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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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›Renner der Prairie‹ nennt?«
    »Falkenauge hat von ihm gehört. Es ist ein Schimmelhengst, den keine Hand zu fangen vermag. Seine Augen sprühen Feuer, seine Nüstern blasen Dampf; seine Mähne schleift zur Erde, und seine Hufen geben Funken auf dem Felsen. Er ist schöner noch als die junge Squaw im Wigwam des Indianers und schneller als der Sturm zwischen den Bergen. Er kommt, wie der Gedanke und ist verschwunden, wie der Strahl des Blitzes, dem kein Auge zu folgen vermag.«
    »Er ist gesehen worden in den Ebenen des Black-Fork.«
    »So wird er gehen nach den Ufern des rothen Flusses   und an den Büffelsee, wo im Schatten des Waldes der Mustang lieber trinkt, als am offenen Ufer des Flusses.«
    »Sir Wallerstone!«
    »Master Wilson!«
    »Dieser Comanche geht nach dem Büffelsee –«
    »Geht mich nichts an!«
    »Er wird dort etwas höchst Seltenes und Kostbares finden.«
    »Geht mich nichts an!«
    »Nämlich den ›Renner der Prairie,‹ welcher nach dem Red-River geht.«
    Im Nu war der Engländer von seinem Stuhle empor, drehte sich herum, faßte das golden Lorgnon mit Daumen und Zeigefinger der Linken und betrachtete den Indianer mit Blicken, in denen sich ein immer größeres Wohlgefallen aussprach.
    » Well, Master Wilson, fragt ihn, ob das auch wahr ist!«
    »Er hat es mir soeben versichert.«
    »Ist ihm zu glauben?«
    »Ohne Zweifel! Er ist der berühmteste, tapferste und aufrichtigste Comanche, den die Savanne trägt.«
    »Gut, wir gehen direkt von hier nach dem Büffelsee!«
    »Und Eure Zeichnung?«
    »Wird gleich fertig sein!«
    Er faßte Falkenauge noch einmal scharf in den Blick. Die schöne, wildelegante Erscheinung, welche dieser mit seinem prachtvollen Pferde bildete, äußerte auf seinen künstlerischen Sinn eine unwiderstehliche Anziehungskraft.
    »Master Wilson, fragt ihn, ob ich sein Porträt nehmen darf!«
    Der Westmann wandte sich zu dem Comanchen, der   sein Pferd bis an die Staffelei getrieben hatte, und mit erstaunten Blicken die auf derselben befestigte Zeichnung mit den vor ihm ausgebreiteten Höhen der Nebelberge verglich.
    »Was sieht mein rother Bruder?«
    »Der weiße Mann ist ein großer Zauberer. Kann er auch die Gestalt des Menschen festhalten, daß sie nicht stirbt?«
    »Soll er diejenige meines rothen Bruders festhalten?«
    »Wer wird sie bekommen?«
    »Er wird sie zweimal festhalten und einmal wird sie mein Bruder erhalten. Er kann sie mit in sein Wigwam nehmen und sie der Squaw seines Herzens schenken.«
    Falkenauge’s Augen leuchteten auf.
    »Er mag die große Medizin beginnen!«
    »Was sagt er dazu?« frug der Engländer.
    »Er sagt Ja, unter der Bedingung, daß auch er ein Bild bekomme.«
    »Er soll es haben! Stellt ihn mit dem Pferde so, daß ich ihn rechts vor der Sonne habe!«
    Wilson ergriff das Pferd des Comanchen beim Zügel und gab ihm eine Stellung, welche diesem Wunsche des Engländers entsprach. Falkenauge rückte sich in die stolzeste Haltung, die ihm möglich war; Wallerstone steckte neues Papier auf, ergriff den Stift – die sonderbare Sitzung mitten in der Apacheria und umgeben von den Gefahren der furchtbaren Steppe, begann.
    Das erste Porträt steckte der Engländer in seine Mappe, und erst das zweite erhielt der Comanche. Er berührte das Papier mit den Fingerspitzen und betrachtete sein Bild mit einer Scheu und doch zugleich mit einem   Entzücken, als halte er das höchste Gut der zeitlichen und ewigen Jagdgründe in den Händen.
    »Uff!« machte er im Gutturaltone seinem Herzen Luft. »Das ist Falkenauge, der Comanche, und« – setzte er im Stillen hinzu, »Mo-la, die Blume der Savanne, wird ihn bekommen!«
    Er stieg ab, löste den Sattel und befestigte das Bild zwischen diesem und der Schabrake in der Weise, daß es keinen Schaden leiden konnte.
    Der Engländer hatte sich bereits wieder mit der Vollendung seiner Landschaft beschäftigt und zeigte für alles andere keine Augen.
    »Wann wird mein weißer Bruder beim Büffelsee sein?«
    »Er weiß es jetzt nicht,« antwortete Wilson.
    »Kennt er die Büffelinsel?«
    »Er hat sie noch nicht gesehen, denn seine Heimath liegt vom Lande der Comanchen viele hundert Tagreisen nach Mitternacht. Aber er wird sie finden, wenn es nothwendig ist, daß er sie sucht.«
    »Die Pferde meines Bruders sind jung und kräftig; wenn er jetzt fortreitet, wird er dort sein, ehe die Sonne zum zweiten Male sich senkt. Der Rio Gila fließt in den rothen Fluß an dem Orte, den die rothen und weißen Männer die rothe Gabel

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