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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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sei!
    Amine .
    Das ist unmöglich, Freund, denn du bist nicht dabei!
    Egle .
    Nein, hör’ nur, Eridon, ich kann’s nicht mehr ertragen,
    Welch eine Lust ist das, Aminen so zu plagen?
    Verlass sie, wenn du glaubst, dass sie die Treue bricht;
    Glaubst du, dass sie dich liebt, nun gut, so plag’ sie nicht.
    Eridon .
    Ich plage sie ja nicht.
    Egle .
    Wie? Heißt das sie erfreuen?
    Aus Eifersucht Verdruss auf ihr Vergnügen streuen,
    Stets zweifeln, da sie dir doch niemals Ursach’ gibt,
    Dass sie –
    Eridon .
    Bürgst du mir denn, dass sie mich wirklich liebt?
    Amine .
    Ich dich nicht lieben! Ich!
    Eridon .
    Wenn lehrst du mich es glauben?
    Wer ließ sich einen Strauß vom kecken Damon rauben?
    Wer nahm das schöne Band vom jungen Thyrsis an?
    Amine .
    Mein Eridon! –
    Eridon .
    Nicht wahr, das hast du nicht getan?
    Belohntest du sie denn? O ja, du weißt zu küssen.
    Amine .
    Mein Bester, weißt du nicht? –
    Egle .
    O, schweig, er will nichts wissen!
    Was du ihm sagen kannst, hast du ihm längst gesagt;
    Er hat es angehört und doch aufs neu’ geklagt.
    Was hilft’s dich? Magst du’s ihm auch heut noch einmal sagen;
    Er wird beruhigt gehn und morgen wieder klagen.
    Eridon .
    Und das vielleicht mit Recht.
    Amine .
    Mit Recht? Ich! Untreu sein?
    Amine dir? Mein Freund, kannst du es glauben?
    Eridon .
    Nein!
    Ich kann, ich will es nicht.
    Amine .
    Gab ich in meinem Leben
    Dir je Gelegenheit?
    Eridon .
    Die hast du oft gegeben.
    Amine .
    Wenn war ich untreu?
    Eridon .
    Nie! Das ist es, was mich quält:
    Aus Vorsatz hast du nie, aus Leichtsinn stets gefehlt.
    Das, was mir wichtig scheint, hältst du für Kleinigkeiten;
    Das, was mich ärgert, hat bei dir nichts zu bedeuten.
    Egle .
    Gut! Nimmt’s Amine leicht, so sag’, was schadet’s dir?
    Eridon .
    Das hat sie oft gefragt; ja freilich schadet’s mir!
    Egle .
    Was denn? Amine wird nie andern viel erlauben.
    Eridon .
    Zu wenig zum Verdacht, zu viel, sie treu zu glauben.
    Egle .
    Mehr, als ein weiblich Herz je liebte, liebt sie dich.
    Eridon .
    Und liebt den Tanz, die Lust, den Scherz so sehr als mich.
    Egle .
    Wer das nicht leiden kann, mag unsre Mütter lieben!
    Amine .
    Schweig, Egle! Eridon, hör’ auf, mich zu betrüben!
    Frag’ unsre Freunde nur, wie ich an dich gedacht,
    Selbst wenn wir fern von dir getändelt und gelacht;
    Wie oft ich mit Verdruss, der mein Vergnügen nagte,
    Weil du nicht bei mir warst: „Was mag er machen?“, fragte.
    O, wenn du es nicht glaubst, komm heute mit mir hin
    Und dann sag’ noch einmal, dass ich dir untreu bin.
    Ich tanze nur mit dir, ich will dich nie verlassen,
    Dich nur soll dieser Arm, dich diese Hand nur fassen.
    Wenn mein Betragen dir den kleinsten Argwohn gibt –
    Eridon .
    Dass man sich zwingen kann, beweist nicht, dass man liebt.
    Egle .
    Sieh ihre Tränen an, sie fließen dir zur Ehre!
    Nie dacht’ ich, dass dein Herz im Grund so böse wäre.
    Die Unzufriedenheit, die keine Grenzen kennt
    Und immer mehr verlangt, je mehr man ihr vergönnt,
    Der Stolz, in ihrer Brust der Jugend kleine Freuden,
    Die ganz unschuldig sind, nicht neben dir zu leiden,
    Beherrschen wechselsweis dein hassenswürdig Herz;
    Nicht ihre Liebe rührt, dich rühret nicht ihr Schmerz.
    Sie ist mir wert, du sollst hinfort sie nicht betrüben:
    Schwer wird es sein, dich fliehn, doch schwerer ist’s, dich lieben.
    Amine (für sich) .
    Ach! Warum muss mein Herz so voll von Liebe sein!
    Eridon (steht einen Augenblick still, dann naht er sich furchtsam Aminen und fasst sie bei der Hand) .
    Amine! Liebstes Kind, kannst du mir noch verzeihn?
    Amine .
    Ach, hab’ ich dir es nicht schon allzuoft bewiesen?
    Eridon .
    Großmüt’ges, bestes Herz, lass mich zu deinen Füßen –
    Amine .
    Steh auf, mein Eridon!
    Egle .
    Jetzt nicht so vielen Dank!
    Was man so heftig fühlt, fühlt man nicht allzulang.
    Eridon .
    Und diese Heftigkeit, mit der ich sie verehre –
    Egle .
    Wär’ weit ein größer Glück, wenn sie so groß nicht wäre.
    Ihr lebtet ruhiger, und dein und ihre Pein –
    Eridon .
    Vergib mir diesmal noch, ich werde klüger sein.
    Amine .
    Geh, lieber Eridon, mir einen Strauß zu pflücken!
    Ist er von deiner Hand, wie schön wird er mich schmücken!
    Eridon .
    Du hast die Rose ja!
    Amine .
    Ihr Lamon gab sie mir.
    Sie steht mir schön.
    Eridon (empfindlich) .
    Jawohl –
    Amine .
    Doch, Freund, ich geb’ sie dir,
    Dass du nicht böse wirst.
    Eridon (nimmt sie an und küsst ihr die Hand) .
    Gleich will ich Blumen bringen.

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