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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Rührung nie.
    Eridon .
    Zu sehr, an deiner Brust, o Freundin, fühl’ ich sie!
    (Er fällt Eglen um den Hals und küsst sie, sie lässt es geschehn. Dann tritt sie einige Schritte zurück und fragt mit einem leichtfertigen Ton.)
    Egle .
    Liebst du Aminen?
    Eridon .
    Sie wie mich!
    Egle .
    Und kannst mich küssen?
    O warte nur, du sollst mir diese Falschheit büßen!
    Du ungetreuer Mensch!
    Eridon .
    Wie? Glaubst du denn, dass ich –
    Egle .
    Ich glaube, was ich kann. Mein Freund, du küsstest mich
    Recht zärtlich, das ist wahr. Ich bin damit zufrieden.
    Schmeckt dir mein Kuss? Ich denk’s; die heißen Lippen glühten
    Nach mehr. Du armes Kind! Amine, wärst du hier!
    Eridon .
    Wär’ sie’s!
    Egle .
    Nur noch getrutzt! Wie schlimm erging’ es dir!
    Eridon .
    Ja, keifen würde sie. Du musst mich nicht verraten.
    Ich habe dich geküsst, jedoch was kann’s ihr schaden?
    Und wenn Amine mich auch noch so reizend küsst,
    Darf ich nicht fühlen, dass dein Kuss auch reizend ist?
    Egle .
    Da frag’ sie selbst.
     
 * 
Letzter Auftritt
    Amine . Egle . Eridon .
    Eridon .
    Weh mir!
    Amine .
    Ich muss, ich muss ihn sehen!
    Geliebter Eridon! Es hieß mich Egle gehen,
    Ich brach mein Wort, mich reut’s; mein Freund, ich gehe nicht!
    Eridon (für sich) .
    Ich Falscher!
    Amine .
    Zürnst du noch? Du wendest dein Gesicht?
    Eridon (für sich) .
    Was werd’ ich sagen!
    Amine .
    Ach! verdient sie diese Rache,
    So eine kleine Schuld? Du hast gerechte Sache,
    Doch lass –
    Egle .
    O, lass ihn gehn! Er hat mich erst geküsst;
    Das schmeckt ihm noch.
    Amine .
    Geküsst!
    Egle .
    Recht zärtlich!
    Amine .
    Ah! das ist
    Zu viel für dieses Herz! So schnell kannst du mich hassen?
    Ich Unglückselige! Mein Freund hat mich verlassen!
    Wer andre Mädchen küsst, fängt seins zu fliehen an.
    Ach! Seit ich dich geliebt, hab’ ich so was getan?
    Kein Jüngling durfte mehr nach meinen Lippen streben;
    Kaum hab’ ich einen Kuss beim Pfänderspiel gegeben.
    Mir nagt die Eifersucht so gut das Herz wie dir;
    Und doch verzeih’ ich dir’s, nur wende dich zu mir!
    Doch, armes Herz, umsonst bist du so sehr verteidigt!
    Er fühlt nicht Liebe mehr, seitdem du ihn beleidigt.
    Die mächt’ge Rednerin spricht nun umsonst für dich.
    Eridon .
    O, welche Zärtlichkeit! Wie sehr beschämt sie mich!
    Amine .
    O, Freundin, konntest du mir meinen Freund verführen!
    Egle .
    Getrost, mein gutes Kind, du sollst ihn nicht verlieren.
    Ich kenn’ den Eridon und weiß, wie treu er ist.
    Amine .
    Und hat –
    Egle .
    Ja, das ist wahr, und hat mich doch geküsst.
    Ich weiß, wie es geschah, du kannst ihm wohl vergeben.
    Sieh! Wie er es bereut!
    Eridon (fällt vor Aminen nieder) .
    Amine! Liebstes Leben!
    O, zürne du mit ihr! Sie machte sich so schön;
    Ich war dem Mund so nah und konnt’ nicht widerstehn.
    Doch kennest du mein Herz, mir kannst du das erlauben,
    So eine kleine Lust wird dir mein Herz nicht rauben.
    Egle .
    Amine, küss’ ihn! Weil er so vernünftig spricht.
    (Zu Eridon.)
    Lust raubt ihr nicht dein Herz, dir raubt sie ihres nicht.
    So, Freund! Du musstest dir dein eigen Urteil sprechen;
    Du siehst, liebt sie den Tanz, so ist es kein Verbrechen.
    (Ihn nachahmend.)
    Und wenn ein Jüngling ihr beim Tanz die Hände drückt,
    Der eine nach ihr sieht, sie nach dem andern blickt,
    Auch das hat, wie du weißt, nicht gar so viel zu sagen.
    Ich hoffe, du wirst nie Aminen wieder plagen,
    Und denke, du gehst mit.
    Amine .
    Komm mit zum Fest!
    Eridon .
    Ich muss;
    Ein Kuss belehrte mich.
    Egle (zu Aminen) .
    Verzeih uns diesen Kuss!
    Und kehrt die Eifersucht in seinen Busen wieder,
    So sprich von diesem Kuss, dies Mittel schlag’ ihn nieder! –
    Ihr Eifersüchtigen, die ihr ein Mädchen plagt,
    Denkt euren Streichen nach, dann habt das Herz und klagt.
     
 * 

Johann Wolfgang Goethe
Die
Mitschuldigen
 
    entstanden 1768/69, veröffentlicht 1909,
uraufgeführt am 30.11.1776 in Weimar
    ———
    m  i  t  s  c  h  u  l  d  i  g  e
    ———
 
 * 
 
    Personen
    Erster Aufzug
    Zweiter Aufzug
    Dritter Aufzug
Personen
    Der Wirt.
    Sophie, seine Tochter.
    Söller, ihr Mann.
    Alcest.
    Ein Kellner.
    Der Schauplatz ist im Wirtshause.
Erster Aufzug
    (Die Wirtsstube.)
Erster Auftritt
    Söller im Domino an einem Tischchen, eine Bouteille Wein vor sich. Sophie gegenüber, eine weiße Feder auf einen Hut nähend. Der Wirt kommt herein. Im Grunde steht ein Tisch mit Feder, Tinte und Papier, daneben ein Großvaterstuhl.
    Wirt .
    Schon wieder auf

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