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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit jener spanischen Höflichkeit, mit welcher zwei Schuhputzer, wenn sie mit einander sprechen, sich ganz wie Granden erster Klasse tituliren. »Was soll ich? Was ist geschehen?«
    »Ach, mein werthester Don Gregorio Cagatinta, ein ganz entsetzliches Ereigniß. Soeben hat uns der Hauptmann Don Lukas Despierto geweckt und die Meldung gemacht, daß unten am Wasser ein Todter liegt, den Pepe, der Schläfer erschossen hat. Neben ihm befinden sich zwei Pakete, die lauter Kostbarkeiten aus dem Schlosse enthalten. Es sind drei Männer gewesen, zwei von ihnen sind auf die See entkommen, und einer hat einen Knaben auf dem Arme gehabt. Nun steht zu vermuthen, daß sie auf dem Schlosse eingebrochen sind und wer weiß was Alles verübt haben. Don Ramon, mein Herr, will sofort mit dem Hauptmanne hinauf, um die Sache zu untersuchen, und da Ihr der Eskribano seid, so habe ich Euch holen müssen. Macht schnell, Sennor Cagatinta, es ist keine Zeit zu verlieren! Ich will unterdessen vorangehen und den heiligen Bartholomäus bitten, Elanchovi in seinen Schutz zu nehmen.«
    »Geht, geht, ich komme gleich!« meinte Cagatinta, indem er seinen Kopf zurückzog und das Fenster schloß.
    Schon nach wenigen Augenblicken trat er aus der Thür und eilte dem Hause seines Vorgesetzten zu, bei welchem   sich der Hauptmann befand. Der Alkalde empfing seinen Schreiber mit einem Ernste, welcher auf die Wichtigkeit des Gegenstandes schließen ließ.
    »Sennor Eskribano, ich habe Euch rufen lassen, um mir zu helfen einem Verbrechen nachzuspüren, welches ein ganz außerordentlicher Kriminalfall genannt werden muß, wenn es überhaupt geschehen ist. Habt Ihr Eure Tinte mit?«
    »Per dios, Don Ramon, die habe ich in der Amtseile vergessen!«
    »So nehmt die meine!«
    »Sie ist vollständig eingetrocknet, denn wir haben seit drei Vierteljahren keinen einzigen Buchstaben zu schreiben gehabt.«
    »Schadet nichts. Auf dem Schlosse wird wohl Tinte vorhanden sein. Wie steht es mit dem Papier?«
    »Die drei Bogen, welche wir zur Adventszeit kauften, sind schon seit neun Monaten alle geworden.«
    »Schadet nichts. Im Schlosse werden wir welches finden! Brennt Euch die Laterne an und leuchtet uns voran. Darf ich bitten, Don Lukas Despierto, sich uns anzuschließen?«
    »Mit Vergnügen, Sennor Alkalde!«
    Die drei Männer verließen das Haus und schritten dem Schlosse zu. Sie fanden das Thor desselben verschlossen und setzten den schweren, eisernen Klopfer in Bewegung. Erst nach längerer Zeit vernahmen sie schlürfende Schritte, welche über den Hof herüberkamen, und eine mürrische Stimme frug:
    »Wer begehrt Einlaß zu so später Stunde?«
    »Im Namen des Gesetzes, öffnet sofort! Es ist ein außerordentliches Crimen bei Euch begangen worden!«
    »Ein Crimen! Was ist das?« frug der Mann, indem er den Riegel zurückschob. Als das Thor sich öffnete, erkannten die Eintretenden den Haushofmeister der Gräfin.
    »Ein Crimen ist das Fortschaffen eines Knaben in Verbindung mit erschwerenden Umständen in Form von zwei Paketen, Don Juan de Dios,« antwortete mit Würde der Alkalde. »Wo ist ihre Excellenza, die hochgnädige Frau Gräfin von Mediana?«
    »Sie schläft in ihrem Zimmer.«
    »Ich ersuche Euch, sie zu wecken und uns sofort zu ihr zu führen!«
    »Zu solcher Zeit? Was wollt ihr mit dem Knaben sagen und den Umständen von zwei Paketen?«
    »Das ist noch Sache unserer juristischen Verschwiegenheit. Also vorwärts im Namen des Gesetzes!«
    Der gute Alkalde hatte wenig Gelegenheit, die Würde seines Amtes zur Geltung zu bringen, weshalb es ihm nicht übel zu nehmen war, daß er es hier mit dem möglichsten Nachdrucke versuchte.
    Die vier Männer schritten über den Hof hinüber und die Treppe hinauf. Don Juan de Dios verschwand hier in den Gemächern der Gräfin, kehrte aber bald mit allen Zeichen des Entsetzens wieder zurück.
    »Don Ramon, Sennor Lukas, Herr Eskribano, oh, oh, was habe ich gesehen, was ist geschehen, was – oh, oh –!«
    Er rang nach Athem, wand die Hände und warf, wie nach Hülfe suchend, den bestürzten Blick aus einem Ende des Korridors in das andere.
    »Was habt Ihr gesehen, Don Juan?«
    »Etwas Schauderhaftes, etwas Grausiges, etwas Haarsträubendes, etwas – – –«
    »Etwas, nun was denn? Ich fordere Euch im Namen des Gesetzes allen Ernstes auf, mir sofort zu sagen, was Ihr gesehen habt!«
    »Die Gräfin – –«
    »Nun ja, die müßt Ihr doch wohl gesehen haben, denn ich habe Euch ja zu ihr geschickt. Aber seit wenn ist denn

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