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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beiden Gefangenen in Wirklichkeit von den Krokodilen zerfleischt und verschlungen worden seien.
    Diese letzteren waren indessen von ihren beiden Befreiern nicht durch das Schilf, denn das war jetzt bei der Dunkelheit gar nicht nötig, sondern im Gegenteile sehr gefährlich, sondern um den Sumpf herum nach der Stelle geführt worden, an welcher der Inka auf sie wartete. Als dieser sie kommen sah, sagte er:
    »Endlich, Señores! Da ich so lange Zeit warten mußte, befürchtete ich schon, daß es sehr schlimm stehe. Nun freut es mich doppelt, zu sehen, daß die Rettung gelungen ist.«
    Die Befreiten hatten bis jetzt geschwiegen; nun aber meinte der Doktor, indem er tief Atem holte, in deutscher Sprache zu dem Vater Jaguar:
    »Sie haben uns vorhin das Sprechen verboten; jetzt werden wir wohl reden können. Das war schrecklich! Nein, das war mehr als schrecklich; das war ganz unbeschreiblich entsetzlich! Mir zittert jedes Glied meines Leibes noch im gegenwärtigen Augenblicke!«
    »Und mich auch!« stimmte Fritze bei. »Erst war ik ziemlich juten Mutes; aber als ik am Baume hing und unter mich die Krokodilers so schadenfroh lächeln sah, da jab ik mir verloren.«
    »Hatten Sie mich gesehen?« fragte der Vater Jaguar.
    »Ja,« entgegnete Fritze, »ik sah Sie einen Augenblick; dann waren Sie wieder verschwunden; aber ik hatte Ihnen doch erkannt und dachte bei mich selbst, daß Sie uns nicht verlassen würden.«
    »Sie sehen, daß Ihr Vertrauen gerechtfertigt worden ist. Jetzt sagen Sie mir vor allen Dingen, ob Sie darüber, wie Sie an den Sumpf gekommen sind, ausgefragt wurden!«
    »Natürlich hat man uns kriminalisiert; ik habe aber nichts jestanden.«
    »Fragte man nach mir?«
    »Janz besonders. Man wollte partout wissen, wo Sie Ihnen befinden; ik habe die hochgeehrten Herren so irre jeführt, daß sie denken müssen, Sie kommen erst noch hinterdrein.«
    Er berichtete über das Verhör, welches man mit ihm angestellt hatte. Darauf sagte Hammer, welcher bisher in zornigem Ton gesprochen hatte, in etwas milderer Weise:
    »So haben Sie glücklicherweise doch nicht lauter Fehler gemacht. Wie aber sind Sie denn auf die unglückselige Idee gekommen, nach dem Sumpfe zurückzukehren?«
    »Daran bin ich schuld,« antwortete der kleine Gelehrte. »Ich konnte die Knochen nicht vergessen. Sie lagen mir im Kopfe; ich wollte und mußte sie haben, und so ruhte ich nicht eher, als bis Fritze einwilligte, mit nach dem Sumpfe, lateinisch Palus genannt, zurückzukehren.«
    »Dachten Sie denn nicht an die Gefahr? Sie wußten doch, daß die Abipones kommen würden.«
    »Wir glaubten, noch vor ihrer Ankunft fertig zu sein.«
    »Welche Unvorsichtigkeit! Sie werden mir unterwegs erzählen, wie das alles geschehen ist. Jetzt habe ich zunächst an noch andres zu denken. Wir müssen aufbrechen. Sie haben keine Pferde mehr. Da Sie jedenfalls sehr angegriffen sind, werden Sie reiten müssen. Ich gehe mit Anciano zu Fuße nebenher.«
    »Nein, ich laufe, Señor,« bemerkte der Inka. »Ich bin jung und nur ein Knabe; Sie aber und mein Anciano haben – – –«
    »Laß es gut sein!« unterbrach ihn Hammer. »Es bleibt bei dem, was ich gesagt habe. Ich habe meine Gründe dazu.«
    Erst jetzt band er dem Doktor und dessen Diener die Lassoenden unter den Armen los. Er warf sie nicht weg, sondern steckte sie ein, damit sie nicht etwa von den Abipones gefunden würden, denn dann hätten diese erkannt, daß ihre Gefangenen nicht zerrissen, sondern befreit worden seien.
    Es war anzunehmen, daß die Feinde in gerader Linie nach dem Thale des ausgetrockneten Sees reiten würden. Damit sie nicht seine Spur bemerken möchten, hielt der Vater Jaguar es für geraten, sich in gehöriger Entfernung, aber doch immer parallel mit dieser Linie zu halten. Es wurde aufgebrochen, die beiden Deutschen und der Inka zu Pferde; der Vater Jaguar ging mit Anciano mit langen, ausgiebigen Schritten voran, um den andern den Weg anzugeben.
    Als nach einiger Zeit die Mondessichel erschien, wurde es heller, als es vorher gewesen war, und so bemerkte der alte Anciano, in welch gebückter und nachdenklicher Haltung der Vater Jaguar jetzt an seiner Seite dahinschritt. Den sonst so rüstigen, kräftigen Mann schien irgend etwas schwer und tief niederzudrücken. Viertelstunde um Viertelstunde verging, ohne daß er ein Wort sagte, und nur zuweilen war ein eigentümlicher, knirschender Ton zu vernehmen, als ob seine Zähne hart aufeinander getroffen hätten. Darum unterbrach der Alte endlich

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