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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wurde dunkel, und man brannte unter einem Alisobaum ein Feuer an. Die beiden Gefangenen wurden in die Nähe desselben geschafft. Die Flamme warf ihren Schein auf die Gestalten und auf die Gesichter. Da entfuhr dem Vater Jaguar ein Schrei, den seine Feinde jedenfalls gehört hätten, wenn ihre eigenen Stimmen weniger laut gewesen wären.
    »Was ist’s? Was gibt’s?« fragte Anciano.
    Hammer antwortete nicht. Sein Auge war mit einem wie glühenden Blicke auf die Männergruppe gerichtet, welche dort am Feuer stand.
    »Warum riefen Sie?« fuhr der Alte fort. »Wenn man Sie gehört hätte! Was haben Sie gesehen?«
    Er hörte, daß der Vater Jaguar schwer, fast röchelnd, atmete, und wiederholte seine letzten Worte. Da endlich antwortete der Gefragte:
    »Siehst du den langen, starken Menschen, der wie ein Riese unter den andern steht? Er spricht eben jetzt auf die Gefangenen ein.«
    »Natürlich sehe ich ihn, denn er ist ja groß genug, Señor.«
    »Aber du siehst ihn jetzt wohl zum erstenmal?«
    »Nein!«
    »Was? Wie? Wirklich?« stieß er schnell hervor. »Du kennst ihn also?«
    »Ja. Jeder kennt diesen Mann.«
    »Wer ist er?«
    »Benito Pajaro, den sie den Gambusino nennen.«
    »Ah! Oh! Der – der – – der! Alle Welt kennt ihn; jeder hat ihn gesehen! Nur mir allein ist er noch nicht vor die Augen gekommen, obgleich ich ihn jahrelang gesucht, ja förmlich nach ihm geschmachtet habe!«
    Er hatte bei diesen Worten seine Stimme so erhoben, daß Anciano schnell einfiel:
    »Nicht so laut, Señor, nicht so laut! Sie verraten uns ja! Was ist mit Ihnen? Sie, der vorsichtigste Mann, den ich kenne, bringen uns in eine solche Gefahr! Haben Sie etwas mit dem Gambusino?«
    »Ob ich etwas mit ihm habe!«
    Er sprach nur diese Worte; sie kamen dumpf zwischen seinen Lippen hervor, und dann hörte der Alte ihn mit den Zähnen knirschen. Darauf blieb er still. Das warum die Zeit, in welcher die Lassos aneinander geknüpft wurden; dann stiegen, wie schon erwähnt, die beiden Indianer auf den Baum. Als Anciano dies sah, fragte er mehr sich selbst als seinen Gefährten: »Was haben sie vor? Wozu schaffen sie die Riemen auf die Äste?«
    »Ich vermute es,« antwortete der Vater Jaguar, jetzt wieder in der ruhigen Weise, welche ihm so eigentümlich war.
    »Will man die Gefangenen etwa aufhängen?«
    »Ja.«
    »So können wir sie nicht retten!«
    »Vielleicht doch.«
    »Dann wäre keine Zeit zu verlieren. Was aber vermögen wir zwei gegen so viele!«
    »Wir haben Zeit. Man will die Gefangenen nicht in der gewöhnlichen Weise hängen, nämlich nicht am Halse. Wollte man das thun, so hätte man es bequemer und brauchte nicht die Äste zu wählen, welche über das Wasser ragen. Paß auf!«
    Es folgte die schon beschriebene Scene. Als die beiden Gefangenen an den Ästen hingen und die Krokodile herbeigeschossen kamen, langte der Vater Jaguar unwillkürlich nach seinem Rücken, auf welchem er sein Gewehr hängen hatte, zog die Hand aber wieder zurück und flüsterte in hörbar erleichtertem Tone:
    »Gott sei Dank! Ich brauche nicht zu schießen. Man will sie einstweilen noch quälen. Man hat sie so hoch gehängt, daß sie von den Bestien nicht gefaßt werden können.«
    »Welche Grausamkeit, Señor! Sehen Sie nur, wie die Tiere nach ihnen schnappen! Was raten Sie uns zu thun?«
    »Jetzt noch nichts. Wir müssen noch warten.«
    »Bis die Armen tot sind?!«
    »Wir können unmöglich schon jetzt handeln. Warten wir, was noch geschieht! Die Lage der armen Teufel ist zwar schrecklich, aber keineswegs schon lebensgefährlich. Die um die Brust gelegten Riemen drücken ein wenig; das ist auszuhalten.«
    »Ich möchte am liebsten mitten unter die Halunken hineinspringen!«
    »Das würde nichts helfen, sondern nur uns mit denen verderben, welche wir retten wollen. Also Geduld!«
    Sie machten sich diese Mitteilungen in ziemlich lautem Tone, da die Abipones ein Geheul wie die Teufel erhoben hatten. Dies verstummte nach und nach; eine kleine Weile verging, und dann sahen die beiden, daß die Abipones mit ihren weißen Verbündeten den Platz verließen und sich um die am Baume Hängenden nicht mehr zu kümmern schienen.
    »Jetzt hin, Señor!« flüsterte Anciano dem Vater Jaguar zu. »Die Zeit zum Handeln ist da!«
    Er wollte auf. Hammer drückte ihn nieder und antwortete in befehlendem Tone:
    »Bleib! Willst du alles verderben?«
    »Verderben? Es ist ja niemand mehr dort!«
    »Siehst du denn, wo unsre Feinde sich befinden?«
    »Nein; es ist ja dunkel; aber

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