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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte, so war das nur eine Wegnahme gestohlenen Gutes zu nennen.
    Als man noch eine halbe Stunde geritten war, wurde angehalten und hinter einem Vorsprunge des Waldes Lager gemacht. Da konnte man Feuer anbrennen, ohne befürchten zu müssen, daß dieselben gesehen würden.
    Die beiden Rinder wurden geschlachtet und zerlegt, um verteilt zu werden. Es erhielt ein jeder so viel, daß er mehrere Tage davon zehren konnte. Natürlich begann eine allgemeine Braterei und Schmauserei, an welcher sich nur zwei nicht beteiligten, nämlich der junge Inka und sein treuer Anciano. Sie dachten seit des Gespräches mit dem Vater Jaguar weder an Hunger und Durst, noch an etwas andres, als nur allein an den ermordeten Inka.
    Die Pferde wurden freigelassen. Obgleich die Glocke der Madrina sie zusammenhielt, versäumte Hammer es nicht, ihnen zwei Wächter zu geben. Später, als man sich gesättigt hatte, wurden die Feuer ausgelöscht, und man legte sich zur Ruhe. Drei schliefen fast gar nicht, nämlich wieder der Inka und der Anciano, und der dritte war der kleine Gelehrte, dem das versprochene Riesentier so im Kopfe spukte, daß er, obgleich oft schon halb entschlummert, immer wieder aufwachte.
    Sobald der Tag zu grauen begann, wurde aufgebrochen. Von jetzt an zeigte sich das Land sehr abwechslungsreich, aber die Abwechslung war stets dieselbe: dichter Wald mit einzelnen offenen Durchbrüchen und dann wieder größere oder kleinere grasige Flächen, an deren Rändern die Dörfer lagen.
    Diese letzteren bestanden durchweg aus mit Schilf und ähnlichem Materiale gedeckten Erdhütten, deren Inneres einen einzigen Raum bildete. Dabei gab es kleine Felder, auf denen Mais, Hirse, Mandioca, Bohnen, Quinoa, Tomaten, Erdnüsse, Bataten, Melonen und Kürbisse gebaut wurden.
    Man hielt sich selbstverständlich von diesen Dörfern fern. Das Glück war den Weißen insofern günstig, daß ihnen weder heute noch am nächsten Tage auch nur ein einziger Abipone begegnete; er wäre freilich sofort gefangen und mitgenommen worden. Einige der Dörfer, an denen man vorüberkam, schienen leer zu stehen. Die Bewohnerschaft hatte sich des geplanten Kriegszuges wegen an besondern Orten zusammengezogen.
    Am Abende des zweiten Tages war das Gebiet der Abipones zurückgelegt und am nächsten Morgen erreichte man das erste kleine Cambasdorf. Die Bewohner desselben wurden von der ihnen drohenden Gefahr benachrichtigt. Der Häuptling sandte die jungen Männer nach den verschiedensten Richtungen aus, um die waffenfähigen Leute der andern Ortschaften schleunigst nach dem großen Dorfe am »klaren Bache« zu beordern. Die fernliegenden Dörfer hatten von den Feinden nichts zu befürchten; anders aber stand es mit denjenigen Orten, welche in der Nähe der voraussichtlichen Marschroute der Abipones lagen. Diese mußten verlassen werden, und die Bewohner zogen sich mit den Kriegern nach dem »klaren Bache« hin, wobei sie selbstverständlich nicht versäumten, ihr ganzes Eigentum mitzunehmen, was freilich nicht viel sagen will.
    Am Vormittage dieses dritten Tages gelangte der Reiterzug an ein großes, aber seichtes Wasser, dessen Ufer sehr morastig waren. Wo es eine festere Stelle gab, hatten sich Bäume und Sträucher entwickelt, sonst aber sah man nur dichtes Schilf und Rohr, welches eine Höhe von fünf Meter erreichte. Der Häuptling wendete sich an Doktor Morgenstern und sagte, indem er nach dem Wasser deutete:
    »Das ist El Pantano de los Huesos, der Sumpf der Knochen, von dem ich Ihnen gesagt habe, Señor!«
    »Das ist er?« antwortete der Kleine, von den Worten des Roten wie elektrisiert. »Kann man die Knochen sehen?«
    »Viele sind vermodert; diejenigen aber, welche zuletzt gefunden worden sind, werden noch daliegen.«
    »So muß ich hin, sie zu betrachten. Wir müssen halten. Hören Sie, Señores, halten, halten!«
    Er hielt sein Pferd an und rief die letzten Worte so laut, daß sie vom Anfang bis zum Ende des Zuges zu hören waren.
    »Das geht nicht,«antwortete der Vater Jaguar.»Wir können Ihrer alten Knochen wegen nicht unsre kostbare Zeit verlieren.«
    »O, die Knochen sind weit kostbarer als die Zeit, von der Sie sprechen. Wenn Sie nicht warten wollen, so komme ich nach; aber sehen muß ich die Knochen; eher zieht mich kein Elefant von hier fort!«
    Hammer sah ein, daß es besser sei, eine kleine Rücksicht zu hegen, und antwortete darum.
    »Gut, so bleiben Sie, aber ja nicht länger als höchstens eine halbe Stunde; dann müssen Sie doppelt schnell

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