Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gerader Richtung nach dem ›klaren Bache‹, so lerne ich die Linie kennen, auf welcher sie sich während ihres Zuges bewegen werden, und das ist es, was ich für jetzt beabsichtige. Wie weit ist das erste Dorf der Abipones von hier entfernt?«
    »Wenn wir so schnell reiten, wie bisher,« antwortete der Häuptling, »werden wir es bald nach Einbruch der Dunkelheit erreichen.«
    »Das ist ganz vortrefflich. Wir reiten im Finstern vorüber und machen dann, wenn sie uns nicht mehr wahrnehmen können, Lager.«
    Der Ritt wurde also fortgesetzt, doch nicht in der bisherigen Richtung, welche eine südwestliche gewesen war; man bog nach Nordwesten um. Es ging wohl noch eine Stunde lang über sandige Wüste, dann gelangte man wieder über Rasen, welcher nach und nach immer dichter und kräftiger wurde. Später sah man zu beiden Seiten hochbäumige Waldung liegen. Der Führer fand mit rühmenswerter Sicherheit die von der Natur hergestellten Durchgänge, und selbst, als es Nacht geworden war, wußte er die richtigen Wege einzuschlagen.
    Es war heute sternenhell, was den Marsch sehr erleichterte. Bei völliger Dunkelheit wäre es wohl schwer gewesen, die vielen Pferde in Ordnung zu halten. Vielleicht drei Viertelstunden nach Sonnenuntergang hörte man eigentümliche Töne, welche der Wind von rechts herüberbrachte. Es klang wie Katzengeschrei, untermischt mit Schlägen, als ob Teppiche ausgeklopft würden.
    »Wat mag dat sein?« fragte Fritze seinen Herrn. »Dat sind keine menschlichen Stimmen.«
    »Von lebenden Wesen kommen diese Töne jedenfalls,« antwortete Morgenstern bedächtig. »Nun entsteht die Frage, zu welcher Klasse und Ordnung diese Wesen gehören. Wenn ich die Höhe und Tiefe dieser Stimmen und ihren Farbenklang richtig beurteile, so kann ich nicht umhin, mich der Ansicht zuzuneigen, daß sie menschlichen Kehlen allerdings wohl kaum zu entstammen scheinen.«
    »Diese Ansicht ist falsch,« belehrte ihn der Vater Jaguar, welcher jetzt in der Nähe der beiden ritt. »Die Abipones haben mobil gemacht.«
    »Mobil?« fragte Fritze. »Soll dat heißen, dat sie sich im Kriegszustande befinden?«
    »Ja. Was wir hören, sind ihre Kriegsgesänge.«
    »Und die Hiebe, die es bei diese Jelejenheit zu setzen scheint?«
    »Das sind die Kriegspauken, welche geschlagen werden.«
    »Na, sonne Pauke möchte ik mich mal betrachten.«
    »Es sind die einfachsten Instrumente, die man sich denken kann: ausgehöhlte Kürbisse, über deren Öffnung ein Fell gespannt ist. Wir wissen nun, daß sie zum Angriffe rüsten und also von dem Kommen der Weißen schon unterrichtet sind. Das ist wertvoll für uns. Wollen doch einmal nachforschen, wie viele Krieger ungefähr sich in diesem Dorfe befinden.«
    Er ließ den Zug halten und schickte zwei Kundschafter ab, Geronimo, seinen Liebling, auf den er sich verlassen konnte, und EI Picaro, den Schalksnarren, welcher auch sehr gut für solche Dienste geeignet war. Links dehnte sich die dunkle Linie des Waldes hin; rechts lag offenes Land mit Strauchwerk, zwischen dem man den Schein von fern brennenden Feuern bemerken konnte. Die beiden Kundschafter blieben fast eine Stunde lang fort, und schon wollte Hammer Sorge um sie tragen; da aber kehrten sie zurück, und zwar nicht allein, sondern in Begleitung. Diese Begleitung bestand in zwei Rindern, von denen jeder eins hinter sich herzog. Sie hatten nicht nur gekundschaftet, sondern auch für Proviant gesorgt. Das Dorf war nicht groß; es konnte höchstens hundert Einwohner haben, die Frauen und Kinder mitgerechnet, und doch hatten die beiden Lauscher wenigstens hundert bewaffnete Krieger gezählt. Man schien sich also von benachbarten Dörfern hier zu versammeln.
    »Schön!« meinte der Vater Jaguar befriedigt. »Das beweist, daß wir uns auf der richtigen Route befinden. Die beiden Rinder sind uns sehr willkommen. Daß wir sie nicht bezahlt haben, macht mir keine Schmerzen, denn die Abipones haben auch nichts dafür gegeben. Sie werden nachher geschlachtet. Jetzt weiter!«
    Er hatte in Beziehung auf diese Tiere recht. Die argentinische Regierung pflegt den Indianern, um sie von Raubzügen fernzuhalten, von Zeit zu Zeit Pferde und Rinder zu senden, als ein Geschenk natürlich, da man es nicht mit dem undiplomatischen Worte Tribut bezeichnen mag; dadurch lassen sich die Roten aber durchaus nicht abhalten, je nach Bedarf über die Grenze zu gehen, um mit gestohlenen Herden wieder über dieselbe zurückzukehren. Wenn man sich hier zweier Rinder bemächtigt

Weitere Kostenlose Bücher