero
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Die Stund’ ist da,
Ja die Minute fodert dein Gehör.
Gehorch’ und merke! Kannst du dich einer Zeit
Erinnern, eh’ zu dieser Zell’ wir kamen?
Kaum glaub’ ich, daß du’s kannst: denn damals warst du
Noch nicht drei Jahr alt.
Miranda
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Allerdings, ich kann’s.
Prospero
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Woran? An andern Häusern, andern Menschen?
Sag mir das Bild von irgendeinem Ding,
Das dir im Sinn geblieben.
Miranda
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’s ist weit weg,
Und eher wie ein Traum als wie Gewißheit,
Die mein Gedächtnis aussagt. Hatt’ ich nicht
Vier bis fünf Frauen einst zu meiner Wartung?
Prospero
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Die hatt’st du – mehr, Miranda: doch wie kömmt’s,
Daß dies im Geist dir lebt? Was siehst du sonst
Im dunkeln Hintergrund und Schoß der Zeit?
Besinnst du dich auf etwas, eh’ du herkamst,
So kannst du, wie du kamst.
Miranda
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Das tu’ ich aber nicht.
Prospero
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Zwölf Jahr, Miranda, sind es her, zwölf Jahre,
Da war dein Vater Mailands Herzog, und
Ein mächt’ger Fürst.
Miranda
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Seid Ihr denn nicht mein Vater?
Prospero
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Ein Tugendbild war deine Mutter, und
Sie gab dich mir als Tochter, und dein Vater
War Mailands Herzog; seine einz’ge Erbin
Prinzessin, nichts Geringers.
Miranda
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Lieber Himmel!
Welch böser Streich, daß wir von dannen mußten.
Wie? Oder war’s zum Glücke?
Prospero
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Beides, Liebe:
Ein böser Streich verdrängt’ uns, wie du sagst,
Doch unser gutes Glück half uns hieher.
Miranda
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Oh, wie das Herz mir blutet, wenn ich denke,
Wie viel Beschwer ich damals Euch gemacht,
Wovon ich nichts mehr weiß! Beliebt’s Euch, weiter?
Prospero
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Mein Bruder und dein Oheim – er hieß Antonio –
Ich bitte dich, gib Achtung! – daß ein Bruder
So treulos sein kann! – er, den ich nächst dir
Vor aller Welt geliebt und ihm die Führung
Des Landes anvertraut, das zu der Zeit
Die Krone aller Herzogtümer war,
Wie Prospero der Fürsten; dafür galt er
Der Würde nach und in den freien Künsten
Ganz ohnegleichen. Dieser nur beflissen,
Warf ich das Regiment auf meinen Bruder
Und wurde meinem Lande fremd, verzückt
Und hingerissen in geheimes Forschen.
Dein falscher Oheim – aber merkst du auf?
Miranda
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Mein Vater, sehr genau.
Prospero
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Sobald er ausgelernt, wie man Gesuche
Gewährt, wie abschlägt; wen man muß erhöhn,
Und wen als üpp’gen Schößling fällen: schuf er
Geschöpfe neu, die mir gehörten; tauschte,
Versteh’ mich, oder formte neu sie. So
Hatt’ er der Diener und des Dienstes Schlüssel
Und stimmte jedes Herz im Staat zur Weise,
Die seinem Ohr gefiel; war nun das Efeu,
Das meinen herzoglichen Stamm versteckt,
Das Grün mir ausgesogen. – Doch du hörst nicht.
Miranda
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O lieber Herr, ich tu’s.
Prospero
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Ich bitte dich, gib Achtung!
Daß nun ich so mein zeitlich Teil versäumte,
Der Still’ ergeben, mein Gemüt zu bessern
Bemüht mit dem, was, wär’s nicht so geheim,
Des Volkes Schätzung überstieg’, – dies weckte
In meinem falschen Bruder bösen Trieb.
Mein Zutraun, wie ein guter Vater, zeugte
Verrat von ihm, so groß im Gegenteil
Als mein Vertraun, das keine Grenzen hatte;
Ein ungemeßner Glaube. Er, nun Herr
Nicht nur von dem, was meine Renten trugen,
Auch allem sonst, was meiner Macht gebührte –
Wie einer, bis zur Wahrheit, durchs Erzählen
Zu
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