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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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EINS
    E INS
    B loß keine Angst. Wie eine endlose Litanei kreisten diese Worte in ihrem Kopf, ein schmales Scheit, an das sie sich verzweifelt klammerte, einziger Halt in einem Meer voller Ungewissheit.
    Bloß keine Angst!
    Das hatte sie auch Bini immer wieder gepredigt, die mit weißen Lippen neben ihr hergehumpelt war, auch wenn sie tapfer behauptete, sie könne noch tagelang weiterlaufen.
    Sie waren aus Leipzig geflohen, Hals über Kopf, lediglich angetrieben von diffuser Hoffnung: Alles würde, alles musste besser werden in Wittenberg, doch jetzt …
    »Nichts ist mir mehr zuwider als dreistes Diebesgesindel. Vor allem, wenn es blonde Locken hat und einen Rock trägt.«
    Die Finger, die Susannas Handgelenk umklammert hielten, waren kräftig und von Farbspritzern übersät. Der Blick des Mannes, der auf sie herabschaute, kalt.
    Sie spürte, wie Röte ihr Gesicht überflutete. Hatte sie gerade noch durchgefroren die Nähe des offenen Feuers gesucht, so glühte sie auf einmal am ganzen Körper. Die dumpfen Gerüche der Taverne nach Bier und Fett empörten ihren leeren Magen.
    Plötzlich war ihr speiübel.
    Warum nur tat sich kein gnädiges Loch auf, in dem sie versinken konnte?
    »Das bin ich nicht«, stieß sie hervor.
    Wie feig ihre Antwort klang, wie kraftlos! Hätte sie doch nur noch singen können wie früher, sie wären niemals in diese verzweifelte Lage geraten.
    »Ach nein?« Seine Stimme troff vor Hohn. »Und was zum Teufel hatte deine Hand dann gerade in meinem Wams verloren?«
    Sie schluckte, blieb ihm die Antwort schuldig.
    »Ach, du wolltest mich eigentlich gar nicht bestehlen, sondern lediglich ein wenig aufreizen?«, fuhr er fort. »Dass ich da nicht gleich darauf gekommen bin! Nun, dann solltest du aber ein wenig mehr auf dein Äußeres achten. Wir haben hier in Wittenberg äußerst knusprige Hübschlerinnen, die ihre Dienste anbieten – und das nicht zu knapp.«
    Sein Griff wurde härter. Mit der Linken hielt er sie wie in einem eisernen Schraubstock.
    Susanna entfuhr ein Schmerzenslaut.
    »Lass sie los – du tust ihr ja weh!« Bini, die sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, schoss wie ein zerzauster Sperling auf den Tisch zu. Zwischen den massiven Holzbänken und Tischen sah sie winzig aus, mit ihren staubigen Röcken, den wild fuchtelnden Händen und den aufsässigen Haaren, die wie ein rotblonder Heiligenschein vom Kopf abstanden. »Ja, wir haben Bärenhunger«, rief sie. »Mein kranker Fuß bräuchte dringend ein heilsames Kraut. Und wo wir heute Nacht schlafen sollen, wissen wir auch noch nicht.«
    Zu Susannas Überraschung gab er sie tatsächlich frei, lehnte sich zurück und brach in schallendes Gelächter aus.
    Die Köpfe der Männer an den Nebentischen flogen zu ihnen herum, alle jung, die meisten von ihnen vermutlich Studenten. Manche starrten sie nur an, andere lachten oder machten anzügliche Gesten. Binnen Kurzem würde die ganze schäbige Taverne wissen, dass sie soeben versucht hatte, diesem Mann an den Beutel zu gehen.
    Öffentlich als Diebin bloßgestellt zu werden!
    Susannas Scham hätte größer nicht sein können.
    Wo waren die hellen Tage geblieben, aufgefädelt wie an einer endlosen Kette? Die Zweige der Birnbäume im Klostergarten, die ein Geflecht aus Licht und Schatten auf die jungen Beete geworfen hatten? Das Lied der Glocken, das sie viele Jahre beschützt und das Halt geboten hatte wie ein fest geknüpftes Netz?
    Die Sehnsucht nach Sonnefeld schnürte ihr die Kehle zu.
    Sie hatten nicht nur ihr Zuhause verloren, sondern auch alles andere dazu. Niemande waren sie nun, vogelfreies Pack, das von der Hand in den Mund leben und Tag für Tag um sein Leben bangen musste.
    »Ihr arbeitet also zusammen, diese magere Kleine und du.« Der Mann schien sich nur langsam beruhigen zu können. Sein Blick war noch immer skeptisch, aber nicht mehr ganz so eisig. »Offenbar nicht erst seit gestern. Und durchaus erfolgreich, wie mir scheint.«
    »Du hast ja nicht die geringste Ahnung«, wehrte Bini sich empört.
    »Dann verrat mir doch, wie ihr es anstellt. Oder soll ich es dir sagen? Ich denke, es läuft so: Die eine macht drollige Scherze und wackelt dabei mit dem Hinterteil, während die andere den Männern an die Börse geht. Wie weit würdet ihr zwei es wohl treiben – sogar bis ins Stroh, nur um an ein paar Kupfermünzen zu kommen?«
    »Wir sind ehrbare Frauen«, brachte Susanna mühsam hervor. »Bis vor Kurzem habe ich in Tavernen gesungen …«
    »Eine Musikantin bist

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